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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 04.05.2005
Aktenzeichen: XI B 224/03
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3
FGO § 76 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Streitig ist die Ermittlung des privaten Nutzungsanteils eines betrieblichen Kfz nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Der in X wohnhafte Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist als Rechtsanwalt Mitglied einer Sozietät in Z. Vier Tage der Woche war er für die Sozietät tätig, einen Tag betreute er außerhalb der Sozietät einen Mandanten in X. Die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte führten in den Veranlagungszeiträumen 1998 und 1999 jeweils zu einer km-Leistung von 43 776 km; für seine Tätigkeit in X unternahm der Kläger Fahrten mit einem Umfang von 3 874 km (1998) bzw. 4 660 km (1999). Für eine private Nutzung habe noch ein anderer Wagen zur Verfügung gestanden. Ein Fahrtenbuch führte der Kläger nicht. Die Absetzungen ordnete der Kläger seiner Tätigkeit in X zu. Die laufenden Aufwendungen (Reparaturkosten, Benzin, Steuer, Versicherung) zog er im Rahmen der Gewinnermittlung der Sozietät als Sonderbetriebsausgaben ab. Diese beliefen sich im Veranlagungszeitraum 1998 auf 12 058 DM und im Veranlagungszeitraum 1999 auf 10 100 DM. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) folgte zunächst den Angaben des Klägers. Nach einer Außenprüfung setzte er für die private Nutzung des PKW gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG Beträge von 3 988 (1998) und 7 127 DM (1999) an; für 1999 wurde im Hinblick auf die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte weiterhin ein sog. positiver Unterschiedsbetrag gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG in Höhe von 8 894 DM angesetzt.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, dass die Aufstellungen des Klägers nicht den Anforderungen genügten, die an ein Fahrtenbuch zu stellen seien. Es könne daher dahinstehen, ob auch nachträgliche Eintragungen als ordnungsgemäß anerkannt werden könnten. Vertrauensschutzgründe rechtfertigten es nicht, seine Aufstellungen wie ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu behandeln.

Mit der Beschwerde macht der Kläger geltend:

1. Das FG habe den Sachverhalt nicht ordnungsgemäß aufgeklärt. Der Kläger habe ohne weitere Aufforderung keine weiteren Angaben machen zu brauchen, da das FA nicht zeitnahe Eintragungen ohnehin nicht anerkannt hätte. Das FG hätte dem Kläger die Möglichkeit geben müssen, diese nach Ansicht des Gerichts fehlenden Angaben zu ergänzen. Auf dieser Verletzung der Aufklärungs- und Hinweispflicht beruhe auch die Entscheidung.

2. Die vom FG zu Unrecht offen gelassene Entscheidung habe grundsätzliche Bedeutung. Von grundsätzlicher Bedeutung sei auch, ob bei einer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung anerkannten Aufstellung später Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden müsse. Rechtlich sei ein Vertrag über eine verbindliche Zusage der Anerkennung der vorgelegten Aufstellung als Fahrtenbuch zustande gekommen.

Der Kläger beantragt, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

1. Das FG sei nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger die Möglichkeit zu geben, die Aufstellung der Fahrten zu ergänzen.

2. Die Sache habe keine grundsätzliche Bedeutung. Allein der Umstand der Nichtbeanstandung führe nicht zu einem Vertrauenstatbestand.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels verlangt eine genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben, unter gleichzeitigem schlüssigen Vortrag, inwiefern das angegriffene Urteil ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Liegen die rechtliche Bedeutung bestimmter Tatsachen und die sich daraus ergebende Notwendigkeit, diese Tatsachen zur Erreichung des Prozessziels bei Gericht vorzubringen und zu substantiieren, auf der Hand, so stellt ein unterlassener Hinweis jedenfalls dann keine gegen § 76 Abs. 2 FGO verstoßende Pflichtverletzung dar, wenn der Kläger sachkundig vertreten oder selbst sachkundig ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Januar 2004 VII B 82/03, BFH/NV 2004, 800, und vom 27. Oktober 2004 X B 87/04, juris Nr.: STRE200451353).

Der sachkundige Kläger wusste, dass seine Aufstellungen nicht die Angaben enthielten, die ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch enthalten muss. Es lag an ihm, zu versuchen, diesen Mangel noch nachträglich zu beheben. Einer entsprechenden Aufforderung durch das FG bedurfte es nicht. Dies gilt umso mehr, als keineswegs gesichert war, dass nachträgliche --nicht zeitnahe-- Ergänzungen zur Anerkennung der Aufstellungen als Fahrtenbuch führen würden. Das FG hat diese Frage ausdrücklich offen gelassen.

2. Grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO verlangt gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO einen substantiierten Vortrag der Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärungsfähig ist (BFH-Beschlüsse vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217, und vom 16. April 2002 X B 102/01, BFH/NV 2002, 1045).

Im Streitfall kann die von dem Kläger als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage nicht geklärt werden, weil sie bereits mangels Rechtserheblichkeit nicht klärungsfähig ist. Auf die Frage der Anerkennung nachträglich erstellter Aufzeichnungen kommt es nicht an, weil entsprechende Aufzeichnungen nicht erstellt worden sind.

Ebenfalls nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob eine im Rahmen einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung anerkannte Aufstellung auch bei der endgültigen Veranlagung anerkannt werden und ob später Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden müsse. Es ist geklärt, dass unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene Festsetzungen und Feststellungen regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand begründen (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juni 2003 III R 26/00, BFH/NV 2003, 1529; BFH-Beschlüsse vom 26. November 2001 V B 88/00, BFH/NV 2002, 551; vom 14. Oktober 2004 III B 54/04, juris Nr.: STRE200451424). Dass bei Abweichung von einer bisher vertretenen Rechtsauffassung dem Kläger rechtliches Gehör zu gewähren ist, versteht sich von selbst und bedarf keiner erneuten Entscheidung durch den BFH.

Auch soweit sich der Kläger auf die Handhabung des FA in den Jahren 1996 und 1997 beruft, kann seine Beschwerde keinen Erfolg haben; nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung muss das FA in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut prüfen, rechtlich würdigen und eine als falsch erkannte Rechtsauffassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgeben, selbst wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut haben sollte (vgl. BFH-Urteil vom 13. Mai 2004 IV R 47/02, BFH/NV 2004, 1402).

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