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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.11.2000
Aktenzeichen: 1 StR 375/00
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 244 Abs. 4
StPO § 55
StPO § 60 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 375/00

vom

22. November 2000

in der Strafsache

gegen

wegen Untreue u.a.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. November 2000 beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 9. Februar 2000 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:

1. Die Frage der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten war vom Landgericht im Wege des Freibeweises zu prüfen (BGH StV 1992, 553; vgl. auch BGH NStZ 1996, 242); die Vorschrift des § 244 Abs. 4 StPO gilt für den Freibeweis nicht (Herdegen in KK 4. Aufl. § 244 Rdn. 12). Die - gleichfalls freibeweisliche (BGH NStZ 1993, 141) - revisionsgerichtliche Überprüfung ergibt, daß der Angeklagte verhandlungsfähig war.

2. Bezüglich des Zeugen Z. bestand kein Vereidigungsverbot. Der dem Tatrichter zuzugestehende Ermessensspielraum bei der Beurteilung des Teilnahmeverdachts (BGHSt 39, 199; BGH NStZ 1998, 583) ist nicht überschritten. Im übrigen hat Z. die Angaben des Angeklagten, denen das Landgericht ohnehin gefolgt ist, lediglich bestätigt (UA S. 103).

3. Ob bei dem Zeugen S. ein Teilnahmeverdacht bestand, kann offen bleiben. Immerhin wurde der Zeuge nach § 55 StPO belehrt, so daß die Annahme fern liegt, das Landgericht habe § 60 Nr. 2 StPO übersehen. Das Urteil beruht jedenfalls nicht auf einem eventuellen Verfahrensverstoß. Der Senat kann ausschließen, daß das Landgericht zu einer anderen Überzeugung gelangt wäre, wenn es S. nicht vereidigt hätte. Zwar hat es seine Überzeugung, der Angeklagte habe P. eine Beteiligung an der Firma K. zugesagt, auch auf die Angaben des S. gestützt. Es hat aber bedacht, daß S. im "Lager des Angeklagten" stand, und es hat seine Feststellungen zu diesem Punkt auch auf weitere Beweismittel (Memo des Angeklagten vom 8. November 1997, seinen Angaben im Ermittlungsverfahren und den Zeugen H. , J. , So. und Z. ) gestützt.

4. Der Senat kann offen lassen, ob die den Mangel enthaltenden Tatsachen vollständig angegeben sind, soweit gerügt wurde, das Landgericht hätte beim Angeklagten beschlagnahmte Dateien - für den früheren Verteidiger bestimmte und offenbar auch abgesandte Schreiben - als Verteidigungsunterlagen nicht verwerten dürfen. Die Revision hat nämlich nicht vorgetragen, daß bei dem früheren Verteidiger wegen des Verdachts der Beihilfe (§ 97 Abs. 2 Satz 3 StPO) zu der hier abgeurteilten (noch nicht beendeten) Untreue Handakten beschlagnahmt worden waren, die auch Beweismittel im vorliegenden Verfahren waren (vgl. BGHSt 37, 245, 248). Die Revision teilt auch nicht mit, ob der - gewichtige (BGH NJW 1973, 2035) - Beteiligungsverdacht gegen den früheren Verteidiger erst nach der Beschlagnahme beim Angeklagten entstanden ist (vgl. dazu einerseits BGHSt 18, 227, 228, 229; 25, 168, 169; BGH NStZ 1983, 85 und andererseits Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 97 Rdn. 20). Mithin kommt in Betracht, daß die beim Angeklagten beschlagnahmten Dateien - oder auch beim früheren Verteidiger beschlagnahmte Schreiben - verwertbar waren.

Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Zwar ist die im Beschluß des Landgerichts vom 7. Oktober 1999 geäußerte Rechtsauffassung unrichtig, beim Angeklagten verbliebene Dateien von an seinen Verteidiger übersandten schriftlichen Mitteilungen seien keine beschlagnahmefreien Verteidigungsunterlagen und unterlägen deshalb keinem Verwertungsverbot (vgl. BGHSt 44, 46). Auf diesen Schriftstücken beruht das Urteil aber nicht.

a) Das verlesene Schreiben des Angeklagten vom 4. Februar 1998 wird nur im Zusammenhang mit der Frage gewürdigt, ob die Übertragung der Anteile an der österreichischen Gesellschaft grundsätzlich vereinbart worden war. Das aber hat der Angeklagte unabhängig davon glaubhaft gestanden und auch in weiteren Schreiben bestätigt (UA S. 97, 108).

b) Durch den Inhalt des "erörterten" Memos vom 14. Februar 1998, der den Untreuevorwurf allenfalls am Rande betrifft, wird die ohnehin für glaubhaft gehaltene Einlassung des Angeklagten lediglich bestätigt.

c) Daß das Schreiben des Angeklagten vom 13. April 1998 bei dem Urteil Berücksichtigung fand, ist nicht ersichtlich.

d) Es ist nicht bewiesen, daß die Feststellungen auf UA S. 70 zu dem am 16. Februar 1998 erfolgten Einigungsversuch maßgeblich auf das verlesene Memo des Angeklagten von diesem Tag gestützt sind. Immerhin handelte es sich bei der in dem Memo festgehaltenen Einigungsgrundlage um einen bei dem Treffen gemachten Vorschlag des Gesprächsteilnehmers H. . Dieser wurde in der Hauptverhandlung gehört, so daß es naheliegend erscheint, daß die Feststellungen auf dessen zeugenschaftlichen Bekundungen beruhen. Zwar ist bei der Beweiswürdigung (UA S. 106) ausgeführt, daß die Diskussionspunkte des Gesprächs durch das "erörterte Memo ... im einzelnen belegt" worden seien. Aber auch das muß nicht bedeuten, daß das Landgericht seine Überzeugung vom genauen Inhalt der Einigungsgrundlage auf die verlesene Urkunde gestützt hat, denn auch andere Teilnehmer des Treffens wurden als Zeugen gehört und haben den dort gemachten Vorschlag H. s bestätigt.

5. Die mit der Sachrüge angegriffene Schadensberechnung weist keinen Rechtsfehler auf. Darauf, ob nach Handelsrecht eine Rückstellung für Schadensersatzforderungen der DeTe Medien erfolgen mußte, kommt es bei dem für die Untreue maßgeblichen wirtschaftlichen Schadensbegriff schon deshalb nicht an, weil sich das Landgericht rechtsfehlerfrei davon überzeugt hat, daß der Angeklagte mit der Gründung der ausländischen Gesellschaft gerade bezweckte, den Schadensersatzanspruch zu vereiteln. Auch sonst hat das Landgericht den Vermögensnachteil rechtsfehlerfrei bewertet; immerhin bezifferte der Angeklagte selbst den Wert der Gesellschaft wesentlich höher als vom Landgericht angenommen (ca. 4 Millionen DM); für seinen eigenen Anteil (von einem Viertel) verlangte er noch am 6. November 1997 4 Millionen DM.

Ende der Entscheidung

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