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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 05.12.2005
Aktenzeichen: XI B 174/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10d Abs. 1
EStG § 17 Abs. 2
EStG § 17 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die möglicherweise unzulässige Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegen nicht vor.

1. Das Finanzgericht (FG) hat entgegen der Rüge des Klägers keine seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (§§ 96 Abs. 2 und 119 Nr. 3 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzende Überraschungsentscheidung erlassen.

Der Kläger hatte im Klageverfahren geltend gemacht, ihm sei aus seiner Beteiligung an der X-GmbH (im Folgenden: GmbH) im Jahr 1995 ein Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entstanden und der daraus entstandene Verlust sei gemäß § 10d Abs. 1 EStG in das Jahr 1994 zurück zu tragen. Das FG hat sich in dem angefochtenen Urteil dieser Auffassung dem Grunde nach angeschlossen und einen im Jahre 1995 entstandenen Auflösungsverlust in Höhe von 50 000 DM anerkannt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt eine --unzulässige-- Überraschungsentscheidung vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen mussten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Februar 1998 VIII R 28/95, BFHE 186, 29, BStBl II 1998, 505, m.w.N., unter II.A. der Gründe). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Denn nachdem der Zeitpunkt der Entstehung des Auflösungsverlusts im Klageverfahren umstritten war und das FG dazu am 25. Februar 2004 eine Aufklärungsverfügung erlassen hatte, musste der Kläger es auch als möglich ansehen, dass sich das FG aufgrund seines Vorbringens seiner, des Klägers, Auffassung (vgl. Schriftsatz vom 17. Mai 2004) anschließen würde.

2. Das FG hat auch nicht dadurch gegen seine Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 FGO) verstoßen, dass es A nicht als Zeugen zu den Umständen der Darlehensgewährung vernommen hat. Die Erhebung des Zeugenbeweises (§ 82 FGO i.V.m. § 373 der Zivilprozessordnung) setzt voraus, dass die Tatsachen, die der Zeuge bekunden soll, entscheidungserheblich und in substantiierter Form bezeichnet sind (vgl. Gräber/ Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 82 Rz. 17). Daran mangelte es im Streitfall. Der Kläger hatte nicht vorgetragen, wann und unter welchen Umständen er der GmbH Darlehen gewährt hatte.

Dabei war zu berücksichtigen, dass der Wertverlust eines Gesellschafterdarlehens nicht stets, sondern nur dann und insoweit zu nachträglichen Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG führt, als das Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter hat (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348; vom 12. Dezember 2000 VIII R 52/93, BFHE 194, 120, BStBl II 2001, 286, unter IV.2. der Gründe). Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat der Berichterstatter des FG im Erörterungstermin vom 25. August 2003 erklärt, dass bisher nicht hinreichend dargelegt worden sei, in welchem Jahr die Gesellschaft in die "Krise" gekommen sei und mit welchem Wert die Gesellschafterdarlehen in diesem maßgeblichen Zeitpunkt zu bewerten seien. Er hat mit Verfügung vom 25. Februar 2004 ausdrücklich dazu aufgefordert vorzutragen, wann die Krise der GmbH eingetreten sei, und darzulegen und nachzuweisen, wann die Gesellschafterdarlehen noch mit welchem Wert valutiert hätten. Nachdem der Kläger diese Fragen nicht beantwortet hatte, lag nach der nicht zu beanstandenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG kein entscheidungserheblicher Sachvortrag des Klägers vor, der umstritten und deshalb beweisbedürftig gewesen wäre.

3. Auch die Rüge des Klägers, das FG habe es versäumt, ihn auf die Pflicht zur Darlegung der Höhe des geltend gemachten Auflösungsverlusts hinzuweisen (Verstoß gegen § 76 FGO), ist nicht berechtigt. Zum einen ist offensichtlich und deshalb nicht hinweisbedürftig, dass jemand, der die steuerliche Berücksichtigung eines Verlustes erstrebt, die Höhe dieses Verlustes konkret darlegen und beziffern muss. Zum anderen hat das Gericht auch einen entsprechenden Hinweis gegeben. Denn die Aufforderung des FG vom 25. Februar 2004, den gemeinen Wert der Darlehensforderung im Zeitpunkt des Eintritts der Krise darzulegen, diente der Ermittlung der Höhe des geltend gemachten Auflösungsverlusts (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 31. Oktober 2000 VIII R 47/98, BFH/NV 2001, 589).

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