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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 02.09.2005
Aktenzeichen: XI B 224/04
Rechtsgebiete: EStG, FGO, ZPO, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1
FGO § 74
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 155
ZPO § 251 Satz 1
AO 1977 § 165 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Partnerschaftsgesellschaft im Sinne des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes. Gegenstand der Partnerschaft ist die Beratung von Unternehmen. Der Partner X betrieb am Sitz der Gesellschaft Unternehmensberatung und Personalberatung, der Partner Y betrieb in der in Z gelegenen Zweigniederlassung nur Unternehmensberatung. Für das Streitjahr erklärte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Niederlassung X in Höhe von 85 815 DM und Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus beiden Niederlassungen in Höhe von 389 976 DM. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) stufte die Einkünfte unter Hinweis auf § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) insgesamt als gewerblich ein. Demgegenüber machte die Klägerin geltend, dass die Partner ihre Tätigkeiten getrennt voneinander ausübten; es seien die Grundsätze zur gemischten Tätigkeit eines Einzelunternehmers anzuwenden.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, dass von einer Mitunternehmerschaft und nicht von zwei getrennten Einzelunternehmen auszugehen sei.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie der Fortbildung des Rechts bzw. Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen sei.

Das FG stelle die formale Mitunternehmerschaft über die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Gesellschaft trete ausschließlich im Außenverhältnis auf; im Innenverhältnis sei von Einzelunternehmen auszugehen. Die Rechtslage sei höchstrichterlich noch nicht geklärt und keinesfalls eindeutig. Im Übrigen habe das Niedersächsische FG die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Abfärberegelung dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt. Die Rechtssache besitze dann grundsätzliche Bedeutung, wenn verfassungsrechtliche Zweifel an entscheidungserheblichen Vorschriften des Steuerrechts bestünden. Im Fall der Verfassungswidrigkeit der sog. Abfärberegelung wäre für die Klägerin eine günstigere Entscheidung zu treffen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Voraussetzungen für eine Mitunternehmerschaft (Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko) lägen vor. Die Abfärberegelung beruhe auf gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung. Diese Rechtsprechung werde durch die Vorlage des Niedersächsischen FG nicht berührt.

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Das Verfahren war nicht nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen. Eine Aussetzung des Verfahrens ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen dann geboten, wenn vor dem BVerfG bereits ein nicht als aussichtslos erscheinendes Musterverfahren gegen eine im Streitfall anzuwendende Norm anhängig ist.

Indes kommt eine Aussetzung des Verfahrens im Streitfall bereits deshalb nicht in Betracht, weil nicht zu erwarten ist, dass sich die Entscheidung des BVerfG, selbst wenn sie die Gewerbeertragsteuer für verfassungswidrig erklären sollte, auf das anhängige Besteuerungsverfahren auswirken wird (vgl. im Einzelnen BFH-Beschluss vom 5. April 2005 IV B 96/03, BFH/NV 2005, 1564).

Die Anordnung des Ruhens des Verfahrens gemäß § 155 FGO i.V.m. § 251 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist nicht zweckmäßig. Die Sache ist entscheidungsreif und das FA hat die angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Anwendung der sog. Abfärberegelung gemäß § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) für vorläufig erklärt.

2. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ist im Einzelnen darzustellen, inwieweit die streitige Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist. Der Vortrag, die Rechtsfrage sei bisher nicht entschieden oder das FG habe sachlich unrichtig entschieden, reicht dazu nicht aus. Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so z.B., wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Es gelten insoweit die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung entwickelten Darlegungsanforderungen. Wird die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend gemacht, ist darzulegen, dass die Entscheidung des FG von Entscheidungen anderer Gerichte, insbesondere des BFH, abweicht oder mit einem offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung behaftet ist (BFH-Beschluss vom 24. März 2005 III B 21/05, juris Nr: STRE200550620).

Wird die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung darauf gestützt, dass das angefochtene Urteil des FG auf einer als verfassungswidrig angesehenen Norm beruht, so ist darüber hinaus darzulegen, dass eine normverwerfende Entscheidung des BVerfG zu einer rückwirkenden Neuregelung des beanstandeten Gesetzes oder zumindest zu einer Übergangsregelung für alle noch offenen Fälle führen würde (BFH-Beschlüsse vom 26. November 1998 IV B 150/97, BFH/NV 1999, 657, und vom 13. Dezember 2001 II B 37/00, BFH/NV 2002, 532).

Die Beschwerdebegründung erfüllt diese Anforderungen nicht. Die Klägerin trägt lediglich pauschal vor, dass die Rechtslage höchstrichterlich noch nicht geklärt und keinesfalls eindeutig sei. Auch zu der Frage, ob eine normverwerfende Entscheidung des BVerfG zu einer rückwirkenden Neuregelung des beanstandeten Gesetzes oder zumindest zu einer Übergangsregelung für alle noch offenen Fälle führen würde, wird nicht näher Stellung genommen; die Klägerin beschränkt sich auf die Feststellung, dass im Fall der Verfassungswidrigkeit der sog. Abfärberegelung eine für sie günstigere Entscheidung zu treffen wäre (zur Verfassungsmäßigkeit der Abfärberegelung vgl. im Übrigen BVerfG-Beschluss vom 26. Oktober 2004 2 BvR 246/98, BFH/NV 2005, Beilage 3, 259).

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