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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 23.02.2005
Aktenzeichen: XI R 35/02
Rechtsgebiete: EStG, BGB
Vorschriften:
EStG § 15 | |
EStG § 15 Abs. 2 | |
BGB § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 | |
BGB § 564c a.F. |
Gründe:
I. Der mit der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zusammen veranlagte Kläger und Revisionskläger (Kläger) war Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Er erwarb am 1. März 1991 ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen in A, B-Straße. Die Wohnungen waren beim Erwerb mit "Dauermietverträgen" vermietet. Der Kläger baute das Dachgeschoss des Hauses im Jahr 1992 zu vier Wohnungen aus und vermietete diese mit gesetzlicher Kündigungsfrist. Ferner vermietete er neun neu errichtete Fertiggaragen. Im Dezember 1993 teilte er das Haus in zehn Eigentumswohnungen auf, die weiterhin vermietet blieben. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) entschloss sich der Kläger aufgrund von Problemen mit Mietern und wegen seines schlechten Gesundheitszustandes zum Verkauf des Grundstückes. Nachdem er erfolglos benachbarte Eigentümer angesprochen hatte, beauftragte er einen Makler. Diesem bot er an, die Teilung des Grundstückes rückgängig zu machen, wenn ein Gesamterwerber des Grundstückes dies so wollte. Anfang Mai 1995 veräußerte er die zehn Eigentumswohnungen an einen Arzt.
Im November 1991 hatte der Kläger ein weiteres Mehrfamilienhaus in A, C-Straße, erworben, dessen Dachgeschoss ausgebaut und ebenfalls im Dezember 1993 in Eigentumswohnungen aufgeteilt. Die Wohnungen befanden sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG im Jahr 2002 noch im Eigentum des Klägers.
Ferner hatte der Kläger bereits im Juni 1990 ein Mehrfamilienhaus in X für 350 000 DM erworben, das er im Dezember desselben Jahres mit einem Gewinn in Höhe von 2 710 DM veräußerte. Dieser Gewinn wurde als Spekulationsgewinn versteuert.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah in der Veräußerung des Mehrfamilienhauses in A, Straße, einen gewerblichen Grundstückshandel. Zum einen sei der Kläger --aufgrund des Ausbaus des Dachgeschosses-- wie ein Bauunternehmer tätig geworden. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für einen gewerblichen Grundstückshandel vor, weil er das Haus 1993 in zehn Eigentumswohnungen aufgeteilt und bereits im Streitjahr 1995 wieder veräußert habe. Bei Ermittlung des Veräußerungsgewinns setzte das FA von den Anschaffungs- und Herstellungskosten die Absetzung für Abnutzung (AfA) der Jahre 1991 bis 1994 ab.
Das FG wies die Klage ab (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2002, 974).
Mit ihrer Revision rügen die Kläger Verletzung des § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Unter Berücksichtigung der Grundsätze des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) im Beschluss vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98 (BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) und des Gesamtbilds der Verhältnisse sowie der Verkehrsanschauung habe der Kläger keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Zwar sei bei der Veräußerung von zehn Eigentumswohnungen die sog. Drei-Objekt-Grenze überschritten. Im Streitfall fehle es aber an der für einen Gewerbebetrieb notwendigen Nachhaltigkeit der Tätigkeit. Der Kläger sei zudem --wie vom FG festgestellt-- nicht im Bau- oder Immobilienbereich tätig und habe das Gebäude in einem einzigen Kaufvertrag an einen Erwerber veräußert. Das FG habe ferner verkannt, dass im Streitfall eindeutige Indizien gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht vorgelegen hätten. Erst die in der Folgezeit entstandenen Probleme, persönliche Bedrohungen und der seit längerem schlechte Gesundheitszustand des Klägers, der wenige Tage nach dem Verkauf zu einem Herzinfarkt geführt habe, hätten den Kläger zur Veräußerung des gesamten Objekts bewogen. Auch sei der Erwerb des streitigen Objekts langfristig finanziert worden. Bei Anpassung der Altverträge seien die Kündigungsfristen der alten T-Mietverträge mit den T-Mitarbeitern in die neuen Verträge übernommen worden.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1995 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21. Dezember 1998 dahin gehend abzuändern, dass Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück A, B-Straße, in Höhe von ./. 47 840 DM und keine Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger habe mehr als drei Objekte innerhalb eines Fünfjahres-Zeitraums veräußert. Er sei auch nachhaltig als Grundstückshändler tätig geworden. Für die Beurteilung der Nachhaltigkeit könne es keinen Unterschied machen, ob die Wohnungen einzeln oder das Gesamtobjekt an einen Erwerber veräußert würden. Zudem habe der Kläger im Jahr 1990 ein Mehrfamilienhaus nach einem halben Jahr wieder veräußert. Ferner habe er im Jahr 1989 ein im Jahr 1979 erworbenes Grundstück und im Jahr 1991 eine im Jahr 1983 erworbene Eigentumswohnung veräußert. Die Aufteilung des Objekts in Eigentumswohnungen verdeutliche die Veräußerungsabsicht. Der Gesundheitszustand des Klägers und die Probleme mit den Mietern mögen zwar die Verkaufsabsicht intensiviert haben; sie sagten aber nichts darüber aus, ob der Kläger nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre.
II. Die Revision der Kläger ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass unter Berücksichtigung der Anzahl der innerhalb von fünf Jahren verkauften Eigentumswohnungen weder der Tatsache, dass die Wohnungen bei Erwerb langfristig vermietet waren, noch dem konkreten Anlass für den Verkauf Bedeutung zukommt.
1. Nach § 15 Abs. 2 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf. Die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt.
Ein gewerblicher Grundstückshandel setzt die Absicht voraus, durch Veräußerungen gewerbliche Gewinne zu erzielen. Diese muss durch eine Tätigkeit verfolgt werden, die nach allgemeiner Auffassung als unternehmerisch gewertet wird. In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (BFH-Beschluss des Großen Senats vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, m.w.N.).
Zur Konkretisierung dieser Unterscheidung im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels hat der BFH die sog. Drei-Objekt-Grenze eingeführt. Sie besagt, dass kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, sofern weniger als vier Objekte innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs --in der Regel fünf Jahre-- veräußert werden. Die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand zwischen Anschaffung, Bebauung und Verkauf haben --wie der Große Senat des BFH wiederholt hervorgehoben hat (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats in BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617)-- nur indizielle Bedeutung. Ebenso wie bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten besondere Umstände auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen können, ist trotz Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze ein gewerblicher Grundstückshandel nicht anzunehmen, wenn eindeutige Anhaltspunkte gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht sprechen. Dabei ist nicht auszuschließen, dass die Umstände im Einzelfall derart gewichtig erscheinen, dass einer im Grunde stets bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht keine Bedeutung zukommt (Beschluss des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).
2. Der Kläger veräußerte innerhalb von weniger als fünf Jahren seit Erwerb des Grundstückes A, B-Straße, insgesamt zehn Eigentumswohnungen. Die sich daraus ergebenden, für einen gewerblichen Grundstückshandel sprechenden Indizien sind nicht widerlegt worden.
a) Beweisanzeichen für eine Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten ist nach ständiger Rechtsprechung die vom Veräußerer selbst vorgenommene langfristige --über fünf Jahre hinausgehende-- Vermietung von Wohnraum, da Wohnungen im Allgemeinen unter Berücksichtigung des zivilrechtlichen Mieterschutzes nur noch eingeschränkt durch Veräußerung verwertbar sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28. September 1987 VIII R 46/84, BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65; Kempermann, Steuerberater-Jahrbuch 2002/2003, S. 419, 427) sowie die auf längere Dauer angelegte Nutzung einer Immobilie zu eigenen Wohnzwecken (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. Februar 2003 III R 10/01, BFHE 201, 515, BStBl II 2003, 510, m.w.N.). Der Erwerb bereits langfristig vermieteten Wohnraums allein ist nach der Rechtsprechung des BFH kein ausreichendes Indiz, das gegen die Absicht des Erwerbers spricht, gewerblichen Gewinn zu erzielen (z.B. BFH-Urteil vom 8. Februar 1996 IV R 28/95, BFH/NV 1996, 747). Nach den Feststellungen des FG waren die Wohnungen bei Erwerb des Mehrfamilienhauses im Jahr 1991 bereits mit "Dauermietverträgen" vermietet. Der Kläger ist in diese Mietverträge kraft Gesetzes eingetreten (§ 571 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--). Er hat nicht selbst langfristige Mietverträge abgeschlossen. Soweit er durch Ausbau des Dachgeschosses weitere Eigentumswohnungen herstellen ließ, vermietete er diese mit gesetzlicher Kündigungsfrist. Unter diesen Umständen kann der erkennende Senat offen lassen, ob die Annahme des FG, dass die Verwertbarkeit langfristig vermieteter Eigentumswohnungen im Streitfall nicht eingeschränkt sei, weil die Erwerber Mietverträge jederzeit wegen Eigenbedarfs hätten kündigen können, im Hinblick auf § 564b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2, § 564c BGB a.F. zutreffend ist.
b) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind die konkreten Anlässe und Beweggründe, die zum Verkauf geführt haben, grundsätzlich nicht geeignet, die sich aus dem Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze ergebende indizielle Bedeutung zu widerlegen, weil sie im Allgemeinen nichts darüber aussagen, ob der Steuerpflichtige nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht bestanden hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1998 XI R 58/97, BFH/NV 1999, 766, m.w.N.; BFH-Urteil vom 23. April 1996 VIII R 27/94, BFH/NV 1997, 170). An dieser Rechtsprechung hat der BFH auch im Anschluss an den Beschluss des Großen Senats in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 festgehalten (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 201, 515, BStBl II 2003, 510; vom 16. Oktober 2002 X R 74/99, BFHE 200, 380, BStBl II 2003, 245).
c) Unerheblich ist auch, dass der Kläger das in Eigentumswohnungen aufgeteilte Mehrfamilienhaus an einen einzigen Erwerber veräußert und die Rückgängigmachung der Aufteilung dem Makler angeboten hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist jedes zivilrechtliche Wohnungseigentum ein (Zähl-)Objekt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16. Mai 2002 III R 9/98, BFHE 199, 245, BStBl II 2002, 571; vom 9. Dezember 2002 VIII R 40/01, BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294, m.w.N.).
d) Die Kläger können sich auch nicht auf eine langfristige Finanzierung des Erwerbs des Mehrfamilienhauses im Jahre 1991 berufen. Eine solche hat das FG in seinem Urteil nicht festgestellt. Damit in Zusammenhang stehende Verfahrensmängel haben die Kläger innerhalb der Revisionsbegründungsfrist nicht geltend gemacht.
3. Auch die Entscheidung des FG, von einer nachhaltigen Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 2 EStG auszugehen, ist nicht zu beanstanden.
Eine Tätigkeit ist grundsätzlich nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist, also eine Wiederholungsabsicht in der Weise besteht, dass weitere Geschäfte geplant sind; den Gegensatz bildet eine nur gelegentliche Tätigkeit. Es fehlt an der Nachhaltigkeit, wenn der Steuerpflichtige mehrere Objekte anschafft und durch einen Vertrag an einen Erwerber weiter veräußert und eine Wiederholungsabsicht nicht feststellbar ist. Gleiches gilt für die Veräußerung von mehreren Eigentumswohnungen durch nur einen Vertrag, es sei denn, der Veräußerer hat sich zuvor erfolglos um Einzelverkäufe bemüht (BFH-Urteil in BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294). Im Streitfall ist eine nachhaltige Verkaufstätigkeit aber deswegen zu bejahen, weil der Kläger bereits im Juni 1990 ein Mehrfamilienhaus erworben hatte, das er im Dezember desselben Jahres weiter veräußerte. Dieser Vorgang in Zusammenhang mit den Umständen der Aufteilung und der Veräußerung des Grundstückes B-Straße spricht für die Absicht, bei Gelegenheit Grundstücke mit Gewinnerzielungsabsicht zu verkaufen. Zwar lässt sich den Feststellungen des FG nicht entnehmen, dass sich der Kläger insoweit erfolglos um den Verkauf einzelner Wohnungen bemüht hat. Er hätte aber --jedenfalls nach Beauftragung des Maklers-- die Wohnungen auch einzeln veräußert.
Ende der Entscheidung
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