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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.07.2004
Aktenzeichen: XI R 65/03
Rechtsgebiete: GewStG
Vorschriften:
GewStG § 8 Nr. 1 |
2. Die dem Besitzunternehmen entstandenen Darlehenszinsen können nicht mit den vom Betriebsunternehmen erhaltenen Darlehenszinsen verrechnet werden, weil diese Leistung nicht der unmittelbaren Verringerung der Zinslast dienen soll.
Gründe:
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin von Hotelgrundstücken. Die Grundstücke sind an die Z-GmbH verpachtet, die die Hotels betreibt und an der die Klägerin zu 100 % beteiligt ist. Die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung (personelle und sachliche Verflechtung) sind gegeben.
Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 1992 bis 1996 stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin im eigenen Namen Darlehen aufgenommen hatte, die bei der Betriebsgesellschaft (Z-GmbH) als Bankdarlehen passiviert worden waren. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Prüfers ist in den Darlehensverträgen als Verwendungszweck die Finanzierung von Investitionen bzw. Refinanzierung getätigter Investitionen an Gebäuden genannt, die der Klägerin gehören. Vereinbarungen über eine Weitergabe der Darlehensmittel wurden zwischen der Klägerin und der kreditgewährenden Bank nicht getroffen.
Die Darlehensmittel wurden entsprechend von der Z-GmbH für Ein- und Umbauten sowie für Instandhaltungsmaßnahmen verwendet. Bilanzsteuerrechtlich ist unter den Beteiligten inzwischen nicht mehr streitig, dass die Darlehen bei der Z-GmbH als Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin auszuweisen und die Zinsen als Aufwand anzusetzen sind. Bei der Klägerin sind die Zinsen als Ertrag und in gleicher Höhe als Aufwand an das jeweilige Kreditinstitut erfasst worden.
Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass es sich sowohl bei den bei der Z-GmbH zu passivierenden Darlehen als auch bei den bei der Klägerin zu passivierenden Darlehen um Dauerschulden handele und rechnete beiden gemäß § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) Dauerschuldzinsen hinzu.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dieser Auffassung (Bescheid vom 21. August 2000). Der Rechtsbehelf blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 8. April 2002). Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab; zu Recht habe das FA Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG berücksichtigt. Die Kredite hätten nicht nur das Betriebskapital der Z-GmbH (Betriebsgesellschaft) verstärkt. Die Voraussetzungen für die Annahme von durchlaufenden Krediten seien nicht gegeben.
Mit der Revision macht die Klägerin geltend:
1. Die der Z-GmbH gewährten Kredite seien als Durchlaufkredite im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 2. August 1966 I 66/63 (BFHE 86, 768, BStBl III 1967, 27) zu qualifizieren. Die Darlehen seien nicht für ihren Betrieb gewährt worden; Investitionen der Betriebsgesellschaft hätten finanziert werden sollen. Die Kredite seien zu genau bezeichneten Zwecken unverändert an die Z-GmbH weitergeleitet worden. Ihr sei kein über die Verwaltungskosten hinausgehender Nutzen aus der Darlehensweitergabe erwachsen.
2. In dem BFH-Urteil vom 7. März 1978 VIII R 38/74 (BFHE 124, 533, BStBl II 1978, 378) sei die Doppelerfassung der Darlehenszinsen nicht Gegenstand der Erörterungen gewesen. In der Entscheidung vom 4. Mai 1965 I 134/63 U (BFHE 82, 468, BStBl III 1965, 417) sei eine Kompensation zwischen Zinszuschuss mit den bezuschussten Darlehenszinsen anerkannt worden. Dieses Urteil werde durch die Entscheidung vom 4. Februar 1976 I R 203/73 (BFHE 119, 168, BStBl II 1976, 551) bekräftigt.
3. Ohne den Kreditbedarf der Betriebsgesellschaft hätte das Besitzunternehmen die Darlehensmittel nicht aufgenommen.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Gewerbesteuermessbetrag ohne die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen auf 30 425 DM festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
1. Das von dem Besitzunternehmen für Investitionen bei der Betriebsgesellschaft aufgenommene Darlehen sei kein "Durchlaufkredit". Bei einer Betriebsaufspaltung solle jede getroffene Entscheidung dem Wohle beider Unternehmen dienen.
2. Das BFH-Urteil in BFHE 124, 533, BStBl II 1978, 378 sei durchaus entsprechend anwendbar. Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen seien hingegen nicht einschlägig.
3. Die Gewerbesteuer als Realsteuer habe die Aufgabe, den objektiven Gewerbeertrag, also ohne die Aufnahme von Fremdmitteln, zu ermitteln. Die Klägerin hätte grundsätzlich auch Eigenkapital zur Verfügung stellen können; in diesem Fall hätte sie ebenfalls einen Zinsanspruch gegen das Betriebsunternehmen geltend machen müssen.
II.
Die Revision ist gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als unbegründet zurückzuweisen.
1. Gemäß § 8 Nr. 1 GewStG werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Entgelte für Schulden, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen, wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. § 8 Nr. 1 GewStG enthält ein partielles Abzugsverbot, das nur gesetzestechnisch als Hinzurechnungstatbestand ausgestaltet ist (vgl. Güroff in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 5. Aufl., 2002, § 8 Rz. 3).
a) Ein Kredit dient ausnahmsweise dann nicht der Verstärkung des Betriebskapitals, wenn es sich um einen durchlaufenden Kredit handelt. Das ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn (1) dem Steuerpflichtigen aus der Kreditaufnahme und der Weitergabe des Kredits kein über die Verwaltungskosten hinausgehender Nutzen erwächst (so die ständige Rechtsprechung seit dem Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts --OVG-- vom 8. Oktober 1929 VIII G.St. 66/28, Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts --PrOVGE-- 85, 99, 104; BFH-Urteile vom 21. Februar 1963 I 83/62, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1963 S. 258; vom 27. Mai 1981 I R 6/78, nicht veröffentlicht, zit. nach juris) und (2) der Steuerpflichtige den Kredit nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse aufgenommen hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 86, 768, 771, BStBl III 1967, 27). Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind in vergleichbarer Weise durchlaufende Posten, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden, nicht als Betriebseinnahmen oder Betriebsausgaben zu erfassen. Entsprechend dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer besteht ein Abzugsverbot für Zinsen, die für langfristiges Fremdkapital gezahlt werden; davon betroffen ist aber nur das Betriebskapital, das dem Betrieb gewidmet ist (Pauli, Der Betrieb --DB-- 1971, 836, 838). Das ist nicht der Fall, wenn das weiterleitende Unternehmen keinen eigenen wirtschaftlichen Nutzen aus der Weitergabe der Kreditmittel ziehen kann (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1997 IV R 92/96, BFH/NV 1998, 1222), wenn also z.B. der Kreditnehmer die Kreditmittel zu einem außerhalb seines Betriebs liegenden Zweck an einen Dritten weiterleitet (BFH-Urteil vom 24. Januar 1996 I R 160/94, BFHE 180, 160, BStBl II 1996, 328, m.w.N.). Ein durchlaufender Kredit liegt hingegen nicht vor, wenn eine Organgesellschaft einen Kredit aufnimmt und die Kreditmittel an einen anderen zum Organkreis gehörenden Betrieb weiterleitet. In einem solchen Fall ist es (auch) Zweck des Betriebs des Kreditnehmers, ein anderes zum Organkreis gehörendes Unternehmen zu finanzieren; die Weiterleitung der Kreditmittel entspricht in diesem Fall dem betrieblichen Zweck des die Kreditmittel weiterleitenden Unternehmens (BFH-Urteil in BFHE 180, 160, BStBl II 1996, 328).
b) Nach diesen Maßstäben können im Streitfall die Kredite, die die Klägerin der Z-GmbH gewährt hat, nicht als durchlaufende Posten bewertet werden. Die Klägerin hat die entsprechenden Zinsen selbst als Aufwand verbucht; Vereinbarungen über eine Weitergabe der Darlehensmittel wurden zwischen der Klägerin und der kreditgewährenden Bank nicht getroffen. Die Kredite dienten (auch) ihrem Betrieb, dem Besitzunternehmen, zu dem Zweck, das Betriebsunternehmen zu finanzieren. Zudem kann nach Beendigung des Mietvertrags das wirtschaftliche Eigentum an den finanzierten Mieterein- und -umbauten auf die Klägerin übergehen, so dass auch insoweit ein eigenes betriebliches Interesse an der Kreditvergabe bestand. Durch die zweckentsprechende Verwendung der Darlehensmittel wurde auch der Wert der Betriebsgebäude und damit zugleich der im Betriebsvermögen der Klägerin befindlichen Anteile an der Betriebs-GmbH erhöht. Die Klägerin hatte daher ein eigenes betriebliches Interesse daran, dass die an die Betriebsgesellschaft verpachteten Hotelgebäude sich in einem guten baulichen Zustand befanden und damit auch ein Interesse an der bestimmungsgemäßen Verwendung der Kreditmittel. Da sich die GmbH-Anteile im Betriebsvermögen der Klägerin befanden, diente die bestimmungsgemäße Verwendung der Kreditmittel somit auch dem Betriebsvermögen der Klägerin. Dementsprechend hat der BFH unabhängig von der gewerbesteuerrechtlichen Problematik bereits im Urteil in BFHE 124, 533, BStBl II 1978, 378 entschieden, dass bei einer Betriebsaufspaltung die Darlehensforderung des Einzelunternehmers gegen die Betriebsgesellschaft zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehört, wenn das Darlehen dazu dient, die Vermögenslage und Ertragslage der Betriebsgesellschaft zu verbessern und damit den Wert der Beteiligung des Besitzunternehmens an der Betriebsgesellschaft zu erhalten oder zu erhöhen.
Die vermeintliche doppelte Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen beruht auf der von der Klägerin gewählten Konstruktion der Betriebsaufspaltung. Das Besitzunternehmen und die Betriebsgesellschaft sind zwar verbundene, aber gleichwohl rechtlich selbständige Unternehmen (u.a. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63, und BFH-Urteil vom 12. November 1985 VIII R 240/81, BFHE 145, 401, BStBl II 1986, 296). Die Klägerin hat Darlehen aufgenommen und hat ihrerseits der Z-GmbH Darlehen gewährt. Alle Darlehen sind selbständige Rechtsgeschäfte und auch gewerbesteuerrechtlich selbständig zu beurteilen. Der Abzug des für das jeweilige Darlehen entstandenen Zinsaufwands ist gewerbesteuerrechtlich gemäß § 8 Nr. 1 GewStG (partiell) durch Hinzurechnung wieder zu neutralisieren.
2. Aus dem Grundgedanken der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung kann kein anderes Ergebnis abgeleitet werden. Hintergrund der Hinzurechnung von Schuldzinsen ist die Gleichstellung von Erträgen aus eigen- und fremdfinanziertem Kapital. Diesem Ansatz liegt die auf der objektsteuerrechtlichen Natur der Gewerbesteuer fußende Vorstellung zugrunde, dass die Ertragskraft des Unternehmens finanzierungsunabhängig besteuert wird. Dementsprechend sollen Kosten der Fremdfinanzierung den Gewerbeertrag nicht beeinflussen, so dass abgezogene Zinsaufwendungen wieder hinzuzurechnen sind und damit im Ergebnis nicht abgezogen werden.
Andererseits sind die Zinserträge, die aus der Weitergabe des Darlehensbetrags resultieren, gewerbesteuerrechtlich zu erfassen. Diese Zinserträge werden im Ergebnis so behandelt, als ob sie auf der Hingabe von Eigenkapital beruhen; für eine (entsprechende) Anwendung des § 3c EStG ist daher kein Raum (vgl. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 23. Aufl., 2004, § 3c Rz. 18).
Auch eine Saldierung ist nicht geboten (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 1222). Wie der BFH mehrfach entschieden hat, kommt eine Verrechnung der Zinsaufwendungen nur in Betracht, wenn mit der empfangenen Leistung eine unmittelbare Verringerung der Zinslast beabsichtigt ist. So diente in dem Fall des BFH-Urteils in BFHE 82, 468, BStBl III 1965, 417 ein Zinsverbilligungszuschuss unmittelbar der Zinskostenminderung. Keinen Zinsbezug hatten die Erstattungen, wie sie in den den Entscheidungen in BFHE 119, 168, BStBl II 1976, 551 und vom 23. November 1983 I R 147/78 (BFHE 140, 102, BStBl II 1984, 217) zugrunde liegenden Fällen gewährt wurden.
Im Streitfall dienten die Zinszahlungen der Z-GmbH an die Klägerin nicht der Minderung des Zinsaufwandes, sondern waren das Entgelt für die der Z-GmbH zur Verfügung gestellten Darlehensbeträge.
Daher beruft sich die Klägerin ohne Erfolg auf das Urteil in BFHE 82, 468, BStBl III 1965, 417. In diesem Fall hatte ein Land für einen bestimmten Investitionskredit zweckgebundene Zinsverbilligungszuschüsse gewährt. Der BFH rechnete nur die restlichen, vom Gewerbetreibenden selbst aufgebrachten Zinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG dem Gewinn aus Gewerbebetrieb als Dauerschuldzinsen hinzu; die Zinsverbilligungszuschüsse hatten die unmittelbare Funktion, die Zinslast herabzusetzen. Das ist aber bei den von der Z-GmbH geleisteten Zinsen nicht der Fall.
Ende der Entscheidung
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