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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.10.2007
Aktenzeichen: XI B 75/07
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 53 Abs. 1 | |
FGO § 62 Abs. 3 Satz 5 | |
FGO § 91 Abs. 1 | |
FGO § 91 Abs. 2 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 119 Nr. 4 |
Gründe:
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Es kann dahinstehen, ob die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die von ihnen behaupteten Verfahrensfehler in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechenden Weise dargelegt haben. Denn sie liegen jedenfalls nicht vor.
1. Das Finanzgericht (FG) hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO) nicht dadurch verletzt, dass es gegen die in der mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Kläger entschieden hat. Das FG genügt seiner Verpflichtung, den Beteiligten rechtliches Gehör im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu gewähren, indem es eine mündliche Verhandlung anberaumt, die Beteiligten ordnungsgemäß lädt und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt durchführt (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Februar 2005 VII B 133/04, BFH/NV 2005, 1325, m.w.N.).
Im Streitfall hat das FG bei der Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung nicht gegen Verfahrensvorschriften verstoßen. Die Kläger sind ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden.
a) Die Ladung zur mündlichen Verhandlung war dem Kläger als Anwalt in eigener Sache (§ 155 FGO i.V.m. § 78 Abs. 6 der Zivilprozessordnung --ZPO--) sowie in seiner Eigenschaft als Prozessbevollmächtigter der Klägerin gemäß § 53 Abs. 1, § 62 Abs. 3 Satz 5 FGO zuzustellen. Denn er hatte dem FG bereits in der Klageschrift unter Beifügung einer schriftlichen Vollmacht der Klägerin mitgeteilt, dass er namens und im Auftrag der Klägerin sowie im eigenen Namen und Auftrag --sich insoweit selbst anwaltlich vertretend-- Klage erhebe.
Ausweislich der Postzustellungsurkunde ist dem Kläger die Ladung unter seiner Wohnanschrift durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten am 23. März 2007 zugestellt worden (vgl. § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. §§ 176, 180 ZPO). Da die Kanzleianschrift des Klägers mit seiner Wohnanschrift identisch war, ist ihm als Prozessbevollmächtigten und zugleich als Kläger die Ladung ordnungsgemäß zugestellt worden.
b) Die unter Einhaltung der Ladungsfrist des § 91 Abs. 1 FGO verfügte Ladung war von einer Justizangestellten der Geschäftsstelle des mit der Sache befassten FG-Senats unterschrieben. Sie enthielt den nach § 91 Abs. 2 FGO vorgesehenen Hinweis, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Auch sonst erfüllte sie alle formellen Erfordernisse. Neben der Angabe der ladenden Stelle enthielt sie die Bezeichnung des Adressaten, des Gerichts, des Terminorts, des Sitzungsraums, des Terminzwecks und des Terminzeitpunkts sowie die Aufforderung, den Termin wahrzunehmen (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 91 Rz 10). Für die Bezeichnung des Terminzwecks genügt die Kurzbezeichnung der Beteiligten --hier: "... (Name des Klägers) u.a. gegen Finanzamt ..."-- und die Angabe des Streitgegenstands mit dem dazugehörigen Aktenzeichen --hier: "wegen Einkommensteuer 2002 und 2003 (4 K 218/04) und wegen Einkommensteuer 2004 (4 K 107/05)"--. Mit Hilfe dieser Angaben konnte der Kläger als Adressat der Ladung alle weiteren Daten anhand der bei ihm vorhandenen Unterlagen (Klageschrift, Eingangsverfügung usw.) ermitteln. Dies gilt beispielsweise auch für den vollen Namen der Person(en), die sich hinter dem Kürzel "u.a." verbergen. Es ist nicht erforderlich, im Adressfeld der Ladung oder an anderer Stelle in der Ladung auch die Berufsbezeichnung des Adressaten --hier: Rechtsanwalt-- oder die Funktion --hier: Kläger als Anwalt in eigener Sache bzw. Prozessbevollmächtigter-- anzugeben, wenn der Adressat --wie im Streitfall-- aufgrund der Prozessgeschichte seine Funktion eindeutig zuordnen konnte.
c) Da die Kläger keine Umstände dargetan haben, aus denen sich ergibt, dass der Kläger unverschuldet gehindert war, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, haben sie die Folgen des Nichterscheinens selbst zu verantworten. Denn es obliegt ihnen, die Gelegenheit zur Verwirklichung ihres rechtlichen Gehörs wahrzunehmen (vgl. Gräber/von Groll, a.a.O., § 96 Rz 33, m.w.N.). Nicht das FG hat den Klägern rechtliches Gehör versagt, sondern die Kläger haben versäumt, ihren Standpunkt in mündlicher Rede dem FG vorzutragen, dem Vorbringen der Gegenseite entgegenzutreten und sich über den vom FG festgestellten Sachverhalt zu unterrichten.
d) Aus den vorgenannten Gründen liegt auch ein Verfahrensfehler i.S. von § 119 Nr. 4 FGO nicht vor.
2. Das angefochtene Urteil ist keine den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör verletzende Überraschungsentscheidung. Zur Gewährung rechtlichen Gehörs reicht es aus, wenn eine Streitsache mündlich verhandelt wird und die Beteiligten in diesem Rahmen ihren Standpunkt zur Geltung bringen können. Etwas anderes gilt u.a. dann, wenn das Gericht aufgrund einer Sachverhaltswürdigung oder einer rechtlichen Erwägung entscheidet, die im gesamten Verfahren nicht angesprochen worden war und mit der der unterliegende Beteiligte vernünftigerweise nicht rechnen musste (z.B. BFH-Urteil vom 23. September 1999 VI R 106/98, BFH/NV 2000, 448, m.w.N.). Dies ist im Streitfall nicht gegeben. Bereits im Erörterungstermin am 6. Dezember 2006 war zur Sprache gekommen, dass für die Totalgewinnprognose nicht nur das Jahr 2005, sondern auch das Jahr 2006 von Bedeutung war. Dort hatte der Kläger selbst zur Gewinnsituation 2006 ausgeführt, seine Einnahmen seien nicht so hoch gewesen wie im Jahr 2005.
3. Soweit die Kläger mangelnde Sachaufklärung rügen (§ 76 Abs. 1 FGO), wären für eine schlüssige Verfahrensrüge Ausführungen dazu erforderlich gewesen, welche Tatsachen das FG hätte aufklären müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können und aus welchen Gründen sich dem FG unter Berücksichtigung seines Rechtsstandpunkts die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse vom 18. März 2004 VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978; vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43; vom 10. April 2006 X B 162/05, BFH/NV 2006, 1332, jeweils m.w.N.).
Das haben die Kläger unterlassen. Ein entsprechender Vortrag wäre im Streitfall schon deshalb erforderlich gewesen, weil das FG im Tatbestand des angefochtenen Urteils ausdrücklich festgehalten hat, dass die Gewinnermittlung des Klägers für das Jahr 2005 Honorareinnahmen von 36 422,71 € und einen Gewinn von 8 733,60 € ausweise. In den Entscheidungsgründen hat das FG zudem ausgeführt, der Umstand, dass der Kläger im Jahr 2005 ausweislich der Einkommensteuererklärung 2005 deutlich höhere Einnahmen als in den Vorjahren und einen Gewinn aus seiner Tätigkeit erzielt habe, führe nicht zu einer positiven Gewinnprognose. Soweit die Kläger sich gegen diese tatsächliche Würdigung des FG wenden, bezeichnen sie keinen Verfahrensfehler, sondern wenden sich gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung. Die darin liegende Rüge eines materiell-rechtlichen Mangels der Vorentscheidung ist nicht geeignet, die Zulassung der Revision zu rechtfertigen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 9. August 2005 V B 56/05, BFH/NV 2005, 2230; vom 19. Oktober 2005 X B 86/05, BFH/NV 2006, 118).
Ende der Entscheidung
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