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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 26.02.1999
Aktenzeichen: XI R 66/97
Rechtsgebiete: BFHEntlG


Vorschriften:

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1
BUNDESFINANZHOF

Partnerschaftsgesellschaften sind vor dem BFH nicht vertretungsbefugt.

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1

Beschluß vom 26. Februar 1999 - XI R 66/97 -

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1998, 469)


Gründe

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Die vom erkennenden Senat zugelassene Revision wurde unter dem Briefkopf "X & Partner" eingelegt. Unterhalb des Briefkopfs stehen auf der rechten Seite des vorgedruckten Briefbogens die Namen der Partner "X, Steuerberater" und darunter "Y, Rechtsanwalt, Diplom-Finanzwirt". Die Partnerschaftsgesellschaft ist im Partnerschaftsregister eingetragen. Ein entsprechender Hinweis befindet sich am unteren Rand des Briefbogens.

In der Revisionsschrift wird als Prozeßbevollmächtigte "X & Partner" genannt. Der Einleitungssatz lautet: "Unter Hinweis auf die beigefügte Prozeßvollmacht erheben wir Revision ... ". Das Schreiben ist von X unterschrieben, mit dem darunter angebrachten Zusatz "Steuerberater". Die beigefügte Prozeßvollmacht lautet auf "X & Partner"; darunter steht "Y - Rechtsanwalt, X - Steuerberater". Im weiteren Text der Vollmacht wird einmal auf die Bevollmächtigten, dann aber wieder auf den Bevollmächtigten abgestellt.

Die Klägerin und Revisionsklägerin beantragt sinngemäß, die Revision als zulässig zu behandeln, das Urteil des FG aufzuheben und in der Sache zu entscheiden. Sie verweist auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. August 1991 I R 37/91 (BFHE 166, 100, BStBl II 1992, 282), nach dem auch die auf dem Briefbogen einer Wirtschaftsprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft eingelegte Revision zulässig sein kann.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, da die Partnerschaftsgesellschaft nicht nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vertretungsbefugt sei, hilfsweise, sie als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unzulässig (§ 126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Nach Art. 1 Nr. 1 Satz 1 BFHEntlG vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 26. November 1996 (BGBl I 1996, 1810, BStBl I 1996, 1522) muß sich vor dem BFH, wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil hervorgeht, jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt. Dies gilt auch für die Einlegung der Revision (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Danach sind nur natürliche Personen mit den entsprechenden Qualifikationsmerkmalen als Prozeßbevollmächtigte vor dem BFH zugelassen (BFH-Beschluß vom 10. Januar 1989 V B 158/88, BFH/NV 1990, 792, m.w.N.). Fehlt es an der ordnungsmäßigen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozeßhandlung --hier die Revision-- unwirksam (Beschluß vom 1. Dezember 1994 VII R 61/94, BFH/NV 1995, 426).

1. Die Partnerschaftsgesellschaft (im folgenden Partnerschaft) ist vor dem BFH nicht vertretungsbefugt.

a) Die Partnerschaft ist eine Personengesellschaft (§ 1 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes --PartGG--), die --im Gegensatz zu einer Sozietät in der Rechtsform einer GbR-- voll namensrechts-, grundbuch- und parteifähig ist (vgl. § 2 PartGG bzw. § 7 Abs. 2 PartGG i.V.m. § 124 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches --HGB--) und in deren Vermögen vollstreckt werden kann (§ 7 Abs. 2 PartGG i.V.m. § 124 Abs. 2 HGB). Sie ist damit der juristischen Person weitgehend angenähert (BTDrucks 12/6152, S. 8 l. Spalte, sowie S. 16; Bösert, Braun, Jochem, Leitfaden zur Partnerschaftsgesellschaft, 1996, S. 12 ff.; Lenz in Meilicke, Graf von Westphalen, Hoffmann, Lenz, Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, 1995, § 1 Rn. 19). Als "Schwesterfigur" zur OHG (BTDrucks 12/6152, S. 8 l. Spalte, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 5, 3. Aufl. 1997, § 1 PartGG Rn. 8) ist für sie ein eigenständiges Register beim Amtsgericht eingerichtet worden (§§ 4, 5 PartGG).

b) Da die Partnerschaft unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie vor Gericht klagen und verklagt werden kann, muß zwischen dem Auftreten der Gesellschaft, vertreten durch einen oder mehrere Partner und dem Auftreten der Partner im eigenen Namen unterschieden werden. Es gelten insoweit dieselben Rechtsgrundsätze wie für Steuerberatungsgesellschaften in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft (vgl. BFH-Entscheidungen vom 29. April 1981 I R 24/81, BFHE 133, 338, BStBl II 1981, 651, sowie vom 26. April 1989 I B 60/88, BFHE 157, 17, BStBl II 1989, 701) oder einer Kapitalgesellschaft (vgl. BFH-Beschluß vom 12. November 1976 III R 14-15/76, BFHE 120, 335, BStBl II 1977, 121, bestätigt durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 7. August 1978 2 BvR 26/77, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1978, 420; ferner BFH-Beschlüsse vom 23. November 1978 V B 21/77, BFHE 126, 270, BStBl II 1979, 99, und vom 2. August 1979 V R 58/76, BFHE 128, 342, BStBl II 1979, 699; ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluß vom 1. April 1996 X B 19/96, BFH/NV 1996, 701). Nur wenn die Partner im eigenen Namen auftreten, was nach § 6 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 112 HGB einer entsprechenden Einwilligung der anderen Partner bedarf (Meilicke, a.a.O., § 6 Rn. 10 f., 52, 59 ff.), können sie --die Zulassung als Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vorausgesetzt-- vor dem BFH wirksam als Prozeßbevollmächtigte handeln. Treten sie dagegen als Vertreter der Partnerschaft auf, so handeln sie im Namen einer im Revisionsverfahren nicht vertretungsberechtigten Person, denn die Partnerschaft ist im BFHEntlG --wie auch GmbH, KG und OHG-- nicht aufgeführt (BFH in BFHE 133, 338, BStBl II 1981, 651, und in BFHE 157, 17, BStBl II 1989, 701). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Partnerschaft nach § 49 Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt und damit nach § 3 Nr. 1 StBerG zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juli 1998 VII R 154/97, BStBl II 1998, 692).

Ob die Partner im Namen der Partnerschaft oder im eigenen Namen auftreten, müssen sie bis zum Ablauf der Revisionsfrist in der für Prozeßhandlungen erforderlichen Deutlichkeit erklären (vgl. BFH in BFHE 157, 17, BStBl II 1989, 701).

2. Im Streitfall ist die Revision von der im Partnerschaftsregister eingetragenen Partnerschaftsgesellschaft "X & Partner" eingelegt worden und nicht von einem Steuerberater als natürlicher Person.

a) Dafür spricht bereits der Briefkopf des Revisionsschreibens. Außerdem ist in dem Schreiben --wie auch in der vorgelegten Vollmacht-- als Prozeßbevollmächtigte ausdrücklich die Partnerschaft genannt. In der vorangegangenen Nichtzulassungsbeschwerde war demgegenüber Steuerberater X --entsprechend der damaligen Vollmacht-- der Prozeßbevollmächtigte. Schließlich wurde die Revision in der "Wir"-Form eingelegt, während die seinerzeit eingelegte Beschwerde in der "Ich"-Form formuliert war. Aus diesen Umständen ergibt sich, daß die Partnerschaft das Rechtsmittel eingelegt hat (vgl. BFH-Beschluß vom 25. September 1992 VIII B 57/92, BFH/NV 1993, 187), nicht Steuerberater X als natürliche Person (vgl. BFH-Beschluß vom 12. Mai 1998 VII R 110/97, BFH/NV 1998, 1458).

b) Eine andere Auslegung ist auch nicht etwa deshalb möglich, weil die Unterschrift des Steuerberaters X unter dem Schreiben keinen Zusatz trägt, der auf ein Handeln für die Partnerschaft hindeutet. Denn X ist Partner der Gesellschaft und nach § 7 Abs. 3 PartGG für diese vertretungsbefugt, er ist Organ der Partnerschaft entsprechend dem gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person (Meilicke, a.a.O., § 7 Rn. 23). Es ist im Interesse der Rechtsklarheit davon auszugehen, daß eine Erklärung, die auf dem Briefbogen einer Partnerschaft von deren vertretungsbefugtem Partner abgegeben wird, mangels irgendwelcher Einschränkungen als Erklärung der Partnerschaft zu verstehen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. Juni 1986 VIII B 57/85, BFH/NV 1986, 756, und vom 2. April 1998 III R 47/97, BFH/NV 1998, 1512).

c) Die Erklärung der Partnerschaft kann auch nicht in eine solche des Steuerberaters X umgedeutet werden. Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, daß der Rechtsmittelführer das Rechtsmittel einlegen will, das zu dem erkennbar von ihm erstrebten Erfolg führt (Beschluß vom 23. November 1978 I R 56/76, BFHE 126, 366, BStBl II 1979, 173, m.w.N.). Unter diesem Gesichtspunkt können prozessuale Erklärungen in Rechtsmittelerklärungen umgedeutet werden. Dabei ist jedoch nur der Inhalt der Erklärung der Umdeutung fähig, nicht auch die Person des Erklärenden (BFH-Beschluß in BFHE 157, 17, BStBl II 1989, 701).

3. a) Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zu dem BFH-Urteil in BFHE 166, 100, BStBl II 1992, 282; denn diesem lag ein in entscheidenden Punkten abweichender Sachverhalt zugrunde. In der dortigen Revisionsschrift waren nicht die Gesellschaft, sondern die das Schreiben unterzeichnenden H und G --die ihrerseits nicht Vorstandsmitglieder der Gesellschaft waren-- als Prozeßbevollmächtigte bezeichnet. Dementsprechend bezog sich die "Wir"-Form des Schriftsatzes auf H und G und nicht auf die Gesellschaft.

b) Das Auftreten des Steuerberaters X unter dem Namen der Partnerschaft kann auch nicht, wie im Falle des BFH-Beschlusses vom 26. April 1989 I B 90/88 (BFHE 156, 397, BStBl II 1989, 599), als Handeln im eigenen Namen und zugleich in Vertretung der übrigen Partner verstanden und diesen zugerechnet werden. Zwar ist die Sozietät in der Rechtsform einer GbR, zu der der BFH-Beschluß ergangen ist, nicht vor dem BFH vertretungsbefugt. Da sie als solche keine Steuerberatung betreiben darf, sprechen aber beim Auftreten eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts die äußeren Umstände dafür, daß sein Handeln als ein solches im eigenen Namen und zugleich in Vertretung der übrigen Sozien zu verstehen ist. Demgegenüber ist Partnerschaften ausdrücklich durch Art. 7 des Gesetzes zur Schaffung von Partnerschaftsgesellschaften und zur Änderung anderer Gesetze vom 25. Juli 1994 (BGBl I 1994, 1744) der Weg eröffnet worden, als Steuerberatungsgesellschaften nach § 49 Abs. 1 StBerG anerkannt zu werden.

4. Der Senat verkennt nicht, daß sich aufgrund der unterschiedlichen Behandlung von Partnerschaften und Sozietäten im Hinblick auf Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG für Partnerschaften Nachteile ergeben, obwohl es die Absicht des Gesetzgebers war, den Handlungsspielraum bei Zusammenschlüssen von Angehörigen der Freien Berufe durch die Partnerschaft zu erweitern. Als Alternative zu der bisher von Freiberuflern hauptsächlich in Anspruch genommenen GbR als Organisationsform sollte mit der Partnerschaftsgesellschaft ein optimal auf die spezifischen Bedürfnisse der Freien Berufe zugeschnittener rechtsfähiger, nicht der Körperschaftsteuer unterliegender Unternehmensträger geschaffen werden, der weitgehend der juristischen Person angenähert ist (vgl. BTDrucks 12/6152, S. 7, rechte Spalte; BTDrucks 12/7642, S. 11, rechte Spalte). Die danach vom Gesetzgeber hinsichtlich der Selbständigkeit und Rechtsfähigkeit normierten Unterschiede zwischen GbR und Partnerschaft führen allerdings zu einer unterschiedlichen Behandlung der Sozien einer Sozietät und der Partner einer Partnerschaft in bezug auf die Vertretungsbefugnis vor dem BFH, wenn sie unter dem Namen ihrer Gesellschaft auftreten. Die Gleichbehandlung ist nach der derzeitigen Rechtslage jedoch nicht möglich.

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