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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.08.2009
Aktenzeichen: 1 StR 338/09
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 413 |
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 19. August 2009
gemäß § 349 Abs. 4 StPO
beschlossen:
Tenor:
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 9. März 2009 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere große Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat "im Sicherungsverfahren" die Unterbringung "der Beschuldigten" in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Angeklagten, die neben der allgemeinen Sachrüge verfahrensrechtliche Beanstandungen erhebt. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht; denn die von Amts wegen zu beachtenden Voraussetzungen für eine Entscheidung im Sicherungsverfahren lagen nicht vor.
Dem Urteil des Landgerichts ging folgendes Verfahrensgeschehen voraus:
Die Staatsanwaltschaft hatte gegen die Angeklagte zunächst wegen mehrerer Taten der Sachbeschädigung, des Hausfriedensbruchs, der Körperverletzung und der Beleidigung den Erlass eines Strafbefehls beantragt. Nach Erlass des Strafbefehls und Einspruchseinlegung wurde die Angeklagte vom Amtsgericht zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt. In der nachfolgenden Berufungsverhandlung ergaben sich für das Landgericht Zweifel an der Schuldfähigkeit der Angeklagten. Auf der Grundlage einer psychiatrischen Begutachtung hob die kleine Strafkammer des Landgerichts die Entscheidung des Amtsgerichts gemäß § 328 Abs. 2 StPO durch Urteil auf und verwies die Sache an die große Strafkammer des Landgerichts (§ 270 StPO), da die der Angeklagten zur Last liegenden Straftaten nicht ausschließbar im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen worden seien und die Voraussetzungen für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vorlägen. Die Strafakten wurden sodann ü-ber die Staatsanwaltschaft an die große Strafkammer weitergeleitet. Diese verhandelte und entschied dann ohne weitere Zwischenentscheidungen "im Sicherungsverfahren".
Dieser Verfahrensablauf erlaubte eine Entscheidung im Sicherungsverfahren nicht. Hierzu hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
"1.
Die Verweisung der kleinen Strafkammer an die große Strafkammer (vgl. Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 328 Rn. 9, § 331 Rn. 22) hat nichts daran geändert, dass im Strafverfahren zu verhandeln und zu entscheiden war. Eine ausdrückliche Überleitung vom Strafverfahren in das Sicherungsverfahren ist nicht erfolgt. Sie wäre nach Eröffnung des Hauptverfahrens auch nicht zulässig gewesen (BGHSt 46, 345; 47, 52 ; Meyer-Goßner aaO § 416 Rn. 1 KK-StPO/Fischer 6. Aufl. § 413 Rn. 7, § 416 Rn. 9 f.). Es kann daher offen bleiben, ob es darüber hinaus an dem nach § 413 StPO notwendigen Antrag der Staatsanwaltschaft gefehlt hätte (vgl. BGHSt 46, 345; 47, 52) .
2.
Das Vorgehen des Landgerichts lässt sich auch nicht in dem Sinne verstehen, dass die Bezeichnung "Sicherungsverfahren" lediglich missverständlich gebraucht und der Sache nach im Strafverfahren verhandelt und entschieden wurde. Protokoll und Fassung der Urteilsgründe lassen keinen Zweifel daran, dass das Landgericht von der Durchführung eines Sicherungsverfahrens ausgegangen ist. Es kann daher nicht lediglich das Urteil durch Nachholung eines Freispruches berichtigt werden.
3.
Das Landgericht wird somit (ggf. nach einer Entscheidung gem. § 76 Abs. 2 GVG, vgl. Meyer-Goßner aaO § 76 GVG Rn. 4) im Strafverfahren neben der Unterbringung auch über eine Verurteilung wegen der angeklagten Taten zu verhandeln und zu entscheiden haben."
Dem kann sich der Senat nicht verschließen. Zwar ergibt sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll, dass vor der großen Strafkammer die "Anklageschrift" und nicht eine Antragsschrift im Sinne von § 414 Abs. 2 Satz 2 StPO verlesen worden ist. Angesichts der ausdrücklichen Bezeichnung des Verfahrens in Protokoll und Urteil als Sicherungsverfahren, der Benennung der Angeklagten als "Beschuldigte" und des Umstandes, dass das Landgericht im Urteilstenor keine Entscheidung über die angeklagten Taten getroffen hat, bestehen letztlich auch für den Senat keine Zweifel, dass das Landgericht bewusst eine Entscheidung im Sicherungsverfahren nach den §§ 413 ff. StPO getroffen hat.
Ende der Entscheidung
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