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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.11.1999
Aktenzeichen: 1 StR 560/99
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 560/99

vom

17. November 1999

in dem Sicherungsverfahren

gegen

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. November 1999 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:

Tenor:

Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 28. Juli 1999 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 2. November 1999 ausgeführt:

"Die Revision wendet sich mit der Sachrüge gegen die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Feststellungen. Ihr kann der Erfolg nicht versagt bleiben.

Die Beweiswürdigung zur Täterschaft des Beschuldigten vermag nicht zu überzeugen. Da der Strafkammer in der Hauptverhandlung keine unmittelbaren Beweise für das zur Brandentstehung führende Tatgeschehen vorgelegen haben, stützt sie ihre Feststellungen zum Tathergang auf den Ausschluss alternativer Sachverhaltsverläufe. Fest steht danach zunächst aufgrund der Angaben des sachverständigen Zeugen S. , dass eine Brandverursachung durch die an der Brandstelle vorhandenen elektrischen Leitungen ausgeschlossen werden kann (UA S. 8). Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass außer dem Beschuldigten und seiner Ehefrau sowie deren zwei- und dreijährigen Kindern keine anderen Personen zur Tatzeit sich Zutritt zu dem Speicherraum verschaffen konnten, in dem der Brand entstand. Nach der Aussage der Mutter und Betreuerin des Beschuldigten sollen allerdings die Kinder 'keinen Zugang zu dem Speicher' gehabt haben (UA S. 7). Dem folgt die Strafkammer, ohne nachvollziebar darzulegen, weshalb die Kinder zur Tatzeit tatsächlich keine Gelegenheit gehabt haben sollen, in den Speicher zu gelangen.

Auch die weiteren von der Strafkammer herangezogenen Indizien weisen zwar auf eine mögliche Täterschaft des Beschuldigten hin, lassen dabei jedoch auch Alternativen zu, mit denen sich die Strafkammer nicht hinreichend auseinandergesetzt hat. So kann den Angaben des Zeugen K. entnommen werden, dass der Angeklagte und seine Familie am 30.08.1997 gegen 13.40 Uhr von dem von ihnen bewohnten Haus wegfuhren und 'kurze Zeit darauf' 'starker Brandgeruch' und 'dichter Rauch aus den Dachziegeln' des Hauses wahrnehmbar waren (UA S. 7). Zusätzlich gab die Mutter des Beschuldigten an, dieser habe ihr gegenüber nach dem Brand erklärt, das Haus als letzter verlassen und die Tür abgesperrt zu haben. Seine Ehefrau und die Kinder hätten sich bereits im Auto befunden (UA S. 7).

Die Ehefrau des Beschuldigten, die ebenso wie der Angeklagte von ihrem Recht zur Aussageverweigerung in der Hauptverhandlung Gebrauch gemacht hat (Protokoll Bl. 241 d.A.), schließt die Strafkammer als Brandverursacherin lediglich mit der Feststellung aus, es gebe 'keinen Grund, anzunehmen, dass die Ehefrau des Beschuldigten das Feuer gelegt haben könnte' (UA S. 8). Die Feststellung des Fehlens eines Tatmotivs bei der Ehefrau des Beschuldigten genügt jedoch schon im Hinblick auf eine möglicherweise fahrlässige Brandverursachung nicht. Nachdem die technische Brandursache in der Hauptverhandlung nicht geklärt werden konnte, so dass ein mutwilliges Entzünden des als Entstehungsort des Brandes festgestellten Pappkartons ebenso in Betracht kommt, wie z.B. das versehentliche Liegenlassen einer brennenden Zigarette, entbehrt die Feststellung in dem angegriffenen Urteil, 'als Ursache für den Brandausbruch' komme 'nur vorsätzliches Legen des Feuers durch den Beschuldigten in Betracht' (UA S. 8) jeder Tatsachengrundlage.

Ebenfalls kann dem Urteil nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, von welchem Tatmotiv des Beschuldigten die Strafkammer ausgegangen sein will. Es wird zwar an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte nach einer Schädelverletzung am 10.11.1990 Verhaltensauffälligkeiten gezeigt hätte, wie das Überschütten eines Autos mit Benzin, das Einwerfen von mit Glycerin gefüllten Schuhen eines Verwandten in einen Ofen sowie das Schlagen eines Loches in die Zimmerdecke. Dabei habe es sich nach den Feststellungen des psychiatrischen Sachverständigen um 'Reaktionen einer in ihrem Verhaltensmuster hilflosen, kranken Persönlichkeit auf Frustrationssituationen' gehandelt. Der Beschuldigte befinde sich 'generell' aufgrund einer krankhaften seelischen Störung in der Gefahr, auf Konfliktsituationen abnorm zu reagieren (UA S.10). In dem Urteil werden jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich der Angeklagte zur Tatzeit etwa in einer als Tatauslöser in Betracht kommenden Konflikt- oder Belastungssituation befunden hat.

Schließlich wird in dem Urteil auch nicht dargelegt, auf welche Grundlage die Strafkammer ihre Annahme stützt, der Angeklagte sei trotz der ihm festgestellten erheblichen intellektuellen Defizite (UA S. 6, 9 ff.) in der Lage gewesen zu erkennen, dass ein von ihm auf dem Dachboden verursachtes Feuer auf das gesamte Wohnanwesen übergreifen könnte (UA S. 8, 9).

Die der Annahme der Täterschaft des Beschuldigten zugrunde liegenden Schlussfolgerungen der Strafkammer entfernen sich danach so sehr von einer festen Tatsachengrundlage, dass sie letztlich als bloße Vermutungen anzusehen sind (vgl. BGHR StPO § 261 Vermutung 1)."

Dem tritt der Senat bei.

Ende der Entscheidung

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