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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 11.08.1999
Aktenzeichen: XI R 23/98
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 1
FGO § 126 Abs. 3 Nr. 2
FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 76 Abs. 1 Satz 2
FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. In der Sache streiten die Beteiligten um die Berücksichtigung von (negativen) Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) aus einem ...betrieb und die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen. Streitig ist noch die Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 1986 und 1987.

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) erkannte für 1986 einen Gewerbebetrieb an, berücksichtigte die geltend gemachten Verluste jedoch nicht in voller Höhe. Für 1987 könnten negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht anerkannt werden, da das Gericht nicht überzeugt sei, daß in diesem Zeitraum aus dem 1986 aufgegebenen Betrieb noch betrieblich veranlaßte Aufwendungen angefallen seien. Hinsichtlich der Zinsaufwendungen stehe zudem nicht fest, daß der Kläger die erzielten Veräußerungserlöse vollständig zur Schuldentilgung verwendet habe.

Verlustvorträge könnten "mangels Nachweis nicht zum Ansatz kommen".

Mit seiner Revision rügt der Kläger Verfahrensmängel der Vorinstanz wegen Nichtberücksichtigung bestehender Verlustvorträge bei der Steuerfestsetzung für 1986 und 1987. Die dazu erforderlichen Ermittlungen hätte das FG von Amts wegen vornehmen müssen (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Steuerakten hätten alle erforderlichen Daten hinsichtlich der Einkünfte und Abzugsbeträge enthalten. Der Verlustabzug hätte für die Jahre 1986 und 1987 zu einer Steuer von 0 DM geführt. Im übrigen habe das FG hinsichtlich der Berücksichtigung von Zinsen im Jahr 1987 eine vom Kläger vorgelegte Mittelverwendungsrechnung nicht berücksichtigt. Dies verletze seinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Letztlich sei das FG auf den Antrag des Klägers, seine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1986 neu zu berechnen, nicht eingegangen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA hat zur Revision keine Stellungnahme abgegeben.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat jedenfalls seine Verpflichtung zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, indem es nicht festgestellt hat, ob in den Streitjahren 1986 und 1987 Verlustvorträge aus den Vorjahren zu berücksichtigen sind.

Über Grund und Höhe des Verlustabzugs nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist für Veranlagungszeiträume vor 1990 im Jahr des Verlustabzugs zu entscheiden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Februar 1998 VIII R 21/95, BFH/NV 1998, 1356). Diese Prüfung hat von Amts wegen zu erfolgen. Der Verzicht auf entsprechende Feststellungen mit der Begründung, Verlustvorträge seien nicht nachgewiesen, war verfahrensfehlerhaft. Dieser Verzicht beruht nicht auf der Anwendung einer Beweislastregel zu Lasten des Klägers, deren (auch unzutreffende) Handhabung dem materiellen Rechts zuzuordnen wäre (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. Juli 1994 IV S 2/93, BFH/NV 1995, 118; vom 31. Oktober 1996 VIII B 42/96, BFH/NV 1997, 490). Vielmehr geht das FG erkennbar von einer gesteigerten Mitwirkungspflicht des Klägers aus, die seine eigene Sachaufklärungspflicht entfallen läßt.

Zwar wird der Amtsermittlungsgrundsatz durch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten nach § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO begrenzt (BFH-Urteil vom 23. August 1994 VII R 134/92, BFH/NV 1995, 570), wobei dem Gedanken der Beweisnähe besondere Bedeutung zukommt (BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462). Vorliegend ist aber bereits aus den Steuerakten ersichtlich, daß der Ansatz von Verlustabzügen in den Streitjahren 1986 und 1987 in Frage kommt. Unbeschadet der Mitwirkungspflichten der Beteiligten mußte sich dem FG daher die weitere Aufklärung bereits von Amts wegen aufdrängen.

Insoweit hat das FG seiner Entscheidung auch nicht den gesamten Inhalt der Akten zugrunde gelegt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Daß die Vorentscheidung auf der unterlassenen Sachaufklärung beruhen kann, ist offensichtlich.

Ende der Entscheidung

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