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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 23.10.2001
Aktenzeichen: 1 StR 380/01
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 244 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom
23. Oktober 2001
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Oktober 2001, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 30. April 2001 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt ist, hat keinen Erfolg.
1. Nach den Feststellungen suchte die 34jährige B. - die spätere Geschädigte - am Abend des 2. September 2000 in einer Augsburger Wohnanlage, in der sich ihre Wohnung ebenso wie die des Angeklagten befand, das nur für die Bewohner der Anlage zugängliche Schwimmbad auf. Als sie nach dem Schwimmen in der Damenumkleidekabine ihren Bikini ausgezogen hatte und sich ankleiden wollte, stürmte der Angeklagte - unbekleidet bis auf eine über den Kopf gezogene Maske - in die Umkleidekabine, wobei er mit einer Hand an seinem erigierten Glied onanierte. Er packte die erschrockene und schreiende Frau B. von vorn und griff sie im Unterleibsbereich und am Gesäß ab. Sodann zwang er sie durch Ziehen an den Ohrringen auf den Boden, wo sie zum Liegen kam. Er wirkte so heftig auf ihren Kopf ein, daß sie im Stirnbereich von der mit einem Rautenmuster versehenen Bodenmatte gitterförmige Hautverletzungen, Hämatome und eine blutunterlaufene Schwellung erlitt. Nach einigen Minuten ließ der Angeklagte plötzlich von der weiter um Hilfe schreienden B. ab und verließ die Damenumkleidekabine.
2. Die Verfahrensrüge ist unbegründet. Der Beschwerdeführer macht mit der Aufklärungsrüge gemäß § 244 Abs. 2 StPO geltend, das Landgericht hätte durch Zuziehung eines Sachverständigen feststellen müssen, daß der Angeklagte wegen einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung am rechten Ellenbogengelenk nicht in der Lage gewesen sei, die ihm vorgeworfenen Tathandlungen auszuführen. Es bedurfte jedoch zum einen für das Ziehen an den Ohrringen, mit dem der Angeklagte die Geschädigte zu Boden zwang, ersichtlich keiner größeren Kraftentfaltung. Zum anderen hat das Landgericht hinsichtlich der anschließenden Gewalteinwirkung auf den Kopf der Geschädigten seine Auffassung, an der Täterschaft des Angeklagten bestünden keine vernünftigen Zweifel, ausdrücklich damit begründet, "daß die Verletzungen der Zeugin B. möglicherweise nicht mit dem rechten, sondern mit dem linken Arm zuwege gebracht wurden und sich der Täter ... in einem sexuellen Erregungszustand befand, der möglicherweise auftretende Schmerzimpulse beeinflußt haben kann". Stellt man zudem in Rechnung, daß der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen im September 2000 als Spüler arbeitete und dabei u.a. auch schwere Töpfe zu spülen hatte, mußte sich die Kammer nicht zu einer weiteren Beweiserhebung gedrängt sehen.
3. Auch die Sachrüge hat keinen Erfolg, insbesondere ist die tatrichterliche Beweiswürdigung rechtlich nicht zu beanstanden.
Allein dem Tatrichter ist die Aufgabe übertragen, ohne Bindung an Beweisregeln eigenverantwortlich zu prüfen, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Geschehen überzeugen kann. Beachtet er dabei die ihm gezogenen Grenzen, so hat das Revisionsgericht die so gewonnene Überzeugung hinzunehmen (vgl. Engelhardt in KK 4. Aufl. § 261 Rdn. 51 m.w.Nachw.). Auch die Revisionsbegründung zeigt nicht auf, daß die Beweiswürdigung rechtlich fehlerhaft, insbesondere widersprüchlich, unklar oder nicht erschöpfend ist oder gegen gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Engelhardt aaO).
Die Strafkammer zieht für ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten insbesondere folgende Indizien heran: Die Zeugin B. habe den bei der Tat maskierten Angeklagten zwar nicht identifizieren können, jedoch eine passende Personenbeschreibung gegeben. Von den beiden Schülerinnen H. und T. , die am 15. September 2000 im Schwimmbad ebenfalls einen nackten Mann mit Maske gesehen hatten, habe letztere den Angeklagten erkannt, insbesondere weil sie den Mann zuvor schon ohne Maske nackt schwimmen gesehen hätte. Vor allem aber belaste den Angeklagten, daß er - wie er selbst einräumt - diejenige Person ist, die in Videoaufnahmen einer aufgrund der bisherigen Vorfälle Ende September 2000 installierten Überwachungskamera im Schwimmbad zu sehen ist. Der Angeklagte wurde dabei u.a. von der Kamera aufgenommen, als er nackt und maskiert das Innere des Schwimmbads beobachtete, sich mehrfach der Damenumkleidekabine näherte, durch das nicht verschlossene Schlüsselloch dieser Kabine schaute und Masturbationsbewegungen machte. Im übrigen sei das Alibi des Angeklagten für den Vorfall vom 15. September 2000 widerlegt und das Alibi für den Tatzeitpunkt jedenfalls nicht belegt.
Die von der Kammer genannten Umstände stellen eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Gewinnung der tatrichterlichen Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten dar. Zwar ist das Wiedererkennen einer Person ein Vorgang, der viele Fehlerquellen enthalten kann; das gilt in besonderem Maße, wenn der Täter bei der Tat maskiert war. Der Revision ist auch einzuräumen, daß die Erörterungen des Landgerichts insoweit nicht vollständig sind. Die Tatsache jedoch, daß der Angeklagte sich zugestandenermaßen im Oktober 2000 in der nicht öffentlich zugänglichen Schwimmbadanlage bis in die Einzelheiten übereinstimmend wie der Täter vom September 2000 verhalten hat, stellt ein so gewichtiges Beweisanzeichen dar, daß es im Zusammenhang mit den übrigen Indizien geeignet ist, die vom Tatrichter gezogene Schlußfolgerung zu stützen, daß der Angeklagte der Täter sei. Dies gilt insbesondere deshalb, weil es sich um Verhaltensweisen handelte - Maskierung in unbekleidetem Zustand und Ausspähen der Damenkabine in Verbindung mit Masturbationsbewegungen und Mitsichführen eines Pornoheftes - die so viel Eigenart besaßen, daß sich das etwaige Vorhandensein eines Doppelgängers, der die Tat vom 2. September 2000 begangen haben könnte, vernünftigerweise ausschließen läßt.
Ende der Entscheidung
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