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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.07.1999
Aktenzeichen: 1 StR 262/99
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 266 Abs. 1
StPO § 264 Abs. 1
StPO § 349 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 262/99

vom

7. Juli 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Hehlerei

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 1999 beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 4. Februar 1999 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, daß der Teilfreispruch entfällt.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Vom Vorwurf des Raubes hat es ihn freigesprochen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklage mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Zur Rüge des Angeklagten, seiner Verurteilung wegen Hehlerei stehe ein nicht zu behebendes Prozeßhindernis entgegen, hat der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt:

"Entgegen der Rechtsauffassung der Revision hat der Verurteilung des Angeklagten nicht etwa deswegen ein Verfahrenshindernis entgegengestanden, weil die Nachtragsanklage vom 04.02.1999 nicht wirksam in das Verfahren einbezogen worden wäre (§ 266 Abs. 1 StPO). Es kann dabei dahinstehen, ob aufgrund des Verfahrensgangs und der Einlassung des Angeklagten auf die in der Hauptverhandlung verlesene Nachtragsanklage ausnahmsweise von einer schlüssigen Einbeziehung in das Verfahren ausgegangen werden kann (vgl. BGH NJW 1990, 1055), da jedenfalls die zur Aburteilung gelangte Tat bereits aufgrund der mit dem Eröffnungsbeschluß vom 23.12.1998 (Bd. III Bl. 1141 d.A.) zugelassenen Anklage vom 10.12.1998 Gegenstand des Verfahrens geworden ist (§ 264 Abs. 1 StPO). Auf die Rechtswirksamkeit der Einbeziehung der Nachtragsanklage vom 04.02.1999 in das Verfahren kommt es danach nicht mehr an.

Dem Angeklagten ist in der Anklageschrift vom 10.12.1998 zur Last gelegt worden, zusammen mit dem Verurteilten R. am 26.11.1997 den Zeugen M. in dessen Wohnung mit Tränengas angegriffen und ihm unter Vorhalt einer Schußwaffe u.a. eine Rolexuhr im Wert von 11.900,-- DM weggenommen zu haben. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung war der Angeklagte an dem Raubüberfall auf den Zeugen M. jedoch nicht beteiligt, sondern hatte die aus diesem Überfall stammende Rolexuhr Anfang 1997 von einer nicht ermittelten dritten Person erhalten, wobei ihm die Herkunft der Uhr aus einer Straftat bekannt war. Auf der Grundlage dieses Ermittlungsergebnisses erhob die Staatsanwaltschaft nach Erörterung der Sachlage in der Hauptverhandlung die Nachtragsanklage vom 04.02.1999 wegen von dem Angeklagten gemeinschaftlich mit dem Verurteilten R. begangener Hehlerei (Bd. III Bl. 1299, 1311 d.A.).

Die Strafkammer hat den Angeklagten aufgrund des von ihr ebenso festgestellten Sachverhalts mit dem angegriffenen Urteil wegen Hehlerei verurteilt.

Bei der der Verurteilung zugrunde liegenden und der den Gegenstand der Anklage vom 10.12.1998 bildenden Tat handelt es sich jedoch um ein und dieselbe Tat im prozessualen Sinne. Zwar stellen der bei der Anklage wegen Raubes und der nunmehr bei der Aburteilung wegen Hehlerei zugrunde gelegte Sachverhalt zwei zeitlich und räumlich getrennte Vorgänge dar. Das allein hindert jedoch nicht, beide Sachverhalte als eine Tat im prozessualen Sinne aufzufassen. Denn die Tat als Prozeßgegenstand ist nicht nur der in der Anklage umschriebene und dem Angeklagten dort zur Last gelegte Geschehensablauf; vielmehr gehört zu ihm das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorgang nach der Auffassung des Lebens ein einheitliches Vorkommnis bildet (ständige Rechtsprechung - BGHSt 35, 60, 62 m.w.N.). Diebstahl und Hehlerei oder Raub und Hehlerei können nach ständiger Rechtsprechung einen geschichtlichen Vorgang und damit eine Tat im prozessualen Sinne bilden, wenn der in der Anklage nach Objekt, Ort und Zeit der Handlung konkretisierte Diebstahl oder Raub Grundlage der Verurteilung wegen Hehlerei blieb (BGH a.a.O. m.w.N.). Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Rechtsprechung dahingehend eingeschränkt, daß allein die Identität des Tatobjekts dann für die Annahme von Tatidentität nicht ausreichen soll, wenn im übrigen Handlungsvorgänge vorliegen, die sich rechtlich oder tatsächlich gegenseitig ausschließen können (BGHSt 35, 64). Er hat seine Einschränkung jedoch insoweit mit Rücksicht auf eine Entscheidung des 1. Strafsenats (Urteil vom 13.01.1976 - 1 StR 624/75) präzisiert, als er jedenfalls dann ebenfalls Tatidentität gegeben ansieht, wenn sich in einem Verfahren in der Hauptverhandlung die Frage stellt, ob der Angeklagte die Gegenstände wenn nicht als Dieb (Räuber), so doch als Hehler an sich gebracht hat; denn in einem solchen Fall hatte der Tatrichter die vorangehenden (strafbegründenden) Straftaten am Hehlgut zu erörtern und sie nach Ort, Zeit und anderen Umständen einzugrenzen (BGHSt 35, 65; 35, 174).

So liegt der Fall auch hier. Erst aufgrund der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung hat sich für die Strafkammer ergeben, daß der Angeklagte zwar nicht Beteiligter des in der Anklageschrift vom 10.12.1998 konkretisierten Raubüberfalls war, sich statt dessen aber als Glied in der sich an diese Tat anschließenden "Verwertungskette" für das Raubgut hehlerisch betätigte. Das angefochtene Urteil ist somit in zulässiger Weise, nämlich auf der Grundlage der wirksam erhobenen und zugelassenen Anklage vom 10.12.1998 ergangen. Die unter dem 04.02.1999 erhobene Nachtragsanklage geht - unabhängig von der Frage ihrer rechtlichen Wirksamkeit - ins Leere (vgl. BGH, Beschluß vom 03.08.1998 - 5 StR 311/98).

Der aufgrund der rechtsfehlerhaften Bewertung der erhobenen Tatvorwürfe als mehrere Taten im prozessualen Sinne erfolgte Teilfreispruch entbehrt der Grundlage. Der Tenor ist entsprechend zu berichtigen. Der Angeklagte wird hierdurch materiell nicht beschwert."

2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt (§ 349 Abs. 2 StPO).

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