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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.07.2002
Aktenzeichen: 1 StR 177/02
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 52
StPO § 100 c
StPO § 100 h
StPO § 100 a
StPO § 60 Nr. 2
StPO § 97 Abs. 1 Nr. 1
StPO § 100 d Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 177/02

vom

9. Juli 2002

in der Strafsache

gegen

wegen Mordes u. a.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juli 2002 beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20. November 2001 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

1. Auch wenn die Vereidigung der Zeugin L. deshalb erfolgte, weil die Verteidigung hierauf nicht verzichtet hat, macht die Verteidigung zu Recht geltend, daß die Zeugin nicht hätte vereidigt werden dürfen. Sie hatte nämlich eine versuchte Strafvereitelung (§§ 258, 22 StGB) zu Gunsten des Angeklagten begangen, da sie im Verlauf des Ermittlungsverfahrens falsche Angaben gemacht hat, um ihn zu decken. Dies führte zu einem Vereidigungsverbot gemäß § 60 Nr. 2 StPO (vgl. BGHR StPO § 60 Nr. 2 Strafvereitelung, versuchte 8; BGH NJW 1994, 1054, 1055 m. w. N.).

Es ist jedoch ausgeschlossen, daß das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht. Die Zeugin hat berichtet, der Angeklagte habe ihr am Morgen nach der Tat gesagt, er habe die Geschädigte getötet. Als Grund habe er angegeben, er habe bemerkt, daß ihn die Geschädigte bestohlen habe. Der Angeklagte selbst hat dies in der Hauptverhandlung im wesentlichen ebenso gesagt. Die Täterschaft des Angeklagten wird darüber hinaus durch zahlreiche objektive Beweismittel belegt (Blut der Geschädigten an den Stiefeln des Angeklagten, von ihm stammende DNA-Spuren an einem neben der Leiche liegenden Ohrstecker der Getöteten u. a.) und entspricht den Feststellungen, wonach der Angeklagte schon vor der Tat angekündigt hatte, die Geschädigte zu töten und dies nach der Tat nicht nur gegenüber der Zeugin L. , sondern auch anderweit eingeräumt hatte. Die Ausführungen der Strafkammer zu den Angaben der Zeugin L. und ihrer Glaubwürdigkeit zeigen, wie der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe deutlich ergibt, nur ein zusätzliches, bestätigendes Indiz auf, von dem die Überzeugungsbildung hinsichtlich der Täterschaft des Angeklagten nicht abhing (vgl. BGH, Beschluß vom 13. September 2001 - 1 StR 378/01; Urteil vom 16. Juli 1981 - 4 StR 336/81; Kuckein in KK 4. Aufl., § 337 Rdn. 38).

2. All dies gilt entsprechend auch für die Feststellung, daß der Angeklagte aus Habgier (§ 211 StGB) getötet hat.

Allerdings geht die Strafkammer davon aus, daß T. L. schon vor der Tat gegenüber dem Angeklagten erwähnt hatte, daß die Geschädigte wenige Wochen zuvor - gegen Geld - eine Scheinehe eingegangen war. Der Angeklagte hat bestritten, daß ihm T. L. dies gesagt hätte.

Der von der Revision behauptete, wenn auch nicht näher dargelegte Zusammenhang zwischen der Feststellung von Habgier und einer Äußerung von T. L. über eine Scheinehe der Geschädigten gegenüber dem Angeklagten ist nicht zu erkennen. Die Annahme von Habgier stützt sich vielmehr darauf, daß der Angeklagte am Tattag mit seinem Bruder telefoniert hat, daß er zu einer Frau fahre, ihr den Schädel einschlage und ihr Geld und Schmuck abnehme.

3. Die Feststellungen zum Inhalt dieses Telefongesprächs beruhen vielmehr - unter anderem - auf dem Inhalt von mehreren, von den Ermittlungsbehörden mit richterlicher Genehmigung abgehörten Telefongesprächen, die der Bruder des Angeklagten im Februar 2000 mit seiner Mutter, die zugleich Mutter des Angeklagten ist, geführt hatte. Am deutlichsten äußerte er sich in einem Gespräch vom 17. Februar 2000: Danach hat der Angeklagte ihm bei dem vor der Tat geführten Telefongespräch gesagt, er werde die Geschädigte "wegklatschen" und ihr dann Geld und Schmuck wegnehmen.

4. Die Revision meint, der Inhalt der abgehörten Telefongespräche hätte nicht verwertet werden dürfen, weil Mutter und Bruder in der Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht (§ 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO) Gebrauch gemacht haben. Dies trifft nicht zu, wie auch der Generalbundesanwalt im einzelnen und unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. auch BGH NStZ 1999, 416) dargelegt hat. Hiervon abzuweichen sieht der Senat auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens keinen Anlaß. Dies folgt aus der gesetzlichen Systematik: So erklärt etwa § 97 Abs. 1 Nr. 1 StPO schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und Personen, denen (unter anderem) nach § 52 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, für beschlagnahmefrei; § 100 d Abs. 3 Satz 3 StPO nennt im einzelnen die Voraussetzungen, unter denen Erkenntnisse aus einer Abhörmaßnahme gemäß § 100 c StPO verwertet werden dürfen, sofern ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 StPO inmitten steht. Der erst zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene § 100 h StPO (Anordnung der Telekommunikationsauskunft) sieht vor, daß ein Auskunftsverlangen unzulässig ist, soweit einem Gesprächsteilnehmer ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 4 zusteht. Ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 StPO ist dagegen nicht genannt. Unter diesen Umständen könnte sich eine Beschränkung der Verwertbarkeit von Erkenntnissen, die aus einer Maßnahme gemäß § 100 a StPO herrühren, im Hinblick auf ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 StPO - ebenso wie die Unzulässigkeit der Anordnung einer solchen Maßnahme - nur aus einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ergeben, die es jedoch nicht gibt.

5. Ebensowenig besteht ein Verwertungsverbot, soweit die Erkenntnisse erst nach der Festnahme des Angeklagten angefallen sind. Zwar konnte der Angeklagte danach den Anschluß nicht mehr nutzen. Deswegen müssen die Voraussetzungen des § 100 a StPO aber noch nicht weggefallen sein, denn auch ein anderer kann als Nachrichtenmittler den Anschluß nutzen (vgl. Nack in KK 4. Aufl. § 100 b Rdn. 5 m. w. N.). Da diese Voraussetzungen, wie der Generalbundesanwalt im einzelnen zutreffend ausgeführt hat, vorlagen, konnte der Anschluß weiter überwacht werden.

6. Auch im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts Bezug.

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