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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 21.08.2001
Aktenzeichen: 1 StR 177/01
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 177 Abs. 1 Nr. 1 | |
StGB § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom
21. August 2001
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. August 2001, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof Nack, Dr. Wahl, Schluckebier, Schaal,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 1. Dezember 2000 wird verworfen.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten durch dieses Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei Fällen, davon in einem Falle in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen, wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in vier Fällen sowie wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt; von weiteren Vorwürfen hat es ihn freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten Revision dagegen, daß der Angeklagte im Falle II. 7. der Urteilsgründe lediglich wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Schutzbefohlenen verurteilt worden ist. Sie erstrebt in diesem Falle anstatt des Schuldspruchs wegen sexueller Nötigung einen solchen wegen Vergewaltigung und rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Darauf hat sie die Revision wirksam beschränkt. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
I.
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen mißbrauchte der Angeklagte seine am 20. Juni 1983 geborene Tochter S. , die bei ihm lebte, zwischen Oktober 1996 und Mai 2000 mehrfach sexuell. In dem hier noch in Rede stehenden Fall (Fall II. 7. der Urteilsgründe) schlug der Angeklagte auf seine Tochter in der Absicht ein, mit ihr den Analverkehr zu vollziehen. Er versuchte, mit seinem Penis in ihren After einzudringen, was ihm aufgrund der Gegenwehr des Mädchens jedoch nicht gelang. S. erlitt erhebliche Schmerzen, die drei bis vier Tage andauerten. Bis zum dritten Tag nach dem Vorfall hatte sie Blutungen und keinen Stuhlgang.
Die Strafkammer vermochte sich in diesem Falle (Fall II. 7.) nicht davon zu überzeugen, daß der Angeklagte mit seinem Penis in den After der Geschädigten eingedrungen war. Dementsprechend hat sie ihn insoweit lediglich wegen sexueller Nötigung (§ 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und nicht wegen Vergewaltigung (§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB) verurteilt.
II.
Die Revision beanstandet die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Falle II. 7. im Ergebnis ohne Erfolg. Sie meint, diese leide unter einem durchgreifenden Erörterungsmangel. Der Generalbundesanwalt ist zudem der Auffassung, die Würdigung lasse weiter besorgen, daß die Strafkammer an ihre Überzeugungsbildung überspannte Anforderungen gestellt habe. Die Beschwerdeführerin stützt sich darauf, daß die Strafkammer bei der Erörterung der Glaubwürdigkeit der Geschädigten unter Verweis auf zahlreiche sog. Realitätskriterien ihrer Aussage ausgeführt hat, diese habe als Zeugin über typische Beschwerden nach einem Analverkehr berichtet. Sachverständig beraten hat die Kammer diese insbesondere im Ausbleiben des Stuhlgangs für mehrere Tage sowie in den Schmerzen und dem "Brennen" beim Wiedereinsetzen des Stuhlgangs gesehen (UA S. 11).
An anderer Stelle der Beweiswürdigung hat die Strafkammer dann indessen weiter hervorgehoben, das Beschwerdebild und die Ausführungen des Sachverständigen sprächen zwar für ein Eindringen des Penis' des Angeklagten in den After der Geschädigten. Da diese sich aber in der Hauptverhandlung nicht "ausreichend sicher" gewesen sei, ob "er drin" gewesen sei, gehe die Kammer aufgrund des Zweifelssatzes davon aus, daß der Angeklagte mit seinem Penis nicht in den After der Geschädigten eingedrungen gewesen sei (UA S. 18).
Der Revision ist einzuräumen, daß es bei dieser Beweislage nahegelegen hätte, sich damit auseinanderzusetzen, ob die von der Geschädigten geschilderten typischen Beschwerden eines Analverkehrs auch dann vorliegen konnten, wenn es nicht zu einer Penetration gekommen war. Der Senat sieht darin gleichwohl im Blick auf den Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe keine zur Aufhebung der Verurteilung zwingende Beweiswürdigungslücke. Die Strafkammer hat in den Gründen des Urteils gerade an der Stelle, an der sie sich aufgrund der fehlenden Sicherheit der Geschädigten bei der Beantwortung der Frage einer Penetration auf den Zweifelssatz zurückgezogen hat, ausdrücklich noch einmal das Beschwerdebild als gegenläufiges Beweisanzeichen erwähnt; sie ist also nicht darüber hinweggegangen. Die sachverständig beratene Kammer war - wie der Senat dem Zusammenhang der Gründe entnimmt - ersichtlich der Auffassung, daß die geschilderten Beschwerden auch die Folge von Manipulationen des Angeklagten unterhalb der Schwelle des Eindringens in den After sein konnten. Der Senat sieht daher keinen Grund, die Beweiswürdigung, die grundsätzlich allein Sache des Tatrichters ist, von Rechts wegen zu beanstanden.
Ende der Entscheidung
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