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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 12.06.2002
Aktenzeichen: XI R 96/97
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977, EStR 1990
Vorschriften:
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 4 | |
AO 1977 § 163 | |
EStR 1990 Abschn. 101 Abs. 2 |
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe des Abzugs von Kirchenbeiträgen. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 1991 erbrachten sie als Mitglieder der ....., einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, freiwillige Zahlungen an diese Religionsgemeinschaft in Höhe von insgesamt 9 000 DM. In der Einkommensteuererklärung beantragten die Kläger, von diesen Zahlungen einen Betrag von 2 783 DM (= 9 % der im Lohnsteuer-Abzugsverfahren einbehaltenen Lohnsteuer in Höhe von 31 813,67 DM abzüglich der Kinderermäßigung von 900 DM nach § 51a des Einkommensteuergesetzes --EStG--) wie gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgabe abzuziehen. Für den übersteigenden Betrag von 6 217 DM beantragten sie den Sonderausgabenabzug nach § 10b EStG als Spende.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 1991 lediglich einen Betrag von 254 DM wie gezahlte Kirchensteuer als Sonderausgaben; die entsprechende Erhöhung des Spendenabzugs wirkte sich wegen der Begrenzung nach § 10b Abs. 1 EStG nicht aus. Auf die Beschwerde der Kläger hin erhöhte die Oberfinanzdirektion (OFD) im Beschwerdebescheid den wie Kirchensteuer zu berücksichtigenden Sonderausgabenabzug auf 1 151 DM. Diesen Betrag ermittelte die OFD wie folgt:
Einbehaltene Lohnsteuer | 31 813,67 DM |
./. Einkommensteuer-Erstattung für 1991 | 18 905,00 DM |
./. Einkommensteuer-Erstattung für 1990 | 560,00 DM |
12 348,67 DM | |
./. Kinderermäßigung | 900,00 DM |
11 448,67 DM | |
davon 9 % | 1 030,38 DM |
zuzüglich Ortsgeld | 120,00 DM |
1 150,38 DM | |
gerundet | 1 151,00 DM |
Die gegen den Beschwerdebescheid eingelegte Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) folgte der Auffassung der OFD, dass bei der Berechnung der wie Kirchensteuer im Billigkeitswege zu berücksichtigenden Kirchenbeiträge fiktive Einkommensteuererstattungen berücksichtigt werden müssten.
Mit der Revision machen die Kläger geltend: Sinn und Zweck der Billigkeitsregelung in Abschn. 101 Abs. 2 (bzw. jetzt R 101) der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) sei es, die Mitglieder der Freikirchen im Rahmen des Sonderausgabenabzugs den Mitgliedern der kirchensteuererhebenden Kirchen gleichzustellen. Dies schließe eine Kürzung um fiktive Erstattungen aus. Für den Sonderausgabenabzug sei die wirtschaftliche Belastung eines Steuerpflichtigen maßgebend. Deshalb seien auch gezahlte Kirchensteuern nur um erhaltene Kirchensteuererstattungen zu kürzen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und bei der Einkommensteuerveranlagung 1991 einen Betrag von 2 783 DM wie Kirchensteuer als Sonderausgabe zu berücksichtigen.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Wenn die gezahlten Kirchenbeiträge nicht mehr aufgrund späterer Steuererstattungen korrigiert werden dürften, würde dies zu einer Besserstellung derjenigen führen, die nicht einer kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft angehören. Die Billigkeitsmaßnahme in Abschn. 101 EStR würde dann ins Gegenteil verkehrt.
Während des Revisionsverfahrens hat das FA mit Änderungsbescheid vom 20. Mai 1998 die Einkommensteuer 1991 der Kläger auf 8 600 DM festgesetzt, wobei Kirchenbeiträge in Höhe von 1 151 DM beim Sonderausgabenabzug berücksichtigt sind. Den geänderten Bescheid haben die Kläger zum Gegenstand des Revisionsverfahrens gemacht.
II.
1. Die Revision ist unbegründet; sie ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Einen höheren als den vom FG gewährten Sonderausgabenabzug für die wie Kirchensteuer zu berücksichtigenden Kirchenbeiträge können die Kläger nicht erreichen.
Wie der erkennende Senat im Urteil vom 10. Oktober 2001 XI R 52/00 (BFHE 196, 572, BStBl II 2002, 201) dargelegt hat, sieht er in der Regelung R 101 Abs. 1 EStR (vor 1993 Abschn. 101 Abs. 2 EStR) --insbesondere unter dem Gesichtspunkt der steuerlichen Gleichbehandlung-- eine Ermessensreduzierung auf Null, soweit es um die Frage geht, ob die Einkommensteuer nach § 163 Satz 1 1. Alternative der Abgabenordnung (AO 1977) aus Billigkeitsgründen niedriger festzusetzen ist. Bei Vorliegen der Voraussetzungen der Anweisung Abschn. 101 Abs. 2 EStR bzw. R 101 Abs. 1 EStR muss deshalb eine Billigkeitsmaßnahme zwingend vorgenommen werden.
Gemäß Abschn. 101 Abs. 2 Satz 3 EStR 1990 ist der Abzug von Kirchenbeiträgen bis zur Höhe der in dem jeweiligen Bundesland erhobenen Kirchensteuer --unter Berücksichtigung der Kinderermäßigung-- zulässig. Da Kirchenbeiträge im Unterschied zur Kirchensteuer nicht festgesetzt werden, gilt für ihren Abzug ausschließlich das Zahlungsprinzip; maßgeblich sind somit die tatsächlich gezahlten Kirchenbeiträge (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs in BFHE 196, 572, BStBl II 2002, 201). Dabei ist die steuerliche Berücksichtigung der insgesamt gezahlten Beiträge im Streitfall begrenzt auf 9 % der für das Veranlagungsjahr endgültig festgesetzten Einkommensteuer. Denn im Gegensatz zur Kirchensteuer kann mangels Erstattungsverfahrens beim Sonderausgabenabzug von Kirchenbeiträgen nicht auf die im Kalenderjahr gezahlte Einkommensteuer abgestellt werden.
Nachdem die Einkommensteuer der Kläger auf 8 600 DM festgesetzt worden ist, OFD und FG bei ihrer Berechnung der abziehbaren Kirchenbeiträge aber einen Steuerbetrag von 12 348,67 DM zugrunde gelegt haben, ist den Klägern bereits ein höherer Sonderausgabenabzug als 9 % von 8 600 DM gewährt worden. Eine Änderung des angefochtenen Bescheids zuungunsten der Kläger kommt im Revisionsverfahren jedoch nicht in Betracht.
Ende der Entscheidung
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