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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.04.1999
Aktenzeichen: 1 StR 46/99
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 154a Abs. 2 | |
StPO § 349 Abs. 2 u. 4 | |
StPO § 154 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
22. April 1999
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Menschenhandels u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. April 1999 beschlossen:
1. Soweit der Angeklagte S. im Falle II 3 des Urteils wegen Körperverletzung, die Angeklagten M. und S. im Falle II 5 des Urteils wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung verurteilt sind, werden diese Tatvorwürfe mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154 a Abs. 2 StPO ausgeschieden.
2. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 27. Mai 1998 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
a) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte S. im Falle II 3 wegen Körperverletzung, die Angeklagten M. und S. im Falle II 5 wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung verurteilt sind;
b) in den Schuldsprüchen dahin geändert, daß
aa) der Angeklagte M. schuldig ist des schweren Menschenhandels in Tateinheit mit Förderung der Prostitution und Zuhälterei, mit Körperverletzung und Freiheitsberaubung, mit Körperverletzung in zwei Fällen und mit sexueller Nötigung in sechs Fällen sowie des schweren Menschenhandels in Tateinheit mit Förderung der Prostitution und Zuhälterei, mit Körperverletzung und sexueller Nötigung in zwei Fällen sowie des versuchten Menschenhandels in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung,
bb) der Angeklagte S. schuldig ist des schweren Menschenhandels in Tateinheit mit Förderung der Prostitution und Zuhälterei, mit Körperverletzung und Freiheitsberaubung, mit Körperverletzung in zwei Fällen und mit sexueller Nötigung in drei Fällen sowie des schweren Menschenhandels in Tateinheit mit Förderung der Prostitution und Zuhälterei und mit sexueller Nötigung sowie des versuchten schweren Menschenhandels in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung;
c) in den jeweiligen Strafaussprüchen mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
1. Soweit der Senat gemäß § 154 a Abs. 2 StPO verfahren ist, liegt der Anlaß in einer Verfahrensrüge des Angeklagten S. .
Der Beschwerdeführer hat dazu zutreffend vorgebracht, das Landgericht habe zwar zunächst in einer Anzahl von Fällen die Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 StPO angeregt, worauf die Staatsanwältin einen entsprechenden Antrag stellte, dann aber in einem im Zusammenhang mit dem Urteil verkündeten Beschluß nur in einem Teil der Fälle die Verfahrenseinstellung tatsächlich vorgenommen.
Diese Verfahrensweise gibt zu rechtlichen Bedenken Anlaß. Nachdem das Landgericht selbst die Anregung zur teilweisen Einstellung des Verfahrens gegeben hatte, war es unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens gehalten, dem Angeklagten einen Hinweis zu geben, daß es inzwischen in einzelnen Fällen zu einer anderen Beurteilung gelangt sei (vgl. BGHR StPO vor § 1/faires Verfahren Hinweispflicht 1, 2). Ohne einen solchen Hinweis konnte insbesondere der Verteidiger davon ausgehen, das Gericht werde entsprechend seiner eigenen Anregung verfahren; für ihn konnte daher kaum noch Anlaß bestehen - etwa in seinem Schlußplädoyer -, auf die zur Einstellung vorgesehenen Fälle näher einzugehen.
2. Hinsichtlich der Änderung der Schuldsprüche ist der Senat davon ausgegangen, daß die gegen die drei Frauen begangenen Straftaten der sexuellen Nötigung, der Körperverletzung und der Freiheitsberaubung nicht nur gelegentlich der Dauerdelikte des schweren Menschenhandels, der Förderung der Prostitution und der Zuhälterei begangen worden sind (vgl. BGH bei Holtz MDR 1983, 984). So dienten die Schläge und das Einsperren im Kühlschrank nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe ersichtlich auch dazu, die Frauen zur Fortsetzung der Prostitution zu bestimmen. Hinsichtlich der Verurteilung wegen sexueller Nötigung hebt das Landgericht bei der Strafzumessung selbst hervor, die Angeklagten hätten jeweils nur ein geringes Maß an Gewalt aufwenden müssen, weil sie die Frauen durch die vorhergegangenen Mißhandlungen und die massiven Drohungen bereits in einem Maße eingeschüchtert hatten, daß diese ihnen keinen erheblichen Widerstand mehr entgegenzusetzen wagten.
3. Die Änderung der Schuldsprüche führt zur Aufhebung der jeweiligen Strafaussprüche. Die Anordnung des Verfalls bleibt davon unberührt.
Ende der Entscheidung
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