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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 06.03.2003
Aktenzeichen: XI R 3/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 16
EStG § 34
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb seit 1985 eine LKW-Reparaturwerkstatt und einen Bremsendienst auf einem gemieteten Grundstück. Ende 1991 fasste er den Entschluss, den Betrieb in der Rechtsform einer GmbH fortzusetzen. Mit Vertrag vom ... März 1992 errichtete er als Alleingesellschafter die Y-GmbH (GmbH).

Im April 1992 erwarb der Kläger das Grundstück A-Straße zu einem Kaufpreis von 850 000 DM (Übergabe am 13. Mai 1992). Am 11. Mai 1992 reichte er einen Bauantrag ein, der auf die Änderung der gewerblichen Gebäudeteile und die Errichtung einer LKW-Reparaturwerkstatt gerichtet war. Am ... November 1992 wurde die Genehmigung erteilt. Im Jahr 1992 investierte der Kläger in das Grundstück 1 011 581 DM und in 1993 471 857 DM.

Unter dem 26. Juni 1992 schloss der Kläger mit der GmbH einen Kauf- und Übertragungsvertrag. Gemäß § 1 des Vertrags sollten die wesentlichen Grundlagen der bisher als Einzelfirma betriebenen Werkstatt mit Wirkung vom 1. Juli 1992 auf die GmbH übergehen; der Kaufpreis betrug 550 000 DM zzgl. 14 % Umsatzsteuer. Zum 30. Juni 1992 beendete die Einzelfirma ihre Tätigkeit, die GmbH nahm am 1. Juli 1992 ihre Tätigkeit auf dem bisher von der Einzelfirma genutzten Grundstück und mit den vom Kläger erworbenen Wirtschaftsgütern auf.

Unter dem 14. August 1992 vermietete der Kläger die neu zu errichtende Halle und die Hoffläche des Grundstücks A-Straße ab 1. April 1993 für die Dauer von 10 Jahren an die GmbH. Entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen sollte das Grundstück größtenteils für den Betrieb einer LKW-Werkstatt verwendet werden. Zwei Kellerräume des Wohngebäudes sollten als Büro dienen. Der Mietzins sollte 20 000 DM monatlich betragen. Die GmbH zog mit ihrem Geschäftsbetrieb in 1993 auf das Grundstück A-Straße um.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ist der Auffassung, dass der Kläger im Streitjahr 1992 folgende nichtbegünstigte Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt habe:

Gewinn aus der Reparaturwerkstatt/241 980 DM

Verlustanteil Besitzunternehmen/./. 377 827 DM

Zinserträge aus der GmbH gewährten Darlehen/ 34 515 DM

Gewinn aus Anlagenverkäufen/ 495 105 DM

Einkünfte aus Gewerbebetrieb insgesamt/393 773 DM

Demgegenüber ist der Kläger der Auffassung, dass ein begünstigter Veräußerungsgewinn entstanden sei, und rechnet wie folgt:

Gewinn aus der Reparaturwerkstatt/241 980 DM

Verlustanteil Besitzunternehmen/./. 377 827 DM Zinserträge aus der GmbH gewährten Darlehen/ 34 515 DM

laufender Verlust/101 332 DM

Veräußerungsgewinn i.S. des §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG)/ 495 105 DM

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Veräußerung der Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens sei keine Veräußerung eines ganzen Gewerbebetriebs oder Teilbetriebs. Der Kläger habe nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf die GmbH übertragen. Auch habe der Kläger nicht die bisherige Tätigkeit beendet; der Betrieb sei als sog. Besitzunternehmen fortgeführt worden.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.

1. Die GmbH habe die Tätigkeit bis zum 31. März 1993 auf dem gemieteten Grundstück fortgeführt. Das Einzelunternehmen habe während seines Bestehens in seiner Gesamtheit keinen Bezug zum erworbenen Grundstück A-Straße gehabt. Dieses sei keine wesentliche Betriebsgrundlage des Einzelunternehmens gewesen.

2. Mit der Veräußerung des Warenbestandes, der beweglichen Anlagegegenstände und des Geschäftswerts seien die vorhandenen wesentlichen Betriebsgrundlagen des Einzelunternehmens veräußert worden. Die geplante Verpachtung des Grundstücks A-Straße an die GmbH als Betriebsgesellschaft könne nicht als Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit des Einzelunternehmens interpretiert werden.

3. Das FG gehe von zwei selbständigen Teilbetrieben aus, die mit der Betriebsaufspaltung zu einem einheitlichen Einzelunternehmen verschmolzen seien. Entgegen dieser Auffassung sei der zweite Teilbetrieb (Vermietung) aufgrund der Betriebsaufspaltung selbständig gewerblich tätig. Die Fortführung der Kfz-Reparaturwerkstatt durch die GmbH könne dem Besitzunternehmen nicht zugerechnet werden.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1992 in der Weise zu ändern, dass der Besteuerung ein laufender Verlust von 101 332 DM und ein begünstigter Aufgabegewinn in Höhe von 495 105 DM zugrunde gelegt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entgegen der Auffassung des Klägers sei das FG nicht von der Existenz zweier Teilbetriebe ausgegangen, sondern von zwei unternehmerischen Betätigungen im Rahmen eines einheitlichen Gewerbebetriebs, der nach Veräußerung eines Teils seines Betriebsvermögens in veränderter Form fortgeführt worden sei. Die Gründung der GmbH, der Erwerb des Grundstücks A-Straße, die Übertragung des restlichen Betriebsvermögens auf die GmbH und der Umbau des Grundstücks A-Strasse dienten derselben unternehmerischen Zielsetzung, nämlich der Aufspaltung des bisherigen Einzelunternehmens in ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen unter zeitnaher Verlagerung der Werkstatt in moderne Betriebsräume. Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem bisherigen Einzelunternehmen und der Verpachtung der neuen Betriebsräume an die Betriebs-GmbH.

II. Die Revision ist begründet (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

1. Auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen lässt sich nicht beurteilen, welchem Betrieb das neu erworbene Grundstück A-Straße zuzuordnen war. Der Kläger konnte es in dem Betriebsvermögen seines bisher betriebenen Einzelunternehmens erfassen; er konnte es aber ebenso in einen davon zu unterscheidenden neu errichteten Vermietungsbetrieb übernehmen. Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Einzelunternehmen und die beabsichtigte Vermietungstätigkeit einen einheitlichen Gewerbebetrieb bildeten, sind nicht gegeben. Abgesehen davon, dass der Kläger vor Erwerb des Grundstücks A-Straße die GmbH gegründet hatte, könnte für eine Trennung der Betriebe sprechen, dass er --wie sich aus der Einspruchsentscheidung zu ergeben scheint-- das Ergebnis für die Reparaturwerkstatt und insbesondere für das Besitzunternehmen offenbar getrennt voneinander ermittelt hat.

2. Sollte das erworbene bebaute Grundstück dem bisherigen Einzelunternehmen zuzuordnen sein, wäre eine wesentliche Betriebsgrundlage zurückbehalten worden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Januar 1997 XI R 23/96, BFHE 182, 216, BStBl II 1997, 437; BFH-Beschluss vom 3. April 2001 IV B 111/00, BFH/NV 2001, 1252; Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl., 2003, § 16 Rz. 100). Die Zurückbehaltung einer wesentlichen Betriebsgrundlage stünde einer begünstigten Betriebsveräußerung entgegen.

Anders verhielte es sich hingegen, wenn der Kläger das Grundstück von vornherein in das Betriebsvermögen eines neu errichteten Vermietungsbetriebs aufgenommen hätte. In diesem Fall wäre das Grundstück zu keinem Zeitpunkt Betriebsvermögen des bisher betriebenen Einzelunternehmens gewesen; wesentliche Betriebsgrundlagen wären nicht zurückbehalten worden.

Ende der Entscheidung

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