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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.12.2001
Aktenzeichen: XI R 21/01
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 120 Abs. 2 | |
FGO § 56 | |
FGO § 56 Abs. 1 |
Gründe:
I. In der Sache ist streitig, ob eine Sonderzahlung an den Kläger und Revisionskläger (Kläger) in Höhe von 250 000 DM ermäßigt zu besteuern ist und ob anteilige Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abziehbar sind.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 8. Februar 2001 ab. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten am 21. Februar 2001 zugestellt. Revision wurde mit Schriftsatz vom 20. März 2001 eingelegt. Die Frist zur Begründung der Revision lief am 23. April 2001 ab. Die Begründung, die im Schriftsatz vom 16. Mai 2001 enthalten ist, ging am 18. Mai 2001 beim Bundesfinanzhof (BFH) ein, nachdem der Kläger durch das Schreiben des Gerichts vom 3. Mai 2001 (zugegangen am 8. Mai 2001) auf die Fristversäumnis aufmerksam gemacht worden war.
Der Klägervertreter trägt vor, dass ihn an der Fristversäumnis kein Verschulden treffe.
Ihm sei die Akte nicht rechtzeitig vorgelegt worden. Dazu sei es durch ein außergewöhnliches Zusammentreffen mehrerer Umstände gekommen. Das Urteil sei am 21. Februar 2001 zugestellt worden; wegen der am nächsten Tag bevorstehenden Abreise in einen zehntägigen Urlaub habe er das Urteil sofort an sich genommen. Aus diesem Grund seien der Eingang des Urteils und der Fristablauf nicht in das Fristenkontrollbuch eingetragen worden. In der ersten Aprilwoche sei der Vorgang mehrfach bearbeitet worden und sollte am 17. April 2001 zur endgültigen Bearbeitung wieder vorgelegt werden. Das sei auf der Akte vermerkt worden. Diese Anweisung sei unbeachtet geblieben. Wegen der Nichteintragung in das Fristenkontrollbuch sei er nicht an den Ablauf der Frist erinnert worden.
Das Fristenkontrollbuch werde von einer Mitarbeiterin geführt, die ansonsten fehlerfrei arbeite. Die Versäumnis sei entschuldbar. Der Klägervertreter hat eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin sowie eine Kopie aus dem Fristenkontrollbuch vorgelegt.
Das ursprüngliche Versehen der Nichteintragung wirke auf die Weiterbearbeitung fort. Die unterbliebene Eintragung der Weiterbearbeitung sei kein weiteres Versäumnis.
Für ein "Nachschauen" im Fristenkontrollbuch hätte nur Anlass bestanden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für einen Mangel in der Büroorganisation vorgelegen hätten.
Der Kläger beantragt, unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand das angefochtene Urteil aufzuheben und die angefochtenen Bescheide in der Weise zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 725 DM abgezogen werden und die Sonderzuwendung von 250 000 DM ermäßigt besteuert wird.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) beantragt, die Revision zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei unbegründet. Der Klägervertreter habe nicht ein einmaliges entschuldbares Büroversehen, sondern nicht entschuldbare Büroorganisationsmängel offenbart. Der Klägervertreter habe mit Schriftsatz vom 20. März 2001 fristgemäß Revision eingelegt. Dies hätte bei ordnungsgemäßer Fristenbuchführung zu einer Eintragung in den Spalten 12 und 13 führen müssen. In der ersten Aprilwoche sei die Akte erneut bearbeitet worden. Dabei sei ein Nachschauen bzw. eine Eintragung im Fristenkontrollbuch erneut unterblieben.
II. Die Revision ist unzulässig. Sie ist entgegen § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht innerhalb der Begründungsfrist, die am 23. April 2001 ablief, begründet worden, sondern erst am 18. Mai 2001. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO kann nicht gewährt werden.
Gemäß § 56 Abs. 1 FGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten.
a) Es ist die Pflicht eines Prozessbevollmächtigten, durch die Organisation seines Bürobetriebs sicherzustellen, dass Fristversäumnisse ausgeschlossen werden. Dazu ist unerlässlich, dass ein Fristenkontrollbuch oder eine vergleichbare Einrichtung geführt wird. In ihr muss der Fristablauf für jede einzelne Sache und für jede einzelne Frist vermerkt sein (ständige Rechtsprechung, BFH-Beschluss vom 13. November 1998 X R 31/97, BFH/NV 1999, 941).
Die unterbliebene Eintragung einer Frist in das Fristenkontrollbuch kann zwar grundsätzlich ein entschuldbares Büroversehen sein (vgl. BFH-Beschluss vom 10. April 1995 III B 73/92, BFH/NV 1995, 1072). Der Senat lässt offen, ob nicht bereits der geschilderte Geschehensablauf, wonach der Klägervertreter das angefochtene Urteil sofort an sich genommen hat, ohne die Eintragung im Fristenkontrollbuch zu veranlassen, ein Büroversehen ausschließt. Beruft sich ein Prozessbevollmächtigter auf ein (nicht zu vertretendes) Büroversehen, so muss er darlegen, dass kein Organisationsfehler vorliegt, d.h., dass er alle Vorkehrungen getroffen hat, die nach vernünftigem Ermessen die Nichtbeachtung von Fristen auszuschließen geeignet sind, und dass er durch regelmäßige Belehrung und Überwachung seiner Bürokräfte für die Einhaltung seiner Anordnungen Sorge getragen hat (BFH-Beschluss vom 25. Februar 1999 X R 102/98, BFH/NV 1999, 1221).
b) Im Streitfall besteht in der Fristenkontrolle des Klägervertreters insofern ein Organisationsmangel, als in den Fällen der Weiterbearbeitung von Fristsachen nicht sichergestellt ist, dass die Weiterbearbeitung vermerkt wird (so wie es auch in dem von dem Klägervertreter geführten Fristenkontrollbuch vorgesehen ist) und die Frist und ggf. eine Folgefrist nicht erneut kontrolliert werden. Entgegen der Auffassung des Klägervertreters setzt die Eintragung zur Weiterbearbeitung nicht voraus, dass die Sache überhaupt zur Bearbeitung eingetragen worden sei. Vielmehr wäre gerade bei dem Versuch, die Weiterbearbeitung zu notieren, aufgefallen, dass die Frist noch nicht eingetragen war; die erste versehentliche Nichteintragung hätte nachgeholt werden können. Im Übrigen ist nicht geklärt, aus welchem Grund trotz der Nichteintragung der Sache in das Fristenkontrollbuch die Revisionsfrist, nicht aber die Revisionsbegründungsfrist eingehalten worden ist.
Ende der Entscheidung
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