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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.06.2004
Aktenzeichen: 1 StR 526/03
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
StPO § 354 Abs. 1
StPO § 268a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 526/03

vom

30. Juni 2004

in der Strafsache

gegen

wegen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juni 2004 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 28. April 2003 wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Beihilfe zum Diebstahl (Fall II. 5. der Urteilsgründe) verurteilt worden ist,

b) das vorgenannte Urteil im Ausspruch über die Gesamtstrafe dahin geändert, daß der Angeklagte zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt wird.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last; im übrigen hat der Angeklagte die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen in drei Fällen sowie wegen Beihilfe zum Diebstahl in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dabei hat es auf Einzelstrafen von einem Jahr und zweimal sechs Monaten Freiheitsstrafe sowie Geldstrafen von 80 und 60 Tagessätzen erkannt.

1. Hinsichtlich der Beihilfe zum Diebstahl (Fall II. 5. der Urteilsgründe) ist Strafverfolgungsverjährung eingetreten, weil zwischen der Anordnung der ersten Vernehmung des Beschuldigten und der Anklageerhebung mehr als fünf Jahre vergangen sind. Die Anordnung der Vernehmung zu dem Fall erfolgte durch die Staatsanwaltschaft Baden-Baden in dem Verfahren 4 Js 529/94 am 8. Juli 1994; die Anklage wurde am 22. Juli 1999 erhoben. Die aufgrund der Anordnung durchgeführte erste Beschuldigtenvernehmung bewirkte keine neue Unterbrechung. Die in § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB vorgesehenen Unterbrechungsmöglichkeiten der Anordnung der Vernehmung und der Vernehmung selbst bilden eine Einheit, so daß sie nur alternativ durchgreifen. Die Verjährung wird also nicht durch die Anordnung der Vernehmung und dann noch einmal durch die darauf beruhende Vernehmung selbst unterbrochen. Es unterbricht nur die erste der vorgenommenen Maßnahmen (BTDrucks. 7/550 zu Art. 17 Nr. 34, S. 215; Jähnke in LK, StGB, 12. Aufl., § 78c Rdn. 19; vgl. zu § 78c Abs. 1 Nr. 2 StGB BGH, Beschluß vom 26. Oktober 1977 - 3 StR 384/77, Jähnke in LK aaO Rdn. 23; zu der insoweit gleichlautenden Vorschrift des § 33 Abs. 1 Nr. 2 OWiG BGHSt 27, 110, 113; 27, 144, 147, Göhler OWiG, 13. Aufl., § 33 Rdn. 6 a). Das Verfahren war insoweit wegen eines nicht behebbaren Verfahrenshindernisses einzustellen. Dadurch entfallen der Schuldspruch wegen Beihilfe zum Diebstahl im Fall II. 5. der Urteilsgründe und die wegen dieser Tat verhängte Geldstrafe von 60 Tagessätzen.

2. Der Senat hat hinsichtlich der Gesamtstrafe in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts hier § 354 Abs. 1 StPO entsprechend angewendet. Er erachtet nach den gesamten Umständen, insbesondere im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer, aber auch unter Berücksichtigung der Summe der Einzelstrafen eine um die weggefallene Einzelstrafe in vollem Umfang reduzierte Gesamtstrafe als die niedrigst mögliche Gesamtstrafe. Insoweit bleibt für die Ausübung des dem Tatrichter vorbehaltenen Ermessens durch das Revisionsgericht kein Raum mehr (vgl. BVerfG, Beschluß vom 7. Januar 2004 - 2 BvR 1704/01; BGH, Beschluß vom 13. Februar 2004 - 1 StR 571/03 und Beschluß vom 11. Mai 2004 - 1 StR 181/04). Da bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe entspricht, wenn eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden ist (§ 54 Abs. 3 StGB), hat der Senat die Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten um zwei Monate reduziert. Unter diesen Umständen ist es ausgeschlossen, daß die Strafkammer, die im übrigen verjährtes Geschehen bei der Strafzumessung hätte berücksichtigen können, auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte, wenn sie vom Wegfall der genannten Einzelstrafe ausgegangen wäre.

3. Im übrigen hat die aufgrund der Revisionsrechtfertigung gebotene Überprüfung des Urteils weder im verbleibenden Schuldspruch noch hinsichtlich der wegen dieser Taten verhängten Einzelstrafen einen Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinem Antrag vom 4. Dezember 2003, die auch durch die Erwiderung der Revision vom 12. Januar 2004 nicht entkräftet werden.

4. Die neu zu treffende Entscheidung nach § 268a StPO bleibt Sache des Tatgerichts. Im Hinblick auf die milden Auflagen erscheint dem Senat eine Änderung des Bewährungsbeschlusses nicht unbedingt angezeigt.

Ende der Entscheidung

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