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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.06.2004
Aktenzeichen: XI B 63/02
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Im Rahmen einer die Jahre 1993 bis 1995 betreffenden Außenprüfung fragte der Prüfer auch nach dem Posten "Vorsteuer aufgrund Außenprüfung" in der Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 1992. Auf den Einwand, dies liege außerhalb des Prüfungszeitraums erklärte der Prüfer, eine Erweiterung desselben werde noch vorgenommen; diese unterblieb jedoch.

Im Prüfungsbericht wurde der Vorgang nicht aufgeführt. Der Prüfer erstellte vielmehr einen Vermerk, in dem er darauf hinwies, dass eine aufgrund einer Außenprüfung in 1992 für 1989 vorgenommene Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ertragsteuerrechtlich sowohl 1989 als auch 1992 berücksichtigt worden und zu einer entsprechenden Gewinnminderung geführt habe; eine Erweiterung des Prüfungszeitraums sei nicht zulässig. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) änderte daraufhin den Einkommensteuerbescheid 1992 nach § 174 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) und erhöhte den Gewinn um den Vorsteuerbetrag von 43 512 DM. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg; die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1139.

Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Im Streitfall gehe es zum einen um die Abgrenzung von Außenprüfung und Einzelermittlungen. Weiter sei zu klären, ob die auf die Vertretung bei der Außenprüfung beschränkte Bevollmächtigung des steuerlichen Beraters auch auf Verwaltungsakte des Prüfers außerhalb der Außenprüfung ausstrahle. Und schließlich stelle sich die Frage, inwieweit die unklaren Darstellungen des FA im ersten Prüfungsbericht zu einer überwiegenden Mitverursachung des FA hinsichtlich des fehlerhaften Steuerbescheides 1992 geführt hätten. Das FA habe eingeräumt, dass auch bei Versagen der vom Prüfer erbetenen Auskunft eine Änderung erfolgt wäre, "weil - wie bereits auch vom Kläger vorgetragen -, die Doppelerfassung der Vorsteuerbeträge aus dem BP-Bericht vom 24. August 1992 und der Gewinnermittlung 1992 ersichtlich war". Wenn aber --so die Kläger-- der Sachverhalt der Doppelerfassung dem FA bekannt sei, könne die Verursachung nicht mehr auf die Erklärung des Steuerpflichtigen zurückgeführt werden.

II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert.

a) Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (BFH-Beschluss vom 29. Oktober 2003 III B 15/03, BFH/NV 2004, 166). Eine Entscheidung des BFH ist nur dann erforderlich, wenn die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegt (BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2001 III B 103/01, BFH/NV 2002, 652).

b) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist die Revision zuzulassen, wenn eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Das ist der Fall, wenn das Urteil des FG von Entscheidungen anderer Gerichte abweicht oder willkürlich und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juni 2002 III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474). Eine Divergenz liegt u.a. vor, wenn das FG in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH. Das FG muss seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden rechtlichen Erwägungen einer genau zu bezeichnenden Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt (BFH-Beschluss vom 25. Februar 2003 XI B 121/02, BFH/NV 2003, 812; vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 48 ff. und § 116 Rz. 42 f.).

2. Entgegen der Auffassung der Kläger erfordert die Auslegung des § 174 Abs. 2 AO 1977 keine Entscheidung des BFH zum Zwecke der Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 6. September 1995 XI R 37/95, BFHE 179, 196, BStBl II 1996, 148) ist eine Änderung gemäß § 174 Abs. 2 AO 1977 nur dann möglich, wenn der Steuerpflichtige selbst (allein oder überwiegend) die fehlerhafte Berücksichtigung verursacht hat und aus diesem Grund nicht auf die Bestandskraft des Steuerbescheides vertrauen kann. Im Rahmen dieser Prüfung ist auch der Beitrag des FA, der zur doppelten Berücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts geführt hat, zu würdigen. Dabei kann sich ein Steuerpflichtiger, der eine unrichtige Steuererklärung abgegeben hat, regelmäßig nicht auf Ermittlungsfehler des FA berufen (BFH-Urteil vom 22. September 1983 IV R 227/80, BFHE 139, 347, BStBl II 1984, 510). In der Entscheidung vom 21. Oktober 1980 VIII R 186/78 (BFHE 132, 182, BStBl II 1981, 388) hat der BFH die Änderungsbefugnis verneint, weil der Steuerpflichtige den für die Besteuerung erheblichen Sachverhalt vollständig und richtig dargestellt hatte.

3. Die von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen betreffend die Abgrenzung von Außenprüfung und Einzelermittlungen bedürfen keiner weiteren Klärung. Die in der Beschwerde und dem FG-Urteil herangezogenen Entscheidungen des BFH (Urteile vom 25. November 1997 VIII R 4/94, BFHE 184, 255, BStBl II 1998, 461; vom 2. Februar 1994 I R 57/93, BFHE 173, 487, BStBl II 1994, 377; vom 5. April 1984 IV R 244/83, BFHE 140, 518, BStBl II 1984, 790) haben hierzu wesentliche Abgrenzungskriterien herausgearbeitet. Da es sich dabei um Gesichtspunkte handelt, die jeweils einer Gesamtwürdigung bedürfen, stellt sich die vom Kläger dargestellte Frage einer strengen Rangfolge der jeweils zu berücksichtigenden Einzelkriterien nicht.

Soweit die Kläger rügen, das FG habe die von der Rechtsprechung zur Abgrenzung aufgestellten Grundsätze nicht richtig angewandt und den Hinweis der Kläger auf den Prüfungsvermerk nicht richtig gewürdigt, rügen sie eine falsche Tatsachenwürdigung bzw. Rechtsanwendung des FG im Einzelfall. Damit ist das Vorliegen eines über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Interesses an einer Entscheidung des BFH nicht dargetan. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung allein vermag die Zulassung der Revision nicht zu begründen (BFH-Beschlüsse vom 18. August 2003 X S 5/03 (PKH), BFH/NV 2004, 66; vom 17. Januar 2002 V B 88/01, BFH/NV 2002, 748, und vom 10. Juli 2001 XI B 73/99, BFH/NV 2002, 17).

4. Die Kläger haben auch nicht dargelegt, dass das FG einen eigenen, von einem tragenden abstrakten Rechtssatz des BFH abweichenden Rechtssatz aufgestellt habe.



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