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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.08.1999
Aktenzeichen: XI R 81/97
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, GKG
Vorschriften:
AO 1977 § 165 | |
FGO § 119 Nr. 1 | |
FGO § 119 Nr. 6 | |
FGO § 74 | |
FGO § 124 | |
FGO § 126 Abs. 1 Nr. 1 | |
FGO § 126 Abs. 1 Nr. 5 | |
FGO § 113 Abs. 2 | |
FGO § 105 Abs. 2 Nr. 2 | |
FGO § 135 Abs. 2 | |
GKG § 21g Abs. 2 | |
GKG § 8 |
Gründe
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezog im Jahr 1991 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) führte die Veranlagung zur Einkommensteuer entsprechend der eingereichten Erklärung durch. Der Bescheid vom 15. Dezember 1992 erging im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden bzw. andere gerichtliche Verfahren u.a. hinsichtlich des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen und der Höhe der zumutbaren Belastung bei den außergewöhnlichen Belastungen vorläufig nach § 165 der Abgabenordnung (AO 1977). Den Einspruch gegen diesen Bescheid verwarf das FA wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Eine Aufhebung der Einspruchsentscheidung und die Zurückverweisung an das FA komme nicht in Betracht. Das FA habe ohne Ermessensverstoß den Bescheid für vorläufig erklärt. Im übrigen habe das FA den Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen, weil dem Kläger wegen der Vorläufigkeit der Steuerfestsetzungen das Rechtsschutzinteresse fehle.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung von Bundesrecht, insbesondere der Art. 101 und 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sowie der § 119 Nr. 1 und 6, § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO); er trägt im wesentlichen vor:
1. Die Sache sei ohne Namensnennung und ohne Gewährung rechtlichen Gehörs auf den Einzelrichter übertragen worden. Die Vorschrift des § 6 FGO sei verfassungsrechtlich bedenklich. Bei der Bestimmung des zuständigen Richters dürfe kein Ermessen eingeräumt werden. Unter Berücksichtigung dieser Bedenken sei das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) I R 70/94 begnüge sich unter Bezugnahme auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- (Vorprüfungsausschuß) vom 22. September 1983 2 BvR 1475/83 (Neue Juristische Wochenschrift 1984, 559) mit der lapidaren Feststellung, daß § 6 FGO verfassungsgemäß sei.
2. Die Entscheidungsgründe enthielten keine Ausführungen zur Beauftragung eines Einzelrichters; die Entscheidung verstoße daher gegen § 119 Nr. 6 FGO.
3. Vorsorglich werde die Besetzung des entscheidenden BFH-Senats gerügt; der senatsinterne Mitwirkungsplan entspreche nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen; das Verfahren sei bis zur Entscheidung des BVerfG über die Art. 101 GG i.V.m. § 21g Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes betreffenden Verfassungsbeschwerden auszusetzen.
4. Wegen der fehlerhaften Sachbehandlung dürften nach § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) keine Kosten erhoben werden.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist gemäß §§ 124, 126 Abs. 1 FGO durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen. Die Revision ist nicht zugelassen worden. Der Fall einer zulassungsfreien Revision, insbesondere nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 und 5 FGO, ist nicht gegeben.
1. Aus den vorgetragenen Tatsachen läßt sich die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts nicht herleiten. Das FG war gemäß § 6 Abs. 1 FGO berechtigt, den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung zu übertragen. Die Regelung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (BFH-Beschlüsse vom 10. September 1996 IV R 51/94, BFH/NV 1997, 242; vom 27. März 1998 X B 161/96, BFH/NV 1998, 1487, und X R 105/96, BFH/NV 1998, 1488, m.w.N.; Buciek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 6 FGO Rz. 14 ff.).
Unabhängig von der Frage, ob eine vorherige Anhörung der Beteiligten, die in § 6 Abs. 1 FGO --im Unterschied zu § 6 Abs. 3 FGO-- nicht vorgesehen ist, geboten ist (vgl. dazu Urteil des FG Baden-Württemberg vom 16. Oktober 1997 10 K 130/97, Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 124, Revision IX R 94/97; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 6 FGO Tz. 9; Buciek, a.a.O., Rz. 27 f.), könnte ihre Unterlassung nicht die zulassungsfreie Revision gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO eröffnen (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1998, 1488, m.w.N.).
Die namentliche Benennung des Einzelrichters ist nicht notwendig (vgl. BFH-Beschluß vom 16. Dezember 1997 IX R 22/95, BFH/NV 1998, 720; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, § 6 Rz. 7). Die Beteiligten können den Namen des zuständigen Richters jederzeit aus dem senatsinternen Mitwirkungsplan in Erfahrung bringen. Der Kläger hat nicht dargetan, daß die Übertragung nicht dem maßgeblichen Mitwirkungsplan entsprochen habe und "greifbar gesetzeswidrig" gewesen sei.
2. Mängel der Begründung der Entscheidung i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 und des § 119 Nr. 6 FGO sind nicht erkennbar. Ausführungen zur Übertragung auf den Einzelrichter sind nicht notwendiger Teil des Urteils, sondern Gegenstand des Übertragungsbeschlusses, der --da unanfechtbar (§ 6 Abs. 4 Satz 1 FGO)-- nicht begründet zu werden braucht (§ 113 Abs. 2 FGO). Die mitwirkenden Richter ergeben sich nach § 105 Abs. 2 Nr. 2 FGO aus der Bezeichnung des Gerichts und den Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben.
3. Die Besetzung des entscheidenden Senats ist nicht zu beanstanden. Sie folgt aus dem Geschäftsverteilungsplan des BFH für 1999 in Verbindung mit dem senatsinternen Mitwirkungsplan für 1999 vom 11. Dezember 1998. Die Besetzung entspricht den Vorgaben, wie sie in dem Beschluß des BVerfG vom 8. April 1997 1 PBvU 1/95 (BVerfGE 95, 322, BStBl II 1997, 672) für erforderlich gehalten werden.
4. Durch die vorgenannte Entscheidung des BVerfG ist der Antrag nach § 74 FGO gegenstandslos geworden.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Gründe, von der Erhebung von Kosten gemäß § 8 GKG abzusehen, sind nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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