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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.06.2004
Aktenzeichen: XI B 98/02
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2 b
AO 1977 § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
AO 1977 § 129
FGO § 76 Abs. 1
FGO § 116 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

1. Im Wesentlichen streiten die Beteiligten darüber, ob das beklagte Wohnsitz-FA und das Finanzamt (FA) X annehmen durften, das vermeintliche Betriebs-FA X müsse eine gesonderte Gewinnfeststellung gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 b der Abgabenordnung (AO 1977) vornehmen. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist der Auffassung, ein solcher Feststellungsbescheid hätte nicht erlassen werden dürfen --weder vom beklagten FA noch vom FA X. Er sei nur deshalb im Zusammenwirken der beiden FÄ erlassen worden, um nach seiner Aufhebung mit Hilfe des nun anwendbaren § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 den bereits bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 1994 als Folgebescheid ändern zu können, ohne den Beschränkungen des § 129 AO 1977 zu unterliegen. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde trägt der Kläger vor, das Finanzgericht (FG) habe die Klage abgewiesen, weil es den Sachverhalt unter Verstoß gegen § 76 Abs. 1 FGO nur unzureichend aufgeklärt habe.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

a) Nach § 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten werden. Gemäß § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf einen Verfahrensmangel gestützt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), so bedarf es nach ständiger Rechtsprechung hierfür des Vortrags der Tatsachen, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 116 Rz. 48 ff., m.w.N.). Außerdem muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung --vom materiell-rechtlichen Standpunkt des FG ausgehend-- auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (BFH-Beschluss vom 9. Oktober 2003 V B 12/02, BFH/NV 2004, 97). Soweit der gerügte Verfahrensmangel zu den verzichtbaren Mängeln gehört, kann er nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn der Beteiligte auf dessen Beachtung verzichtet hat (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung). Das Rügerecht geht bei solchen Verfahrensmängeln --zu denen auch die Verletzung der Sachaufklärungspflicht gehört (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 101, m.w.N.)-- nicht nur durch eine ausdrückliche und konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge; ein Verzichtswille ist dafür nicht erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 15. Mai 1996, X R 252-253/93, BFH/NV 1996, 906; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 100 ff. und § 116 Rz. 49, jeweils m.w.N.).

b) Soweit der Kläger geltend macht, das FG habe den Sachverhalt unter Verstoß gegen § 76 Abs. 1 FGO unzureichend aufgeklärt, ist den Darlegungen entgegen den dargestellten Anforderungen weder zu entnehmen, welche Tatsachen im Einzelnen noch hätten aufgeklärt werden müssen, noch, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung eine weitere Sachverhaltsaufklärung konkret beantragt hätte oder sich eine solche dem FG auf Grund seines Urteils hätte aufdrängen müssen.

Auch mit dem Vortrag, das Urteil sei noch am Tag der mündlichen Verhandlung gefällt worden, obwohl die Vorsitzende Richterin am Ende der mündlichen Verhandlung zugesagt habe, sich den Akteninhalt nochmals daraufhin durchzusehen, ob sich aus dem zeitlichen Ablauf der Vorgänge die behauptete unzulässige Absprache der beiden FÄ ergebe, ist noch kein derartiger Verfahrensmangel dargetan. Über die Frage, ob eine unzulässige Absprache vorgenommen worden sein könnte, musste das Gericht anhand der aus den Akten zu entnehmenden Verfahrensabläufe entscheiden, die in dem Urteil auch umfassend dargestellt worden sind. Das FG ist anhand der Aktenlage lediglich zu einem anderen Ergebnis gelangt, als es der Kläger für richtig hält. Das FG hat dem Kläger auch nicht eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung in Aussicht gestellt (§ 93 Abs. 3 Satz 2 FGO), sondern nur eine schriftliche Information, die mit dem Urteil erfolgt ist.

c) Im Ergebnis geht die Beschwerde des Klägers dahin, das FG habe die Aktenvorgänge falsch interpretiert und habe zu Unrecht ein unzulässiges Zusammenwirken der beiden FÄ verneint. Damit rügt er letztlich die Tatsachenwürdigung bzw. Rechtsanwendung des FG, das die Klage mit der Begründung abgewiesen hat, die FÄ hätten, wenn auch zu Unrecht, Anlass für ein Feststellungsverfahren gesehen, weil sie übersehen hätten, dass sich die Notwendigkeit eines Feststellungsverfahrens auf Grund der Änderung des § 180 Abs. 1 Nr. 2 b AO 1977 zum 1. Januar 1994 nicht mehr nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Veranlagung richte, sondern nach denen im Veranlagungszeitraum. Diese Tatsachenwürdigung bzw. Rechtsanwendung des FG im Einzelfall ist revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen eines Verfahrensmangels entzogen. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung vermag die Zulassung der Revision nicht zu begründen (BFH-Beschlüsse vom 18 August 2003, X S 5/83 (PKH), BFH/NV 2004, 66; vom 17. Januar 2002, V B 88/01, BFH/NV 2002, 748, und vom 10. Juli 2001 XI B 73/99, BFH/NV 2002, 17).

d) Von einer weiteren Begründung des Beschlusses wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.



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