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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 15.05.2003
Aktenzeichen: XI B 171/02
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative | |
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2 | |
AO 1977 § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 |
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach ständiger Rechtsprechung hat eine Sache grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. August 2002 XI B 138/01, BFH/NV 2002, 1455).
Im Streitfall sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Frage der Auslegung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) ist im Hinblick auf die fortdauernde Anpassungsverpflichtung im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid hinreichend geklärt. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 4. September 1996 XI R 50/96 (BFHE 181, 388, BStBl II 1997, 261) entschieden, dass das für den Erlass des Folgebescheids zuständige Finanzamt verpflichtet ist, die Folgerungen aus dem Grundlagenbescheid zu ziehen, und zwar solange, bis dessen Feststellungen zutreffend im Folgebescheid erfasst sind. In vergleichbarer Weise hatte bereits der II. Senat durch Urteil vom 17. Februar 1993 II R 15/91 (BFH/NV 1994, 1) entschieden, dass die Verpflichtung zur Anpassung des Folgebescheids nicht dadurch beseitigt werde, dass das für den Erlass des Folgebescheids zuständige Finanzamt einen Grundlagenbescheid übersehen oder dessen Inhalt nicht oder nicht in der richtigen Weise in den Folgebescheid übernommen habe. Dies gelte nicht nur, wenn aus dem zunächst nicht oder fehlerhaft ausgewerteten Grundlagenbescheid später noch die zutreffenden Folgerungen im Folgebescheid gezogen würden, sondern auch dann, wenn ein zunächst nicht oder fehlerhaft ausgewerteter Grundlagenbescheid später geändert werde und das Finanzamt aus dem Änderungsbescheid die entsprechenden Folgerungen ziehen möchte.
Andererseits hat der BFH auch entschieden, dass die Aufgabe, den Folgebescheid an den Grundlagenbescheid anzupassen, keine Wiederaufrollung der gesamten Steuerveranlagung rechtfertige. Sie reiche, wie die in der Formulierung "soweit" in § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 zum Ausdruck kommende Einschränkung zeige, nur so weit, wie es die Bindungswirkung des Grundlagenbescheides verlange. Der Erlass, die Änderung oder die Aufhebung eines Grundlagenbescheides dürfe deshalb nicht zum Anlass genommen werden, für den Folgebescheid bedeutsame Besteuerungsgrundlagen zu ändern, wegzulassen oder erstmals aufzunehmen, die weder Gegenstand des Grundlagenbescheides seien noch durch seinen Regelungsinhalt beeinflusst würden (vgl. BFH-Urteil vom 15. Februar 2001 IV R 9/00, BFH/NV 2001, 1007).
Aus diesen Entscheidungen folgt, dass § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 die Änderung eines Steuerbescheides immer dann verlangt, solange sich dessen Besteuerungsgrundlagen nicht mit den Feststellungen des entsprechenden Grundlagenbescheides decken. Eine weitere Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage ist nicht geboten.
2. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Dieses (neue) gesetzliche Tatbestandsmerkmal erfasst die sog. Divergenzrevision nach altem Recht, aber auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung der Finanzgerichte --FG-- (BFH-Beschluss vom 14. August 2001 XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51). Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung "erfordert" auch bei einem offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler des FG von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung eine Entscheidung des BFH.
Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Es ist nicht einmal eine evidente Verletzung revisiblen Rechts erkennbar.
3. Die Entscheidung ergeht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weitere Begründung.
Ende der Entscheidung
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