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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.12.2007
Aktenzeichen: XI B 179/06
Rechtsgebiete: EStG, AO, FGO
Vorschriften:
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 | |
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 | |
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 | |
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 | |
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 | |
EStG § 9 Abs. 2 | |
AO § 163 | |
AO § 163 Satz 3 | |
AO § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 |
Gründe:
1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) beantragen die Zulassung der Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.
Im Streitfall hatte die Ermittlung des pauschalen Nutzungswerts des Kfz des Klägers nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dazu geführt, dass sich die betrieblich veranlassten Aufwendungen des Kfz nicht mehr steuermindernd auswirken konnten. Den daraufhin vom Kläger beantragten Erlass einer Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 der Abgabenordnung (AO) lehnte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ab. Die hiergegen erhobene Verpflichtungsklage wies das Finanzgericht (FG) ab.
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Entgegen der Ansicht der Kläger ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zuzulassen.
a) "Grundsätzliche Bedeutung" kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (vgl. z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 26, 32, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).
Eine Rechtsfrage ist u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen.
Für den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist ferner anerkannt, dass eine ausgelaufenes Recht betreffende Rechtsfrage im Regelfall nicht mehr klärungsbedürftig ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. November 2003 III B 67/03, BFH/NV 2004, 336, und vom 25. September 2002 IX B 19/02, BFH/NV 2003, 192, jeweils m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 35, m.w.N.). b) Nach diesen Maßstäben ist die von den Klägern als grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, ob die nachteiligen Folgen der in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG vorgesehenen sog. 1 %-Regelung im Wege einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO oder im Wege einer zweckorientierten Auslegung der Norm auszugleichen seien, nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil sie bereits vom BFH beantwortet wurde (vgl. Urteile vom 18. November 1998 X R 110/95, BFHE 187, 488, BStBl II 1999, 225, und vom 21. September 2000 IV R 54/99, BFHE 193, 301, BStBl II 2001, 178, jeweils m.w.N.). Danach ist die Entscheidung über eine abweichende Festsetzung oder einen Erlass aus Billigkeitsgründen Gegenstand eines besonderen Verwaltungsverfahrens und kann in einem Verfahren, das allein die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes zum Gegenstand hat, nicht geprüft werden. Wird die Entscheidung über die abweichende Festsetzung gemäß § 163 Satz 3 AO mit der Steuerfestsetzung selbst verbunden, so liegen darin trotz der äußerlichen Zusammenfassung in einem Bescheid zwei rechtlich selbstständige Verwaltungsakte. Gegen jede dieser Entscheidungen ist jeweils ein Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO statthaft. Im Zweifel ist durch Auslegung der Einspruchsbegründung zu ermitteln, gegen welchen der beiden Verwaltungsakte der Einspruch eingelegt wurde (vgl. BFH-Urteile vom 14. März 2007 XI R 59/04, BFH/NV 2007, 1838, und in BFHE 193, 301, BStBl II 2001, 178).
c) Die Revision ist nicht zur Klärung der von den Klägern vorgetragenen Rechtsfrage zuzulassen, ob im Billigkeitswege sicherzustellen sei, dass jedenfalls die betrieblich veranlassten und nachgewiesenen Aufwendungen als Betriebsausgaben absetzbar bleiben. Die Frage ist zu verneinen, weil es sich bei der typisierenden Ermittlung der privaten Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG um eine widerlegbare gesetzliche Typisierung handelt. Nach Satz 3 des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung kann der Nachweis eines gegenüber der Typisierung geringeren Privatanteils an den Aufwendungen durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werden (BFH-Urteile vom 1. März 2001 IV R 27/00, BFHE 195, 200, BStBl II 2001, 403; vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273).
Der mit der Führung eines Fahrtenbuchs verbundene Aufwand kann --entgegen der Auffassung der Kläger-- ebenso wenig als unzumutbar angesehen werden wie die sonstigen Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bei der Ermittlung seiner Einkünfte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. Dezember 2005 XI B 32/05, nicht veröffentlicht, m.w.N., und vom 12. Mai 2004 X B 170/03, BFH/NV 2004, 1260). Deshalb stellt sich auch nicht die weitere von den Klägern aufgeworfene Frage, ob hinsichtlich etwaiger Mängel im Fahrtenbuch im Billigkeitswege Erleichterungen geschaffen werden müssten (Frage der tolerierbaren Mängel). Der Begriff eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG wird vom Gesetz nicht ausdrücklich bestimmt (BFH-Urteil vom 14. Dezember 2006 IV R 62/04, BFH/NV 2007, 691). Der BFH hat aber in mehreren Entscheidungen die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch näher präzisiert (vgl. Beschluss vom 13. März 2007 VI B 141/06, BFH/NV 2007, 1132, m.w.N.).
Von diesen Grundsätzen ist das FG in der angefochtenen Entscheidung ausgegangen und in tatrichterlicher Würdigung zu dem Schluss (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) gelangt, dass die vom Kläger vorgelegten Unterlagen, erkennbar nicht den gesetzlichen (formalen) Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch genügten. Soweit das FG überzogene Anforderungen an die Führung eines Fahrtenbuchs gestellt haben sollte --wofür indes nichts ersichtlich ist-- läge lediglich ein Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall vor, der für sich gesehen weder die Zulassung der Revision rechtfertigt noch im Wege einer Billigkeitsmaßnahme zu korrigieren ist (BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2006 XI B 118/05, BFH/NV 2007, 415; vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 24 und § 116 Rz 34, jeweils m.w.N.).
d) Soweit der Kläger geltend macht, er würde hinsichtlich der Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte gegenüber Arbeitnehmern ohne rechtfertigenden Grund benachteiligt, da diese --bei im Übrigen gleichen Voraussetzungen-- die entsprechenden Kosten ohne Führung eines Fahrtenbuchs gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung absetzen könnten, handelt es sich bei der insoweit angegriffenen Gesamtregelung um mittlerweile ausgelaufenes Recht. Durch das Gesetz zur Einführung einer Entfernungspauschale vom 21. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1918, BStBl I 2001, 36) wurde mit dem neuen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 EStG sichergestellt, dass im Rahmen einer Gewinnermittlung § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG (Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) auf die Aufwendungen für die Wege eines Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte entsprechend anzuwenden sind.
Die Frage, ob die seinerzeitige Regelung eine gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 des Grundgesetzes verstoßende Benachteiligung gegenüber Beziehern von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit darstellte, die die Kosten ihrer Fahrten zur Arbeitsstelle ohne Führung eines Fahrtenbuchs ungekürzt steuermindernd geltend machen konnten, und ob deshalb Anspruch auf eine Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO bestehen könnte, hat daher in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Die Kläger haben nicht dargetan, dass sich die als klärungsbedürftig aufgeworfene Rechtsfrage auch zukünftig noch bei einem nicht überschaubaren Personenkreis stellen wird. e) Soweit die Kläger rügen, das FG habe in Bezug auf die 1 %-Regelung zu Unrecht ausnahmslos eine Billigkeitsmaßnahme abgelehnt und die Ermessensausübung des FA nicht überprüft, machen sie Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall geltend, die für sich gesehen grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision rechtfertigen.
Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung vermag die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht zu begründen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 415; vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 24 und § 116 Rz 34, jeweils m.w.N.).
Ende der Entscheidung
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