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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.02.2002
Aktenzeichen: XI B 47/00
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 42e
FGO a.F. § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO a.F. § 115 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der mit der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird, erhielt aufgrund des Vertrages über die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses vom 14. Juni 1993 eine Abfindungszahlung von insgesamt 360 000 DM. Davon wurden 200 000 DM am 15. Juli 1993 und 160 000 DM am 15. Januar 1994 fällig. Die anfallenden Steuern hatte ausschließlich der Kläger zu tragen. In Ziffer 2 des Vertrages heißt es: "Zwecks Feststellung der Steuerpflichtigkeit der Abfindung wird die Bank über den X-Verband ... eine Lohnsteueranrufungsauskunft an das zuständige Finanzamt mit der Bitte um Mitteilung richten, welche Lohnsteuer die Bank von der Abfindung einzubehalten hat."

Auf die entsprechende Anfrage unter dem "Bezug: Anrufungsauskunft gemäß § 42e EStG" antwortete der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--), dass die Zahlungen in 1993 ... und in 1994 dem "halben" Steuersatz unterlägen. Die Einkommensteuerveranlagung 1993 wurde erklärungsgemäß ermäßigt durchgeführt. Den auf 1994 entfallenden Betrag von 160 000 DM unterwarf das FA dem vollen Steuerersatz. Einspruch und Klage waren erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) führte aus, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) komme eine begünstigte Besteuerung zum "halben" Steuersatz nicht in Betracht, da die Abfindung --wie von Anbeginn vereinbart-- auf zwei Veranlagungszeiträume verteilt ausgezahlt worden sei. Auch aus der unzutreffenden Auskunft des FA ergebe sich keine Verpflichtung zu einer derartigen Steuerveranlagung.

Die Kläger begehren die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Nicht ausreichend geklärt sei, in welchem Umfang die Finanzverwaltung für Auskünfte verantwortlich sei, auf die sich der Steuerpflichtige verlassen habe. Die Rechtsfrage, ob es einer unmittelbaren Anfrage des Steuerpflichtigen bedürfe, oder ob eine Bindung auch dann eintrete, wenn dem FA bekannt sei, dass neben der anfragenden Person auch der Steuerpflichtige die Auskunft erhalten werde, weil sie die Rechtsbeziehung zwischen ihm und dem Arbeitgeber betreffe, sei bislang nicht entschieden worden. Eine solche Bindung sei insbesondere dann anzunehmen, wenn das Schreiben keine Begrenzung des Bindungswillens des FA enthalte und erkennbar als Grundlage für Dispositionen des Steuerpflichtigen diene. Das FA habe die Steuerschädlichkeit der Auszahlung in zwei Kalenderjahren verbindlich verneint. Bei einer anderen Auskunft wäre die Abfindung in einem Kalenderjahr ausgezahlt worden. Dem Kläger sei ein Nachteil durch die falsche Auskunft entstanden.

Das FA beantragt die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, die Kläger hätten die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt. Der Hinweis darauf, dass eine Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden sei, genüge nicht. Auch soweit die Kläger BFH-Entscheidungen zitierten, ergebe sich hieraus keine Divergenz des FG von der Rechtsprechung des BFH.

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

Nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) richtet sich die Zulässigkeit der Beschwerde nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt wurde; danach ist das alte Recht anzuwenden.

1. Wird die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.), so ist in der Beschwerdeschrift deren grundsätzliche Bedeutung darzulegen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.). In der Beschwerdebegründung muss eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausgestellt und --unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Literatur-- deren Bedeutung für die Allgemeinheit substantiiert dargetan werden.

Kein Klärungsbedarf besteht im Allgemeinen mehr, wenn eine Rechtsfrage bereits vom BFH geklärt worden ist. In einem solchen Fall bedarf es daher besonderer Ausführungen zu den Gründen, warum eine nochmalige höchstrichterliche Entscheidung notwendig erscheint. Dabei ist beispielsweise konkret darzulegen, dass in der Literatur beachtliche Argumente gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung vorgetragen werden, die der BFH noch nicht erwogen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Februar 2000 XI B 133/98, BFH/NV 2000, 841; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Anm. 9, m.w.N.). Aus den Darlegungen der Kläger ergibt sich nicht, dass die vom FG herangezogene höchstrichterliche Rechtsprechung umstritten wäre und es deshalb einer erneuten Entscheidung des BFH bedürfe.

2. In der Beschwerdeschrift ist auch kein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. entsprechenden Weise dargelegt. Soweit die Kläger nach Ablauf der Beschwerdefrist rügen, dass das Urteil des FG dem aufgestellten Rechtssatz im BFH-Urteil vom 4. August 1961 VI R 269/60 S (BStBl III 1961, 562) nicht entspreche, ist dieses Vorbringen verspätet. Damit wird im Übrigen nur dargelegt, dass das FG die Rechtsprechung des BFH fehlerhaft angewendet habe, nicht aber, dass das FG seiner Entscheidung einen allgemeinen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den rechtlichen Erwägungen der Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 17, 63, m.w.N.).



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