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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 04.09.2008
Aktenzeichen: XI B 188/07
Rechtsgebiete: FGO, GmbHG
Vorschriften:
FGO § 58 Abs. 2 | |
FGO § 76 Abs. 1 Satz 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 128 Abs. 4 Satz 1 | |
FGO § 128 Abs. 4 Satz 2 | |
GmbHG § 35 Abs. 1 |
Gründe:
Die Beschwerden haben keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin zu 1. (Klägerin) ist zwar nicht wegen fehlender Prozessfähigkeit unzulässig.
Die Klägerin verfügte nach den den Senat bindenden und nicht mit zulässigen Rügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) seit der Amtsniederlegung ihres Notgeschäftsführers im August 2006 zunächst über keinen Geschäftsführer mehr. Dies führte zu der vom FG angenommenen Prozessunfähigkeit der Klägerin nach § 58 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die Klägerin hat aber zwischenzeitlich während des Beschwerdeverfahrens ihre Prozessfähigkeit wiedererlangt. Denn sie hat auf ein entsprechendes Berichterstatterschreiben mitgeteilt und nachgewiesen, dass der Beschwerdeführer zu 2. am ... Dezember 2007 als ihr neuer Geschäftsführer ins Handelsregister eingetragen wurde. Dieser hat durch sein Auftreten für die Klägerin die Prozessführung im Beschwerdeverfahren genehmigt (vgl. Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 62 Rz 76, 81, m.w.N.).
2. Die Beschwerde der Klägerin hat aber keinen Erfolg, weil keiner der von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 FGO vorliegt bzw. in hinreichender Form dargelegt wurde (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Soweit die Klägerin vorträgt, das FG habe zu Unrecht ihre Prozessunfähigkeit bejaht, macht sie sinngemäß geltend, das FG habe einen Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begangen. Denn das Vorliegen der Prozessfähigkeit ist eine Sachentscheidungsvoraussetzung, deren fehlerhafte Beurteilung durch das FG als Verfahrensmangel gilt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 78, m.w.N.).
Der von der Klägerin behauptete Verfahrensfehler liegt aber nicht vor, weil das FG zu Recht ihre Prozessunfähigkeit angenommen hat. Denn bei der Klageerhebung und zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Mai 2002 VII B 29/01, BFH/NV 2002, 1321, m.w.N.) verfügte die Klägerin nach den den Senat bindenden und nicht mit zulässigen Rügen angegriffenen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) über keinen Geschäftsführer mehr. Dies führte zur Prozessunfähigkeit der Klägerin (vgl. BFH-Beschluss vom 26. März 1991 VIII R 2/88, BFH/NV 1992, 177).
b) Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
Die Klägerin führt insoweit unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 7. Dezember 2006 IX ZB 257/05 (Deutsches Steuerrecht 2007, 450) in dem früheren Insolvenzverfahren über ihr Vermögen aus, die Rechtsfrage der Wirksamkeit der Vertretung einer GmbH sei vom BFH erneut zu klären. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn durch die Rechtsprechung des BFH ist bereits geklärt, unter welchen Voraussetzungen eine GmbH ordnungsgemäß vertreten ist (vgl. Beschluss in BFH/NV 1992, 177, sowie Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 58 FGO Rz 67, jeweils m.w.N.). Da diese Rechtsprechung im Übrigen mit den Rechtsausführungen des BGH in dem von der Klägerin zitierten Beschluss in Einklang steht, besteht auch kein weiterer Klärungsbedarf.
c) Die Zulassung der Revision ist auch nicht wegen der von der Klägerin gerügten Verfahrensmängel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geboten.
aa) Das FG hat insbesondere nicht das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO).
Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (ständige Rechtsprechung, z.B. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 4. August 2004 1 BvR 1557/01, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2005, 81).
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang ausführt, das FG habe die Zulässigkeitsfrage der wirksamen Erteilung einer Prozessvollmacht nicht angesprochen, ist ihr Vortrag unzutreffend. Denn nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG, die im Übrigen auch der Aktenlage entsprechen, hat die zuständige Berichterstatterin während des Klageverfahrens bereits in einem Schreiben vom ... März 2007 --und damit deutlich vor dem Verhandlungstermin vom ... März 2007-- die Frage aufgeworfen, ob eine wirksame Prozessvollmacht vorliegt. Somit bestand für die Klägerin ausreichend Gelegenheit, den eigenen Standpunkt darzulegen, so dass schon aus diesem Grund eine Gehörsverletzung ausscheidet (vgl. Gräber/ von Groll, a.a.O., § 96 Rz 29, m.w.N.).
Da die Klägerin keinen Anspruch auf eine umfassende Erörterung der Rechtslage hat (vgl. Gräber/von Groll, a.a.O., § 96 Rz 32, m.w.N.), vermag ihr Hinweis auf die fehlende ausführlichere Diskussion der Zulässigkeitsfragen und ihr Vorbringen, dass andere ihres Erachtens entscheidungserhebliche Sach- und Rechtsfragen nicht ausreichend zur Sprache gekommen seien, keine Verletzung rechtlichen Gehörs zu begründen.
bb) Hinsichtlich der Rüge der Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO entspricht die Beschwerde schon nicht den in § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genannten Darlegungsanforderungen.
Für eine zulässige Rüge der Verletzung der dem FG obliegenden Sachaufklärungspflicht als Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO wären Ausführungen dazu erforderlich gewesen, welche Tatsachen das FG hätte aufklären müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und aus welchen Gründen sich dem FG unter Berücksichtigung seines Rechtsstandpunkts die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43, m.w.N.).
Die Klägerin bringt hierzu vor, das FG habe trotz ihres Hinweises auf eine Kommentierung die Prozessführungsbefugnis eines Mehrheitsgesellschafters nicht untersucht und sei deshalb zu einem unzutreffenden Ergebnis gelangt. Es fehlt in diesem Zusammenhang aber jeglicher Vortrag, welche Tatsache das FG in diesem Zusammenhang hätte aufklären sollen, zumal das FG in seinem Urteil festgestellt hat, dass der Beschwerdeführer zu 4. Mehrheitsgesellschafter der Klägerin war.
d) Soweit die Klägerin mit ihren Rügen beanstandet, dass das FG sich nicht mit der Fälligkeit der Umsatzsteuer 1999 auseinandergesetzt hat, vermag dieses Vorbringen die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen. Denn das FG hat im Streitfall zu Recht ein Prozessurteil erlassen, so dass die Beurteilung der materiellen Rechtslage von vornherein nicht Gegenstand seiner Entscheidung war.
3. Die im eigenen Namen erhobenen Beschwerden der Beschwerdeführer zu 2., 3. und 4. (Beschwerdeführer) wegen der Kostenentscheidung zu ihren Lasten im Urteil des FG sind unzulässig. Denn nach § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO ist die Beschwerde in Streitigkeiten über die Kosten nicht gegeben. § 128 Abs. 4 Satz 2 FGO, wonach dies nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gilt, hat nur in den Fällen Bedeutung, in denen das FG über eine Klage gegen die Auferlegung von Kosten durch Urteil entschieden und die Revision nicht zugelassen hat (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 128 Rz 12).
Ende der Entscheidung
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