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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 16.09.2004
Aktenzeichen: 1 StR 212/04
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 264 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 StR 212/04

vom 16. September 2004

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. September 2004, an der teilgenommen haben:

Richter am Bundesgerichtshof Dr. Wahl als Vorsitzender, und die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Boetticher, Dr. Kolz, die Richterin am Bundesgerichtshof Elf, der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Graf,

Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 14. Januar 2004 aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist; in diesem Umfang wird das Verfahren eingestellt.

2. Im übrigen wird die Revision verworfen.

3. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt und ihn im übrigen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen richtet sich die nicht beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft. Sie rügt die Verletzung formellen sowie materiellen Rechts und beantragt, das Urteil insgesamt aufzuheben. Die vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Einstellung des Verfahrens, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist (§ 301 StPO), und bleibt auch im übrigen ohne Erfolg.

I.

1. Die zugelassene Anklage legte dem Angeklagten zur Last, von Anfang Januar 2003 bis Ende April 2003 von dem anderweitig verfolgten Ü. in einem Fall 2 bis 3 kg Marihuana und in sieben weiteren Fällen jeweils 3 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 5 bis 11 % THC zum Grammpreis von 3,25 € angekauft zu haben. Die Übergabe soll in den ersten beiden Fällen in der zur Wohnung des Angeklagten gehörenden Tiefgarage und in den übrigen sechs Fällen auf dem Parkplatz eines bestimmten Supermarktes in A. erfolgt sein. Das Rauschgift sei zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt gewesen.

2. Nach den Feststellungen des Landgerichts erhielt der Angeklagte im Zeitraum von September 2002 bis Februar 2003 dreimal jeweils 25 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 5 % THC zum Eigenkonsum von dem anderweitig verfolgten Ü. bei Besuchen in der Wohnung des Angeklagten. Beim ersten und dritten Mal überließ Ü. dem Angeklagten jeweils eine Zigarettenschachtel, gefüllt mit Marihuana, und stundete ihm die Bezahlung, bis der Angeklagte wieder Arbeit hätte und über mehr Geld verfügen würde. Im zweiten Fall handelte es sich um ein Geschenk zum 30. Geburtstag des Angeklagten, das in einer Plastiktüte verpackt war.

II.

Wie auch vom Generalbundesanwalt beantragt, war das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist. Es fehlt hier an der Prozeßvoraussetzung einer Anklage. Für eine Zurückverweisung ist in dem Fall kein Raum (BGHR StPO § 260 Abs. 3 Revisionsinstanz 2). Das entgegenstehende erstinstanzliche Urteil ist aufzuheben (BGHSt 46, 130, 135).

Die unbeschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert werden kann (§ 301 StPO). Der in der Anklageschrift geschilderte historische Vorgang ist mit den abgeurteilten Taten nicht identisch im Sinne von § 264 Abs. 1 StPO. Unter Berücksichtigung der nicht nur örtlichen und zeitlichen Verschiedenheit kann hier insbesondere wegen der qualitativen Unterschiede von Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - im Kilobereich - und Erwerb geringer Mengen Marihuana zum Eigenkonsum auch bei Ausführungshandlungen zwischen denselben Beteiligten keine Tatidentität mehr angenommen werden (vgl. BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 17). Eine Nachtragsanklage wurde nicht erhoben.

III.

Soweit die Revision sich mit der Aufklärungsrüge gegen den Freispruch wendet und die unterlassene Vernehmung von vier Rauschgiftabnehmern des Zeugen Ü. beanstandet sowie die unterlassene Verlesung des gegen Ü. ergangenen Urteils rügt, wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 1. Juni 2004 Bezug genommen.

Die Sachrüge gegen den Freispruch greift ebenfalls nicht durch. Die Überzeugung des Landgerichts, daß dem Angeklagten die in der zugelassenen Anklage aufgeführten Straftaten des Handeltreibens mit Marihuana in nicht geringer Menge nicht zweifelsfrei nachzuweisen seien, beruht auf einer umfassenden (UA S. 12 bis 21) und rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.

IV.

Strafklageverbrauch ist hier, soweit das Verfahren eingestellt wurde, nicht eingetreten (vgl. Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. § 260 Rdn. 48).

Ende der Entscheidung

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