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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 01.04.2009
Aktenzeichen: XI R 3/08
Rechtsgebiete: UStG, FGO
Vorschriften:
UStG § 12 Abs. 1 | |
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 126 Abs. 2 |
Gründe:
I.
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Umsätze aus dem Betrieb eines Partyservice dem Regel- oder dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt einen Partyservice. In dessen Rahmen verkauft sie im Wesentlichen verzehrfertige Speisen. Dabei stellt sie --sofern der Kunde das wünscht-- auch Geschirr und Besteck zur Verfügung. Dieses wird nach Gebrauch teils von der Klägerin und teils von den Kunden gereinigt. In Einzelfällen werden die Speisen auch vor Ort zubereitet und/oder ausgegeben. Die Klägerin berechnete im Streitjahr 2001 für die Gestellung von Geschirr und Besteck grundsätzlich 0,50 DM pro Gedeck bei Reinigung durch den Kunden und 1 DM pro Gedeck bei einer von ihr ausgeführten Reinigung.
Die Klägerin erklärte in ihrer Umsatzsteuererklärung 2001 dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Lieferungen von Speisen in Höhe von netto ... DM. Die Umsätze aus der Gestellung und Reinigung von Geschirr und Besteck erfasste sie mit dem Regelsteuersatz. Bei einer 2003 durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung vertrat der Prüfer des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) die Auffassung, die Bereitstellung von Geschirr und Besteck durch die Klägerin führe, unabhängig davon, ob dieses durch die Kunden gereinigt werde, zu dem Regelsteuersatz unterliegenden Restaurationsumsätzen nach § 3 Abs. 9 Sätze 4 und 5 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG). Daher kürzte er die zu 7% versteuerten Umsätze um netto ... DM und erhöhte die zu 16% zu besteuernden Umsätze um netto ... DM.
Dementsprechend erließ das FA am 2. April 2003 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2001, in dem es die Umsatzsteuer auf ... EUR festsetzte.
Einspruch und Klage hiergegen hatten keinen Erfolg. Das Urteil ist abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 739.
Zur Begründung der Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dem Finanzgericht (FG) könne in der qualitativen Einordnung der Dienstleistungselemente und deren Begründung nicht gefolgt werden. Für die umsatzsteuerliche Beurteilung der fraglichen Umsätze könne es auch aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers keinen Unterschied machen, ob der Auftraggeber das Geschirr regelmäßig bei jeder Speisenlieferung oder lediglich zusätzlich auf Wunsch zur Verfügung gestellt bekomme. Denn allein die Möglichkeit, dieses Dienstleistungselement zusätzlich bei ihr einzukaufen, sage für sich genommen nichts über die umsatzsteuerliche Qualität aus. Aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers handele es sich bei der Gedeckgestellung und gegebenenfalls dessen Reinigung um unselbständige Nebenleistungen zur Hauptleistung "Speisenlieferung", welche das Schicksal dieser Hauptleistung teilten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung aufzuheben sowie den Bescheid über Umsatzsteuer 2001 vom 2. April 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2003 dahingehend zu ändern, dass ihre Umsätze auch insoweit mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz besteuert werden, als sie zusätzlich Geschirr und Besteck bereitgestellt hat.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht eine dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Lieferung von Speisen verneint und eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung angenommen.
1.
Zutreffend hat das FG die Lieferung der Speisen und die Bereitstellung von Geschirr und Besteck entsprechend den nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) geltenden Grundsätzen als eine einheitliche Leistung beurteilt (vgl. EuGH-Urteile vom 27. Oktober 2005 Rs. C-41/04 --Levob Verzekeringen und OV Bank--, Slg. 2005, I-9433, Randnrn. 19 bis 22; vom 21. Juni 2007 Rs. C-453/05 --Ludwig--, Slg. 2007, I-5083, Randnrn. 17, 18; BFH-Urteil vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, unter II.2.b, jeweils m.w.N.).
2.
Der auf diese Leistung anzuwendende Steuersatz beträgt nach § 12 Abs. 1 UStG 16%. Die Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung auf 7% nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG liegen nicht vor.
a)
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7% für die Lieferungen der in der Anlage bezeichneten Gegenstände. Umsätze unterliegen nach dieser Vorschrift daher nur dann dem ermäßigten Steuersatz, wenn es sich hierbei um Lieferungen und nicht um sonstige Leistungen handelt.
Bei der Abgrenzung zwischen Lieferung und sonstiger Leistung ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Maßgebend ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der Umsatz erfolgt (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 2008 V R 55/06, BFHE 223, 539, BFH/NV 2009, 673, m.w.N.). Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist das qualitativ überwiegende Element des besteuerten Umsatzes zu ermitteln (vgl. EuGH-Urteil vom 2. Mai 1996 Rs. C-231/94 --Faaborg-Gelting Linien--, Slg. 1996, I-2395, BStBl II 1998, 282, Randnrn. 12 bis 14).
Zur Abgrenzung von Lieferung und sonstiger Leistung im Zusammenhang mit der Abgabe von Speisen und Getränken ist zwischen Restaurationsumsätzen, die durch eine Reihe von Dienstleistungen und Vorgängen gekennzeichnet sind, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln besteht, und Umsätzen, die sich auf Nahrungsmittel "zum Mitnehmen" beziehen, zu unterscheiden (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 1996, I-2395, BStBl II 1998, 282, Randnrn. 13 und 14). "Minimale Dienstleistungen", die notwendig mit der Vermarktung der Ware verbunden sind, dürfen bei der Beurteilung des Dienstleistungsanteils nicht berücksichtigt werden (vgl. EuGH-Urteil vom 10. März 2005 Rs. C-491/03 --Hermann--, Slg. 2005, I-2025, Randnrn. 22, 23).
In Anwendung dieser Grundsätze hat der BFH in seinem Urteil vom 10. August 2006 V R 55/04 (BFHE 214, 474, BStBl II 2007, 480) entschieden, dass die Abgabe von Speisen durch einen Mahlzeitendienst, der Mittagessen auf eigenem Geschirr an Einzelabnehmer in deren Wohnung ausgibt und das Geschirr endreinigt, als sonstige Leistung (Dienstleistung) dem Regelsteuersatz unterliegt.
Zu den Leistungen eines Partyservice führt der V. Senat des BFH in seinem Urteil in BFH/NV 2009, 673 (unter II.3.c) aus:
"Nicht mit der Vermarktung von Nahrungsmitteln zur Mitnahme notwendig verbunden sind bei einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers danach Dienstleistungselemente und Vorgänge wie z.B. die Beratung und Information der Kunden hinsichtlich der Zusammenstellung und Menge von Mahlzeiten für einen bestimmten Anlass, die Zubereitung und Darreichung von Speisen, deren ansprechendes, restaurationsübliches Anrichten auf Platten und in Gefäßen, die Überlassung dieser Platten und Gefäße sowie von Geschirr und/oder Besteck zur Nutzung, der Transport zum Kunden zum vereinbarten Zeitpunkt und das Abholen sowie die lebensmittelrechtlich erforderliche Endreinigung der den Kunden lediglich zum Gebrauch überlassenen Gegenstände."
b)
Nach diesen Grundsätzen sind die hier streitigen Umsätze sonstige Leistungen, die dem Regelsteuersatz unterliegen.
Die Abgabe der Speisen an die Kunden der Klägerin geht mit einer Reihe von Dienstleistungen einher, die sich von den Vorgängen unterscheiden, die notwendig mit der Lieferung von Lebensmitteln verbunden sind: Die Klägerin hat die Speisen verzehrfertig zubereitet, diese ansprechend angerichtet und an den jeweils von ihren Kunden genannten Ort zur vereinbarten Zeit verbracht sowie in Einzelfällen die Speisen vor Ort ausgegeben. Im Regelfall hat sie ferner ihre Kunden im Vorfeld über die Art und die Menge der benötigten Speisen beraten. Zusätzlich hat sie ihren Kunden Geschirr und Besteck überlassen sowie dieses wieder abgeholt. Dies reicht für die Annahme einer sonstigen Leistung aus, ohne dass es noch entscheidend auf die Reinigung der überlassenen Gedecke ankommt.
Ende der Entscheidung
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