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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.12.1999
Aktenzeichen: 1 StR 563/99
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 337 Abs. 1
StPO § 301
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 StR 563/99

vom

14. Dezember 1999

in der Strafsache

gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u.a.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. Dezember 1999, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer und die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Granderath, Dr. Wahl, Dr. Boetticher, Schluckebier,

Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26. Juli 1999 wird verworfen.

Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Schutzbefohlenen in 15 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von Kindern, unter Einbeziehung einer anderweit verhängten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt; im übrigen hat es ihn freigesprochen. Die Revision der Staatsanwaltschaft richtet sich gegen den Strafausspruch; sie rügt die Verletzung sachlichen Rechts. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

1. Die Strafzumessung ist Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von Tat und Täterpersönlichkeit gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn ein Rechtsfehler vorliegt (§ 337 Abs. 1 StPO). Das ist namentlich der Fall, wenn der Tatrichter fehlerhafte Erwägungen angestellt hat oder wenn erforderliche Erwägungen oder Wertungen unterblieben sind und das Urteil auf dem Mangel beruhen kann oder wenn sich die verhängte Strafe nicht im Rahmen des Schuldangemessenen hält. Eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. Die revisionsrichterliche Überprüfung der Strafzumessung hat sich am sachlichen Gehalt der Ausführungen des Tatgerichts, nicht an dessen Formulierungen zu orientieren (so u.a. BGHSt 34, 345, 349).

2. Nach diesem Maßstab hält der Strafausspruch des angegriffenen Urteils rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Die Beschwerdeführerin meint, das Landgericht habe das Geständnis des Angeklagten nicht hinreichend auf seine Eignung geprüft, eine Strafmilderung zu begründen. Daß der Angeklagte erst in der Hauptverhandlung gleichsam die letzte Chance ergriffen habe, durch ein Geständnis noch einen ihm günstigen Umstand zu schaffen, dürfe ihm angesichts der Beweislage nicht entscheidend zugute kommen.

Diese Beanstandung dringt nicht durch. Das Landgericht hat nicht außer Acht gelassen, daß der Angeklagte sein Geständnis erst nach "früher heftigem Bestreiten" abgelegt hat; es ist ebensowenig daran vorbeigegangen, daß die Geschädigte "bis zur Hauptverhandlung erlebt und erlitten hatte", vom Angeklagten "als Lügnerin" dargestellt worden zu sein. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang mit dem Vortrag von Einzelheiten auf das Verhalten des Angeklagten im Ermittlungsverfahren abstellt, findet dies insoweit in den hier allein maßgeblichen Urteilsgründen keine Stütze.

Den Strafbemessungserwägungen des Landgerichts läßt sich überdies entnehmen, daß das Geständnis des Angeklagten durchaus auch von Einsicht getragen war. Das Landgericht hat als strafmildernd hervorgehoben, daß der Angeklagte in öffentlicher Sitzung zu seinem Fehlverhalten stand. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Selbst ein nicht aus Einsicht und Reue abgelegtes Geständnis wäre dazu angetan, zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens beizutragen und Genugtuungswirkung für Opfer wie Allgemeinheit zu entfalten. Gerade einen Angeklagten, der zuvor die im Familienkreise begangenen Taten bestritten hatte, kann es erhebliche Überwindung kosten, sein Fehlverhalten doch noch - zumal in öffentlicher Hauptverhandlung - einzuräumen. Die Bedeutung des Geständnisses wird schließlich auch im Blick auf die hier gegebene Beweislage nicht geschmälert. Das folgt bereits daraus, daß die Geschädigte - wie der Zusammenhang des Urteils ergibt - die alleinige unmittelbare Tatzeugin war.

b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Erwägung des Landgerichts, schwerwiegende Folgen der Taten seien nicht eingetreten. Die Strafkammer - eine Jugendschutzkammer - stützt sich dabei ersichtlich auf die Angaben der Geschädigten. Es ist nicht erkennbar, daß das Landgericht damit Erfahrungssätze, die auf wissenschaftlicher Erkenntnis beruhen und keine Ausnahme zulassen würden, außer Acht gelassen hätte (vgl. nur BGHSt 31, 86, 89; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 337 Rdn. 31). Auch die Revision verdeutlicht nicht näher, inwiefern die Feststellungen über die Folgen der Tat - wie sie meint - jugendpsychiatrischen Erkenntnissen zuwiderlaufen sollen.

c) Entgegen der Ansicht der Revision ist auch gegen Ausspruch sowie Begründung der Gesamtfreiheitsstrafe von Rechts wegen nichts zu erinnern. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, daß bei einer Reihe gleichartiger Taten die Erhöhung der Einsatzstrafe in der Regel niedriger auszufallen hat, wenn zwischen den einzelnen Taten ein enger zeitlicher, sachlicher und situativer Zusammenhang besteht (so u.a. BGH NJW 1995, 2234). So ist das Landgericht ersichtlich im Ergebnis auch hier davon ausgegangen, daß die wiederholte Verwirklichung der gleichartigen, gegen dasselbe Opfer gerichteten, einer persönlichen Beziehung entspringenden Taten nicht Ausdruck einer sich steigernden rechtsfeindlichen Einstellung waren. Im Blick auf die gegebenen Besonderheiten kann keine Rede davon sein, wegen der lediglich geringfügigen Erhöhung der Einsatzstrafe erweise sich die Gesamtstrafe hier nicht mehr als gerechter Schuldausgleich.

Die vom Landgericht angenommene hohe Strafempfindlichkeit des Angeklagten hat es unter Hinweis auf die erstmalige Verbüßung einer Freiheitsstrafe und die Wirkungen der Untersuchungshaft in ebenfalls nicht zu beanstandender Weise begründet. Die weitergehende Bezugnahme auf die Erwägungen, die es der Zumessung der Einzelstrafen zugrunde gelegt hat, war hier zulässig (vgl. BGHSt 24, 268, 271).

II.

Die gemäß § 301 StPO gebotene Prüfung des Urteils auf Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten hat ebenfalls einen Mangel nicht aufgedeckt.

Ende der Entscheidung

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