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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.11.2004
Aktenzeichen: 1 StR 449/04
Rechtsgebiete: StGB-DDR, StPO


Vorschriften:

StGB-DDR § 122
StPO § 265
StPO § 354 Abs. 1a Satz 1
StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
StPO § 154a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 449/04

vom 23. November 2004

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. November 2004 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 21. Juni 2004 im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte wegen eines Falles der Nötigung und des Mißbrauchs zu sexuellen Handlungen im schweren Fall (§ 122 Abs. 3 Nr. 3 StGB-DDR) in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes (§ 148 StGB-DDR) sowie des sexuellen Mißbrauchs von Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB) in 41 weiteren Fällen verurteilt wird.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten verurteilt

- wegen "sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Nötigung und Mißbrauch zu sexuellen Handlungen im schweren Fall" (§§ 122 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und 3, 148 Abs. 1 StGB-DDR) in 121 Fällen zu einer Hauptstrafe (§§ 63 Abs. 2, 64 Abs. 1 StGB-DDR) von zwei Jahren und sechs Monaten,

- wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern (§§ 174 Abs. 1 Nr. 1, 176 Abs. 1 StGB) in 41 Fällen zu Einzelstrafen zwischen sieben und neun Monaten.

Aus der Hauptstrafe und den Einzelstrafen hat das Landgericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren gebildet.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Dadurch, daß der Angeklagte eine Straftat nach § 122 StGB-DDR "mehrfach" begangen hat, hat er sich nicht der Nötigung und des Mißbrauchs zu sexuellen Handlungen in 121 Fällen, sondern wegen eines schweren Falles der Nötigung und des Mißbrauchs zu sexuellen Handlungen gemäß § 122 Abs. 3 Nr. 3 StGB-DDR schuldig gemacht. Er ist daher (nur) wegen Nötigung und Mißbrauchs zu sexuellen Handlungen im schweren Fall in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes zu verurteilen (BGH, Beschluß vom 6. Oktober 1998 - 4 StR 262/98; vgl. auch BGH NStZ 1998, 36).

Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

Die Hauptstrafe, die auch in einem Fall der Tateinheit festzusetzen ist (§ 63 Abs. 2 StGB-DDR), kann bestehen bleiben, da sie angesichts des gleichbleibenden Schuldumfangs angemessen erscheint (§ 354 Abs. 1a Satz 1 StPO).

2. In den Fällen 122 bis 142 der Urteilsgründe muß die Verurteilung wegen des in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern begangenen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen entfallen, weil insoweit aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend dargelegten Gründen Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Auch insoweit ist daher der Schuldspruch zu ändern.

Die Einzelstrafen für die Taten 122 bis 142 der Urteilsgründe - und damit auch die Gesamtstrafe - können gleichwohl bestehen bleiben, da auch sie - zumal verjährte Taten bei der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt werden können (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 19) - im Sinne des § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO angemessen erscheinen.

3. Die Rüge, das Landgericht habe § 265 StPO verletzt, weil es den Angeklagten hätte unterrichten müssen, daß es dem weiteren Verfahren zugrundelegen wolle, in einem der Fälle 1 bis 120 sei der Tatort ein Wald in Brandenburg gewesen, ist schon nicht in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Form begründet worden. Bei der von der Revision vermißten Unterrichtung handelt es sich nicht um einen protokollierungspflichtigen Verfahrensvorgang. Der Senat vermag daher allein aufgrund des Revisionsvortrags, auf diesen Fall sei in der Hauptverhandlung "nicht näher eingegangen" worden, nicht zu prüfen, ob der Angeklagte auf die Veränderung der Sachlage hinreichend hingewiesen oder durch den Gang der Hauptverhandlung zuverlässig unterrichtet wurde.

Zu der von dem Generalbundesanwalt hinsichtlich dieses Falles beantragten Einstellung des Verfahrens gemäß § 154a StPO sieht der Senat keine Veranlassung.



Ende der Entscheidung

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