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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 26.11.1998
Aktenzeichen: XI R 19/98
Rechtsgebiete: FGO, ZPO
Vorschriften:
FGO § 120 Abs. 1 Satz 1 | |
FGO § 56 | |
FGO § 155 | |
FGO § 56 Abs. 1 | |
ZPO § 85 Abs. 2 | |
ZPO § 294 Abs. 2 |
Gründe
I. Der Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger und Revisionskläger (Kläger) die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) zugelassen. Der Beschluß ist den Klägern am 4. Februar 1998 zugestellt worden.
Mit Schreiben vom 1. April 1998 setzte die Geschäftsstelle des Senats die Kläger davon in Kenntnis, daß die Akten an das FG zurückgesandt worden seien, weil --laut telefonischer Auskunft des FG-- keine Revision eingelegt worden sei. Daraufhin teilten die Kläger mit, daß sie --entgegen der telefonischen Auskunft des FG-- Revision eingelegt hätten (Schreiben an den Bundesfinanzhof --BFH-- vom 4. April 1998).
Mit Schreiben vom 4. April 1998 --beim FG eingegangen am 6. April 1998-- beantragten die Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist. Dem Schreiben ist die Kopie eines Revisionsschreibens in dieser Sache vom 2. März 1998 mit der erneuten Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Kläger beigefügt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags trägt der Prozeßbevollmächtigte vor, er habe bereits mit Schriftsatz vom 2. März 1998 Revision eingelegt. Die Revisionsschrift sei an diesem Tag zusammen mit einem Schreiben in einer anderen Sache der Kläger (Einkommensteuer 1985 und Vermögensteuer 1989) in einem Kuvert an das FG übersandt worden. Über den Erhalt des Schreibens in dem anderen Verfahren habe das FG unter dem 6. März 1998 eine formale Eingangsnachricht erteilt. Er habe deshalb davon ausgehen müssen, daß auch die Revisionsschrift beim FG eingegangen sei. Zum Beweis seines Vorbringens bietet er das "Zeugnis der Frau A, zu laden über den Prozeßbevollmächtigten" an und legt eine Kopie des Schreibens des FG vom 6. März 1998 sowie die Kopie einer Seite des Postausgangsbuchs vor. Nach Auskunft des FG ist die fragliche Revisionsschrift dort nicht eingegangen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ist der Auffassung, daß dem Wiedereinsetzungsantrag der Kläger nicht entsprochen werden kann und die Revision unzulässig ist.
II. Die Revision ist unzulässig.
Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision bei dem FG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision schriftlich einzulegen. Im Streitfall ist die Revisionsfrist am 4. März 1998 abgelaufen. Die Revision ist jedoch erst am 6. April 1998 --zusammen mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand-- beim FG eingegangen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision (§ 56 FGO) kann den Klägern nicht gewährt werden. Denn sie haben nicht glaubhaft gemacht, daß ihren Prozeßbevollmächtigten, dessen Verschulden sie sich gemäß § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) zurechnen lassen müssen, an der Versäumung der Frist kein Verschulden trifft.
Nach § 56 Abs. 1 FGO ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war. Das setzt in formeller Hinsicht voraus, daß innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt wird (§ 56 Abs. 2 Satz 3 FGO) und diejenigen Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 12. August 1996 VIII R 66/95, BFH/NV 1997, 137).
Wird im Zusammenhang mit einem Wiedereinsetzungsgesuch die fristgerechte Absendung eines beim Empfänger nicht eingegangenen Schriftstücks behauptet, so sind Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen, aus denen sich die rechtzeitige Aufgabe des fristwahrenden Schriftstücks zur Post ergibt (vgl. BFH-Beschluß vom 10. März 1994 IX R 43/90, BFH/NV 1994, 813). Insbesondere ist darzulegen, wer den Schriftsatz zu welchem Zeitpunkt zur Post gegeben hat (vgl. BFH-Beschluß vom 9. März 1993 VI R 60/90, BFH/NV 1993, 616, m.w.N.), und wie im Büro des Prozeßbevollmächtigten eine Fristenkontrolle sichergestellt ist (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1994, 813, m.w.N.). Diese Angaben sind durch die Vorlage präsenter Beweismittel --also solcher Beweismittel, aufgrund derer der Beweis sofort und unmittelbar erbracht werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 294 Abs. 2 ZPO; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 56 Anm. 52)-- glaubhaft zu machen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 13. Juli 1989 VIII R 64/88, BFH/NV 1990, 577, und in BFH/NV 1993, 616).
Diesen Anforderungen genügt das Wiedereinsetzungsgesuch der Kläger nicht. Zum einen hat der Prozeßbevollmächtigte keinerlei Ausführungen zur Fristenkontrolle in seinem Büro gemacht. Zum anderen hat er seine Angaben zur rechtzeitigen Postaufgabe der Revisionsschrift nicht glaubhaft gemacht. Selbst wenn man die insoweit ungenauen Angaben des Prozeßbevollmächtigten dahingehend versteht, daß die bei ihm angestellte A die Revisionsschrift zusammen mit einem anderen Schriftsatz persönlich in ein an das FG adressiertes Briefkuvert gesteckt und zur Post gebracht haben soll, reicht es zur Glaubhaftmachung dieses Vorbringens nicht aus, die genannte Person lediglich als Zeugin zu benennen. Vielmehr hätte es insoweit der Vorlage eines präsenten Beweismittels, also einer detaillierten eidesstattlichen Versicherung der A, bedurft (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. April 1988 X R 90/87, BFH/NV 1989, 110; in BFH/NV 1997, 137, sowie BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1993, 616, und in BFH/NV 1990, 577). Dem in Fotokopie vorgelegten Auszug aus dem Postausgangsbuch kann nicht entnommen werden, ob die Revisionsschrift tatsächlich der beim FG eingegangenen Klage betreffend Einkommensteuer 1985 und Vermögensteuer auf den 1. Januar 1989 beigefügt war. Es erscheint vielmehr ebenso denkbar, daß die Revisionsschrift versehentlich nicht mit abgeschickt wurde.
Ende der Entscheidung
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