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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 21.11.2000
Aktenzeichen: 1 StR 433/00
Rechtsgebiete: BtMG


Vorschriften:

BtMG § 29
BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 StR 433/00

vom

21. November 2000

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. November 2000, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer

und die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Wahl, Dr. Boetticher, Schluckebier, Dr. Kolz,

Oberstaatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 3. Juli 2000 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Außerdem hat es den Verfall des Wertersatzes von 1.500 DM angeordnet. Die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts bleibt ohne Erfolg.

1. Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Erörterung bedarf allein die vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift aufgeworfene Frage, ob der Angeklagte in den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe neben der täterschaftlich begangenen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen nur der tateinheitlich begangenen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist.

Dazu hat das Landgericht festgestellt: Dem Angeklagten wurde im Frühjahr 1999 von dem inzwischen rechtskräftig verurteilten S. angeboten, im Betäubungsmittelhandel Geld zu verdienen. Der Angeklagte wollte S. als Freund nicht verlieren, zeigte aber insbesondere Interesse daran, seine finanziellen Verhältnisse zu verbessern und zusätzliche Einnahmen zu erzielen, da er einen aufwendigen Lebensstil pflegte und bei ihm ständig Geldmangel herrschte. Nachdem ihm jeweils S. das Kaufgeld für Kokain ausgehändigt hatte, führte er mit der Bahn drei Beschaffungsfahrten in die Niederlande durch. Für jede Beschaffungsfahrt erhielt er jeweils 2.000 DM. Der Angeklagte wußte von vornherein, daß die von ihm eingeführten Rauschgiftmengen stets für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren. An diesem Weiterverkauf war er auch beteiligt. So portionierte er im Auftrag von S. das Kokain in Einzelverkaufsmengen und lieferte Einzelmengen zwischen 10 g und 40 g an verschiedene Abnehmer in Österreich und in I. . Dabei war er nicht nur als Auslieferer tätig, er kassierte auch bei den Drogenabnehmern die jeweiligen Kaufpreise, wechselte österreichische Schillinge in Deutsche Mark um und lieferte das Geld bei S. ab. Pro Fahrt nach I. erhielt er von S. 60 bis 80 DM, pro Fahrt nach Österreich bekam er 100 bis 120 DM.

2. Der Senat vermag der Auffassung des Generalbundesanwalts nicht zu folgen, der Angeklagte hätte in den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe nach den getroffenen Feststellungen nicht wegen täterschaftlichen Handeltreibens, sondern nur wegen Beihilfe verurteilt werden dürfen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist unerlaubtes Handeltreiben jedes eigennützige Bemühen, das darauf gerichtet ist, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen und zu fördern, selbst wenn es sich um eine einmalige, gelegentliche oder vermittelnde Tätigkeit handelt (Weber, BtMG § 29 Rdn. 82 m.Nachw.). Die Abgrenzung von Mittäterschaft zur Beihilfe erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen des Strafrechts (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 25, 36). Der Tatrichter hat auf Grund wertender Betrachtung aller von der Vorstellung des Täters umfaßten Umstände zu entscheiden, ob der Angeklagte als Mittäter und nicht nur als Gehilfe an der Straftat beteiligt war. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können sein der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so daß Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Angeklagten abhängen (st.Rspr.; vgl. BGH NStZ 2000, 482; 1999, 451, 452).

Für den Bereich des Handeltreibens ist maßgeblich, welchen Einfluß der Angeklagte auf die Bestimmung von Art und Menge des zu transportierenden Rauschgifts oder auf die Gestaltung von Übernahme und Transport hatte (BGH, Beschl. vom 2. Juli 1998 - 1 StR 280/98). Danach genügt eine ganz untergeordnete Tätigkeit des Kuriers für die Annahme der Mittäterschaft in aller Regel nicht (BGH StV 1999, 429).

Die tatrichterliche Wertung, daß der Angeklagte in den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe nicht nur das Kokain aus den Niederlanden einführte, sondern auch zu den nachfolgenden Umsatzgeschäften ein ausgeprägtes Näheverhältnis hatte, wird durch die Feststellungen des Landgerichts hinreichend belegt. Zwar kann im Einzelfall auch ein Täter der Einfuhr, der damit aus eigennützigen Motiven fremde Umsatzgeschäfte fördert, hinsichtlich des Handeltreibens nur Gehilfe sein; dies setzt aber voraus, daß seine Rolle insoweit nur ganz untergeordnet ist (vgl. BGHR BtMG § 29 I Nr. 1 Handeltreiben 25; BGH StV 1999, 429). So liegt es hier nicht. Der Angeklagte wußte von vornherein, daß seine gegenüber S. zu erfüllende Aufgabe nicht mit der Einfuhr des Kokains beendet war, sondern daß er die von ihm selbst abgepackten Portionen an die Abnehmer zu verteilen und für die Abrechnung des Kaufgeldes zu sorgen hatte. Dabei war er in seiner Entscheidung frei, wann und wie er das Kokain zunächst im Keller seiner Wohnung in L. aufbewahrte und wann er es an die Abnehmer ablieferte.

Nach den getroffenen Feststellungen begegnet die - nur begrenzter revisionsrechtlicher Kontrolle zugängliche Bewertung über das Vorliegen von Täterschaft oder Beihilfe (BGH NStZ-RR 1998, 25; vgl. ausführlich zum tatrichterlichen Beurteilungsspielraum Maatz/Wahl FS aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens des BGH S. 531, 552) - Entscheidung des Landgerichts, es liege täterschaftliches Handeltreiben vor, keinen Bedenken. Deshalb stellt es hier auch keinen Rechtsfehler dar, daß die Strafkammer ihre Auffassung zu dieser Abgrenzung nicht ausdrücklich dargelegt hat.

Ende der Entscheidung

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