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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.09.1998
Aktenzeichen: 1 StR 421/98
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 358 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 421/98

vom

1. September 1998

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. September 1998 beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Passau vom 23. April 1998 im Fall I 5 der Urteilsgründe mit den Feststellungen aufgehoben (§ 349 Abs. 4 StPO).

In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

Gründe:

1. Die Jugendschutzkammer hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in drei Fällen, sämtliche Taten begangen zum Nachteil der Nebenklägerin M. S., schuldig gesprochen und ihn wie folgt verurteilt:

a) Aus den wegen der beiden zeitlich ersten Taten (Fälle I 3 und I 4 der Urteilsgründe) verhängten Einzelstrafen und den Einzelstrafen, die das Schöffengericht Passau am 22. April 1997 wegen gleichartiger Taten verhängt hatte, wurde unter Auflösung der vom Schöffengericht Passau gebildeten, zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe gebildet.

b) Wegen der im Juni 1997 begangenen dritten Tat (Fall I 5 der Urteilsgründe) wurde eine weitere Einzelstrafe verhängt.

Bei deren Bemessung hat die Jugendschutzkammer ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt, daß der Angeklagte diese Tat kurze Zeit nach der Verurteilung durch das Schöffengericht Passau begangen hat und insoweit auch noch bewährungsbrüchig war.

2. Die Verurteilung im Fall I 5 der Urteilsgründe kann keinen Bestand haben:

a) Der Angeklagte war hinsichtlich sämtlicher Taten im wesentlichen geständig. Abweichend von den Urteilsfeststellungen hat er allerdings angegeben, daß er auch die dritte Tat vor seiner Verurteilung durch das Schöffengericht Passau begangen hat.

b) Mit dieser hier bedeutsamen Einlassung hat sich die Jugendschutzkammer weder ausdrücklich auseinandergesetzt, noch ergeben die Urteilsgründe in ihrer Gesamtschau, warum die Jugendschutzkammer das Vorbringen des Angeklagten in diesem Punkt für unglaubwürdig hält. Die Erwägungen, wonach die Angaben der Nebenklägerin, etwa zu den Motiven, die sie zur Duldung des Verhaltens des Angeklagten veranlaßt haben, glaubhaft sind, belegen für sich genommen nicht, warum der Zeugin hinsichtlich des Zeitpunkts der dritten Tat nicht ein aus ihrer Sicht belangloser Irrtum unterlaufen sein kann. Die Feststellung, daß die Tat "zu einem nicht näher bekannten Wochenende anfangs Juni" stattfand, spricht nicht dafür, daß sich der Zeugin das Datum der Tat exakt eingeprägt hätte. Auch die im Rahmen der Tatschilderung getroffenen Feststellungen, daß die Nebenklägerin am Abend dieser Tat ein im Februar 1997 geborenes Kleinkind beaufsichtigen sollte und daß der Angeklagte an diesem Abend ursprünglich eine zu einem nicht mitgeteilten Zeitpunkt neu eröffnete Diskothek besuchen wollte, sind für sich genommen nicht geeignet, Darlegungen zu der Frage, ob die Tat auch vor dem 22. April 1997 begangen sein kann, entbehrlich zu machen (vgl. hierzu Hürxthal in KK 3. Aufl. § 267 Rdn. 12 und 14 jew. m.w.Nachw.).

3. Hinsichtlich der Fälle I 3 und I 4 der Urteilsgründe hat die auf die insoweit nicht näher ausgeführte Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils weder zum Schuldspruch noch hinsichtlich der Einzelstrafen noch hinsichtlich der nachträglichen Gesamtstrafe einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

4. Sollte die neu zur Entscheidung berufene Jugendschutzkammer feststellen, daß die dritte Tat (möglicherweise) vor dem 22. April 1997 begangen wurde, wäre sie gleichwohl gehalten, die bisherige nachträgliche Gesamtstrafe aufzulösen und unter Einbeziehung der weiteren Einzelstrafe eine neue nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden. Deren Grenze (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) läge bei der Summe, die sich aus der bisherigen nachträglichen Gesamtstrafe und der bisher im Fall I 5 verhängten Einzelstrafe ergibt (vgl. BGH, Beschluß vom 3. Dezember 1991 - 1 StR 496/91 m.w.Nachw., insoweit in wistra 1992, 144 nicht abgedruckt).

Ende der Entscheidung

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