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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 26.09.2005
Aktenzeichen: XI B 57/04
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 2. Halbsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist teils unzulässig und teils unbegründet und damit insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

1. Gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision müssen innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des Urteils dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 FGO).

2. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.

a) Das zur Ermittlung von Amts wegen gemäß § 76 Abs. 1 FGO berechtigte und verpflichtete Finanzgericht (FG) kann im Rahmen des Klagebegehrens auch Fragen nachgehen, über die die Beteiligten nicht streiten, insbesondere auch den Sachverhalt unter anderen als den von den Beteiligten vorgegebenen Gesichtspunkten ermitteln (vgl. BFH-Urteile vom 1. Juni 1994 X R 73/91, BFH/NV 1995, 2; vom 8. Oktober 1997 XI R 8/86, BFHE 183, 314, BStBl II 1997, 840, und vom 25. Juni 2003 X R 66/00, BFH/NV 2004, 19). Bei der Überprüfung des angefochtenen Steuerbescheids hat das Gericht --innerhalb der durch das Klagebegehren und das Verböserungsverbot gezogenen Grenzen-- Fehler des Finanzamts zugunsten des Steuerpflichtigen mit Fehlern zu seinen Lasten zu saldieren und umgekehrt. Dies kann sich zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirken (BFH-Beschluss vom 23. März 1995 XI B 166/94, BFH/NV 1995, 998).

Im Streitfall hat das FG danach nicht verfahrensfehlerhaft gehandelt, als es die Klage deshalb abgewiesen hat, weil die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) zu Unrecht anerkannten Betriebsausgaben in Höhe von 5 647 DM mit dem von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) begehrten Ansatz weiterer Werbungskosten in Höhe von 5 162 DM zu saldieren waren; die Klage wäre danach in jedem Falle abzuweisen gewesen.

b) Die Rüge, das FG habe seine Aufklärungspflicht verletzt, ist nicht schlüssig erhoben. Dazu hätten die Kläger insbesondere darlegen müssen, was das FG bei einer Ortsbesichtigung konkret hätte ermitteln können und sollen, das nicht bereits aus den vorliegenden Bauskizzen zu entnehmen war, und dass die Entscheidung auf dieser Grundlage hätte zugunsten der Kläger ausfallen können (vgl. BFH-Beschluss vom 20. März 1997 XI B 181/95, BFH/NV 1997, 775). Für die Frage der baulichen Abgrenzung der Wohnräume von den Büroräumen reichte die Skizze offensichtlich aus.

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die vom Beschwerdeführer aufgeworfene konkrete Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig ist. Im Allgemeinen besteht kein Klärungsbedarf mehr, wenn eine Rechtsfrage bereits vom BFH geklärt worden ist. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung verlangt ferner, dass sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinander setzt (BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217, m.w.N.).

a) Soweit die Kläger vortragen, es sei zu klären, wann und unter welchen Voraussetzungen das FG saldierungsfähige Fehler ermitteln dürfe, fehlt es an einer Darlegung, welche konkreten Fragestellungen durch die zur Saldierung bisher ergangene Rechtsprechung noch nicht geklärt seien, und dass diese im vorliegenden Streitfall auch geklärt werden könnten.

b) Geklärt ist bereits, dass die Beschäftigung eines Arbeitnehmers in einem häuslichen Arbeitszimmer zumindest dann einer Anwendung der Begrenzungsregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht entgegensteht, wenn der Arbeitnehmer der Ehegatte des den Abzug Begehrenden ist. Da die Abzugsbeschränkung dem Zweck dient, den betrieblichen und den privaten Bereich eines Steuerpflichtigen abzugrenzen und den Verwaltungsvollzug zu erleichtern (vgl. BTDrucks 13/1686, S. 16), kann für die Frage, ob es sich um ein häusliches Arbeitszimmer handelt, nicht danach differenziert werden, ob der Betriebsinhaber selbst oder sein von ihm angestellter Ehegatte in Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen den Raum nutzt (BFH-Beschlüsse vom 21. Juni 2002 XI B 190/01, BFH/NV 2003, 146, und vom 27. August 2002 XI B 9/02, BFH/NV 2003, 151).

Diese Rechtsprechung verletzt auch nicht das Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, ist in diesem Zusammenhang entscheidend, dass der Arbeitnehmer an der privaten Haushaltsführung des Steuerpflichtigen teilnimmt. Damit stellt sich die Problematik einer Abgrenzung des betrieblichen und des privaten Bereichs im gleichen Maße, als wenn der Arbeitgeber allein den Büroraum nutzen würde. Es widerspräche dem Zweck der gesetzlichen Regelung, wenn die Beschäftigung der mit dem Arbeitgeber zusammen lebenden Ehefrau dazu führen würde, dass die Typisierung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG keine Anwendung mehr finden dürfte.

c) Die Revision ist auch nicht zur weiteren Klärung der Frage zuzulassen, wann ein Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet. Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass der Streitfall für eine solche Klärung Gelegenheit geben könnte.

aa) Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seine berufliche und/oder betriebliche Tätigkeit teilweise in seinem Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, ist nach der neueren Rechtsprechung dann "Mittelpunkt" i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 2. Halbsatz EStG, wenn der Steuerpflichtige im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Wo der "Mittelpunkt" liegt, kann nur im Wege einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit festgestellt werden. Die diesbezügliche Würdigung aller Umstände des Einzelfalles obliegt in erster Linie dem FG. Im Rahmen dieser Wertung kommt dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Dabei kann das häusliche Arbeitszimmer selbst dann (noch) den Mittelpunkt einer beruflichen Betätigung bilden, wenn die außerhäuslichen Tätigkeiten überwiegen (vgl. BFH-Urteil vom 16. Dezember 2004 IV R 19/03, BFHE 208, 263, BStBl II 2005, 212).

Bei einer Produkt- und Fachberaterin, deren Tätigkeit wesentlich durch die Arbeit im Außendienst geprägt ist, bildet das häusliche Arbeitszimmer danach auch dann nicht den Mittelpunkt ihrer beruflichen Betätigung, wenn die dort verrichteten Tätigkeiten zur Erfüllung der übertragenen Aufgaben notwendig sind (BFH-Urteil vom 13. November 2002 VI R 82/01, BFHE 201, 93, BStBl II 2004, 62). Dagegen kann bei einem Verkaufsleiter, der zur Überwachung von Mitarbeitern und zur Betreuung von Großkunden auch im Außendienst tätig ist, das häusliche Arbeitszimmer gleichwohl den Mittelpunkt der beruflichen Betätigung bilden, wenn er dort die für seinen Beruf wesentlichen Leistungen (etwa die Organisation der Betriebsabläufe) erbringt (BFH-Urteil vom 13. November 2002 VI R 104/01, BFHE 201, 100, BStBl II 2004, 65).

bb) Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob eine Lehrtätigkeit an ca. 180 Tagen außerhalb der Büroräume der Annahme entgegenstehe, dass der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit in den häuslichen Büroräumen liege, ist danach durch die Rechtsprechung bereits dahin gehend geklärt, dass dem insoweit nur eine indizielle Bedeutung zukomme. Im Übrigen hat das FG seine Auffassung, der Mittelpunkt der beruflichen Betätigung des Klägers liege nicht in seinen häuslichen Arbeitszimmern, gerade nicht mit der Dauer seiner auswärtigen Tätigkeit begründet, sondern damit, dass für die Tätigkeit des Klägers als Dozent in der Erwachsenenbildung in erster Linie die eigentliche Lehrtätigkeit prägend sei. Im Vergleich hierzu seien die Tätigkeiten im Arbeitszimmer lediglich vor- und nachbereitender sowie organisatorischer Art. Hiergegen haben die Kläger auch nichts vorgebracht. Für die Bestimmung des Mittelpunkts kommt es auch nicht darauf an, ob die Büroräume für die Tätigkeit des Klägers zwingend erforderlich sind und ob dort Angestellte beschäftigt werden.

d) Die Begründung der Rüge, die Regelung verstoße gegen Verfassungsrecht, genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der bloße Hinweis auf die Vielzahl zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG anhängiger Revisionsverfahren ist nicht geeignet, von sich heraus darzulegen, dass die Vorschrift gegen das Gebot der Bestimmtheit von Normen verstoße.

Soweit die Kläger vortragen, die Regelung verstoße gegen das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, soweit die Kosten für betrieblich erforderliche Büroräume steuerlich unberücksichtigt bleiben, hätten sie sich insbesondere mit dem zu der Vorschrift ergangenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 1999 2 BvR 301/98 (BVerfGE 101, 297, BStBl II 2000, 162) auseinander setzen müssen.

4. Eine Abweichung des FG von der Rechtsprechung des BFH ist nicht dargetan. Im Streitfall befanden sich die Arbeitsräume in dem Stockwerk unmittelbar über den privat genutzten Räumen. In dem von den Klägern herangezogenen Sachverhalt, der dem BFH-Urteil vom 26. Februar 2003 VI R 160/99 (BFHE 202, 101, BStBl II 2003, 515) zugrunde lag, befanden sich die Arbeitszimmer demgegenüber im Keller und die Wohnung lag im zweiten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses.

Ende der Entscheidung

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