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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 02.02.2000
Aktenzeichen: XI R 8/99
Rechtsgebiete: GewStG, FGO


Vorschriften:

GewStG § 2 Abs. 1
FGO § 126 Abs. 3 Nr. 2
FGO § 143 Abs. 2
FGO § 121
FGO § 90a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb bis zum 31. Dezember 1989 ein Gewerbe in der Form eines Einzelunternehmens. Zum 1. Januar 1990 gründete er eine GmbH, an der er zu 95 % beteiligt war und deren Geschäftsführer er wurde. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) "verpachtete" er zugleich Wirtschaftsgüter seiner Einzelfirma an die GmbH. Außerdem vermietete er der GmbH ein im Jahr 1989 erworbenes, bislang noch nicht betrieblich genutztes Einfamilienhaus als "Verwaltungsgebäude".

Der Kläger gab für das Streitjahr 1992 --ebenso wie in den Vorjahren-- eine Gewerbesteuererklärung ab, in der er die Einkünfte aus der "Verpachtung" der Wirtschaftsgüter des früheren Einzelunternehmens als gewerbliche erklärte. Die Einnahmen aus der Vermietung des Gebäudes erfasste er nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrages.

Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) nicht, sondern rechnete dem Gewinn aus der "Verpachtung" des Einzelunternehmens auch die Einkünfte aus der Vermietung des Gebäudes hinzu. Dies begründete er damit, dass das Grundstück wegen der bestehenden Betriebsaufspaltung zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehöre, und zwar selbst dann, wenn es nicht wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebsunternehmens sei.

Auf die Klage des Klägers, mit der dieser eine Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 1992 auf 0 DM begehrt hatte, hob das FG den Gewerbesteuermessbetragsbescheid mit der Begründung auf, das Gebäude sei mangels besonderer Herrichtung, Gestaltung, Lage oder Ausstattung keine wesentliche Betriebsgrundlage für das von der GmbH betriebene Unternehmen (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1999, 304).

Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung des § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), insbesondere Nichtbeachtung der Rechtsgrundsätze zur Betriebsaufspaltung und beantragt, die Klage unter Aufhebung des Urteils des FG abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben. Die Sache ist gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an das FG zurückzuverweisen.

Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Verpachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen des Einzelunternehmens an die GmbH in jedem Fall eine nicht gewerbesteuerpflichtige "Betriebsverpachtung" sei.

1. Verpachtet der Inhaber eines Betriebes sein Unternehmen, so sind die hieraus erzielten Einkünfte zwar im Regelfall als Einkünfte aus "Betriebsverpachtung" nicht gewerbesteuerpflichtig. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung aber nicht, wenn zugleich eine Betriebsaufspaltung vorliegt.

a) Besteht zwischen dem Verpächter (Besitzunternehmen) und dem Pächter (Betriebsunternehmen) wie im Streitfall eine personelle Verflechtung, so liegt eine Betriebsaufspaltung vor, wenn das Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft zumindest eine wesentliche Betriebsgrundlage überlässt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Januar 1998 IV R 8/97, BFHE 185, 500, BStBl II 1998, 478; vom 27. August 1997 I R 76/96, BFH/NV 1998, 742; vom 6. März 1997 XI R 2/96, BFHE 183, 85, BStBl II 1997, 460, jeweils m.w.N.). Eine solche wesentliche Betriebsgrundlage ist in der Rechtsprechung seit jeher angenommen worden, wenn im Rahmen einer echten Betriebsaufspaltung die Besitzgesellschaft ihren ganzen Gewerbebetrieb an die Betriebsgesellschaft verpachtet (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. Juni 1993 VIII R 57/92, BFH/NV 1994, 162, m.w.N.; vom 10. Juli 1996 I R 132/94, BFHE 181, 337, BStBl II 1997, 226). Sollte daher, was das FG für möglich gehalten hat, der Betrieb des Klägers an die GmbH verpachtet worden sein, so wären die hieraus erzielten Gewinne gewerbesteuerpflichtig.

Dem steht die Rechtsprechung des BFH, wonach die Verpachtung eines Gewerbebetriebs im Ganzen regelmäßig zum Erlöschen der Gewerbesteuerpflicht des Verpächters führt, nicht entgegen (Urteil des Großen Senats des BFH vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; BFH-Urteil vom 18. Juni 1998 IV R 56/97, BFHE 186, 356, BStBl II 1998, 735). Denn diese Rechtsprechung gilt gerade nicht, wenn die Verpachtung die Merkmale einer (echten oder unechten) Betriebsaufspaltung erfüllt (Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 4. Aufl., § 2 Rdnr. 217). In dem vom FG in Bezug genommenen Fall (BFH-Urteil vom 27. Februar 1985 I R 235/80, BFHE 143, 436, BStBl II 1985, 456) lag keine Betriebsaufspaltung vor.

b) Sollte der Kläger der GmbH nicht seinen gesamten früheren Betrieb, sondern nur einzelne Wirtschaftsgüter "verpachtet" haben, so kann eine Betriebsaufspaltung auch dann vorliegen, wenn (zumindest) ein der GmbH überlassenes Wirtschaftsgut wesentliche Betriebsgrundlage der GmbH ist. Dies muss nicht notwendigerweise das streitige Grundstück sein. Auch bewegliche oder immaterielle Wirtschaftsgüter vermögen eine Betriebsaufspaltung zu begründen (vgl. BFH-Urteil vom 23. September 1998 XI R 72/97, BFHE 187, 36, BStBl II 1999, 281, m.w.N.).

2. Sollten die vom Kläger der GmbH überlassenen "wesentlichen Grundlagen des Einzelunternehmens" (s. FG-Urteil S. 8) wesentliche Betriebsgrundlagen der GmbH geworden sein, so läge danach eine Betriebsaufspaltung vor, ohne dass es noch darauf ankäme, ob das der GmbH zusätzlich überlassene Wohngebäude wesentliche Betriebsgrundlage für die GmbH im Sinne der Rechtsprechung gewesen ist. Führte nämlich bereits die Verpachtung des Gewerbebetriebs oder einzelner dem früheren Einzelunternehmen dienenden Wirtschaftsgüter an die GmbH zu einer (echten) Betriebsaufspaltung, so können auch andere, nicht wesentliche Betriebsgrundlagen des Betriebsunternehmens zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens gehören mit der Folge, dass die durch ihren Einsatz erzielten Einnahmen zum Gewerbeertrag des Besitzunternehmens gehören. Dies ist zu bejahen, wenn die überlassenen Wirtschaftsgüter zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb des Betriebsunternehmens bestimmt sind (vgl. BFH in BFHE 187, 36, BStBl II 1999, 281; BFH-Urteile vom 23. Januar 1991 X R 47/87, BFHE 163, 460, BStBl II 1991, 405; vom 17. November 1992 VIII R 36/91, BFHE 169, 389, BStBl II 1993, 233). Das wäre bei der Vermietung des von der GmbH als Verwaltungsgebäude genutzten Hausgrundstücks der Fall.

3. Die Sache ist an das FG zur weiteren Sachaufklärung zurückzuverweisen. Das FG wird nunmehr klären müssen, ob der Kläger der GmbH sein früheres Einzelunternehmen als Ganzes verpachtete oder zumindest ein Wirtschaftsgut des Einzelunternehmens vermietete, das für die GmbH zur wesentlichen Betriebsgrundlage wurde. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre der Klage stattzugeben. Das FG hat die vom BFH zur Betriebsaufspaltung aufgestellten Grundsätze zur Abgrenzung wesentlicher und nicht wesentlicher Betriebsgrundlagen der Betriebsgesellschaft auf das Verwaltungsgebäude zutreffend angewendet (vgl. BFH-Urteil vom 2. April 1997 X R 21/93, BFHE 183, 100, BStBl II 1997, 565, m.w.N.).

Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. Der Senat entscheidet durch Gerichtsbescheid (§§ 121, 90a FGO).

Ende der Entscheidung

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