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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 12.03.2004
Aktenzeichen: XI B 114/02
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Er erhielt in den Streitjahren 1994 und 1995 einmal 112 500 DM und einmal 235 000 DM als sog. Buy-Out-Zahlungen im Zusammenhang mit zwei Fernsehproduktionen von zwei verschiedenen Firmen. Nach Auffassung des Klägers handelt es sich hierbei um gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2, § 24 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermäßigt zu versteuernde Entschädigungen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab, weil vor Abschluss der beiden schriftlichen Drehbuch-Verträge keine vertraglichen Regelungen für den Fall einer Auslandsverwertung bzw. für Wiederholungssendungen vereinbart worden seien. Mit den schriftlichen Verträgen sei daher erstmalig eine entsprechende Rechtsposition und deren Vergütung im Wege der Buy-Out-Zahlungen vereinbart worden. Es handele sich demnach bereits nicht um eine Entschädigung.

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels. Das FG habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und die im Schriftsatz vom 6. April 2000 benannten Zeugen nicht vernommen. Die Zeugen hätten bestätigen können, dass bereits die mündlich geschlossenen Verträge entsprechende Honorarvereinbarungen enthalten hätten; die späteren Ablöse-Vereinbarungen seien somit Entschädigungen. Der Kläger habe auch nicht sein Rügerecht verloren, denn das FG habe zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass es der Sachdarstellung des Klägers nicht folge; auch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung sei kein Hinweis zu entnehmen. Die Entscheidung des FG habe den Kläger überrascht. Damit habe das FG auch sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig und zu verwerfen.

Die Verfahrensrügen können nicht zur Zulassung der Revision führen, weil sie nicht schlüssig i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhoben worden sind.

1. Zur "Bezeichnung" des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrags i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört nach ständiger Rechtsprechung auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und Beschluss vom 17. November 1997 VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608). Der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz ist eine Verfahrensvorschrift, auf deren Einhaltung ein Beteiligter --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Das Rügerecht geht nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge; ein Verzichtswille ist dafür nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 13. März 1996 II R 39/94, BFH/NV 1996, 757). Die unterlassene rechtzeitige Rüge hat den endgültigen Rügeverlust zur Folge.

Unabhängig davon, ob das angefochtene Urteil zutreffend Aufschluss über die angebotenen Beweismittel und die Gründe für ihre Nichtbeachtung gibt, kann das Übergehen eines Beweisantrags auf Vernehmung bestimmter Personen dann nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen mündlichen Verhandlung anwesende oder fachkundig vertretene Beteiligte, dem die Nichtbefolgung seines Beweisantrags erkennbar war, den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597). Wird in der Beschwerdeschrift nicht dargelegt, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt worden ist oder weshalb diese Rüge nicht möglich war, ist es auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht als Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes anzusehen, wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen wird (vgl. Beschluss des BVerfG vom 19. Februar 1993 2 BvR 620/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 331).

2. Der Kläger hat weder vorgetragen, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem FG die Ladung und Einvernahme der im Schriftsatz genannten Zeugen beantragt oder deren Nichtladung gerügt habe, noch weshalb ihm eine entsprechende Antragstellung oder die Erhebung einer solchen Rüge nicht möglich war. Die "nächste" mündliche Verhandlung kann auch die sich unmittelbar an die Beweisaufnahme bzw. den Verfahrensfehler anschließende Verhandlung sein (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 115 Rz. 103, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372; Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozess, Rz. 194). Es sind aufgrund der Aktenlage auch keine Gründe dafür erkennbar, dass die rechtzeitige Rüge des behaupteten Verfahrensmangels aufgrund des Verhaltens des FG nicht möglich gewesen wäre.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers konnte aus der Nichtladung der Zeugen unschwer erkennen, dass eine Beweiserhebung in dem begehrten Umfang in der mündlichen Verhandlung nicht erfolgen würde. Aus der Einspruchsentscheidung war dem Kläger bekannt, dass die Frage, ob vor der "Buy-Out-Vereinbarung" bereits aufgrund des zunächst nur mündlich abgeschlossenen Drehbuchvertrages schon Ansprüche auf weitere Honorierungen im Falle von zukünftigen Auslandsverwertungen bzw. von Wiederholungssendungen begründet worden seien, für das FG von rechtlich möglicherweise entscheidender Bedeutung sein konnte. Eine besondere Hinweispflicht bestand für das FG insoweit nicht, für den Prozessvertreter bestand Anlass genug, in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich die Vernehmung der Zeugen zu beantragen, wenn er deren Aussage für entscheidend für den Nachweis der mündlichen Vereinbarungen hielt. Dass er dies unterlassen hat, ergibt sich unmittelbar aus der Beschwerdebegründung selbst. Der fachkundige Vertreter konnte auch nicht daraus, dass --wie in der Sitzung beschlossen und verkündet-- am Ende der Sitzung eine Entscheidung ergehen solle, entnehmen, dass es sich hierbei um die Entscheidung eines Beweisbeschlusses handeln werde.

Auf die Rüge der unterlassenen Zeugeneinvernahme ist damit wirksam verzichtet worden, so dass die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben kann. Gleiches hat für die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu gelten, die mit der Rüge der unterlassenen Beweiserhebung in engem Zusammenhang steht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. September 2002 VII B 137/01 Haufe-Index, 892720 juris STRE 200251276; Gräber/Ruban, a.a.O., Rz. 100 f.).

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