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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.07.2004
Aktenzeichen: XI R 53/03
Rechtsgebiete: AO 1977, EStG 1999
Vorschriften:
AO 1977 § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 | |
EStG 1999 § 34 Abs. 1 | |
EStG 1999 § 2 | |
EStG 1999 § 34 Abs. 1 Satz 1 | |
EStG 1999 § 2 Abs. 3 Satz 2 | |
EStG 1999 § 2 Abs. 3 | |
EStG 1999 § 34 | |
EStG 1999 § 34 Abs. 1 Satz 2 |
Gründe:
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erwirtschaftete im Streitjahr 1999 einen gewerblichen Gewinn aus seinem Einzelunternehmen in Höhe von 350 417 DM sowie Verluste aus Beteiligungen in Höhe von 195 953 DM und einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1 196 104 DM; ferner erzielte er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 121 000 DM und Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 62 891 DM. Die Klägerin hatte Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von 299 270 DM, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 47 636 DM und Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 170 668 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) verrechnete bei der Veranlagung die negativen Einkünfte des Klägers aus Beteiligungen mit den laufenden positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb und berechnete für den Abzug der Werbungskostenüberschüsse des Klägers aus Vermietung und Verpachtung den anteiligen Wert der positiven Einkünfte aus Gewerbebetrieb zur Summe der Einkünfte unter Einbeziehung des Veräußerungsgewinns. Die nach Verrechnung mit ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit verbliebenen Verluste der Klägerin verrechnete das FA anteilig mit den positiven Einkünften des Klägers. Dabei nahm es die Verrechnung zunächst mit dem Rest der tariflich zu versteuernden positiven Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor und dann zu einem Teil mit dem tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn und zu einem anderen Teil mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Den gegen den Bescheid vom 27. Juli 2001 eingelegten Einspruch, mit dem die Kläger geltend machten, eine Verrechnung der Verluste mit dem tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn sei erst dann zulässig, wenn alle positiven Einkünfte, die einer höheren Tarifbelastung unterliegen, aufgebraucht seien, wies das FA zurück.
Mit dem nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Bescheid vom 12. Juni 2002 setzte das FA die Einkommensteuer 1999 auf 377 340 DM fest. Dabei ging es davon aus, dass von dem zu versteuernden Einkommen von 954 226 DM (nur) ein Teilbetrag von 886 132 DM nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I, 402) --im Folgenden: EStG 1999-- begünstigt zu besteuern sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, dass die vom FA vorgenommene Verrechnung der Verluste der gesetzlichen Regelung entspreche. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 1673 veröffentlicht.
Mit ihrer dagegen eingelegten Revision machen die Kläger weiterhin geltend, dass bei der Verlustberechnung nach § 2 EStG 1999 tarifbegünstigte Einkünfte erst dann mit Verlusten ausgeglichen werden dürften, wenn andere positive Einkünfte nicht mehr zur Verfügung stünden.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG sowie die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und die Einkommensteuer 1999 auf 147 753,12 € herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG den tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn vorrangig in den Verlustausgleich einbezogen.
1. Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG 1999 die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. Nach Satz 2 beträgt die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. § 2 Abs. 3 Satz 2 EStG 1999 schreibt für die Ermittlung der Summe der Einkünfte vor, dass der Verlustausgleich zunächst innerhalb derselben Einkunftsart vorzunehmen ist.
Wie der Senat mit Urteil vom 13. August 2003 XI R 27/03 (BFHE 204, 433, BFH/NV 2004, 695) entschieden hat, sind für die Berechnung der begünstigten Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 EStG 1999 die Verlustausgleichsbeschränkungen des § 2 Abs. 3 EStG 1999 nicht zu beachten; vielmehr sind vorrangig die laufenden negativen Einkünfte mit den laufenden positiven Einkünften zu verrechnen, erst danach ist eine Verrechnung mit den begünstigten Einkünften vorzunehmen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Ausführungen in dieser Entscheidung.
2. Im Streitfall führt eine Saldierung der laufenden negativen mit den laufenden positiven Einkünften zu einem negativen Einkünftebetrag von 209 729 DM. Die Verrechnung dieses Betrags mit den begünstigten Einkünften von 1 196 104 DM ergibt einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 986 375 DM. Im Gesamtbetrag der Einkünfte und damit auch im zu versteuernden Einkommen sind somit ausschließlich begünstigte Einkünfte enthalten. Das verbleibende zu versteuernde Einkommen i.S. des § 34 EStG 1999 beträgt 0 DM.
Bei der Berechnung der Einkommensteuer nach der sog. Fünftelregelung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG 1999 ist das zu versteuernde Einkommen vor Abzug des jährlichen Kinderfreibetrags von 6 912 DM zugrunde zu legen (961 138 DM), da die gebotene steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes in vollem Umfang durch das Kindergeld bewirkt wird (vgl. § 31 EStG 1999). Die Einkommensteuer auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens (192 227 DM) beträgt nach der Splittingtabelle 57 796 DM. Die festzusetzende Einkommensteuer beläuft sich damit --wie von den Klägern beantragt-- auf 288 980 DM bzw. 147 753,13 €.
Ende der Entscheidung
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