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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 29.01.1998
Aktenzeichen: 1 StR 64/97
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB 1975 § 11 Abs. 1 Nr. 2 c |
Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB kann ein freiberuflicher Bauingenieur dann sein, wenn er aufgrund eines Rahmenvertrages sämtliche Bauangelegenheiten eines städtischen Krankenhauses zu betreuen hat.
BGH, Urt. vom 29. Januar 1998 - 1 StR 64/97 - LG München I
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom
29. Januar 1998
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Bestechung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 27. Januar 1998 in der Sitzung am 29. Januar 1998, an denen teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Maul als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Granderath, Dr. Brüning, Dr. Wahl, Dr. Boetticher,
Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt (in der Verhandlung vom 27. Januar 1998) als Verteidiger des Angeklagten K. und als Verfahrensbevollmächtigter der Nebenbetroffenen,
Rechtsanwalt (in der Verhandlung vom 27. Januar 1998) als Verteidiger des Angeklagten A. ,
Justizangestellte Justizangestellte als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Angeklagte K. im Tatkomplex I der Gründe des Urteils des Landgerichts München I vom 5. August 1996 wegen Bestechung verurteilt worden ist.
Insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
II. 1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das genannte Urteil, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte im Tatkomplex I wegen Bestechung verurteilt ist;
b) im Ausspruch über die im Tatkomplex II 2 verhängte Einzelstrafe und
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das genannte Urteil, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Auf die Rechtsbeschwerde der Firma M. Telefongesellschaft mbH wird das genannte Urteil, soweit es sie betrifft, im Tatkomplex I
a) im Ausspruch über die Ordnungswidrigkeit dahin geändert, daß gegen § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG (= § 30 Abs. 1 Nr. 2 OWiG a.F.) i.V.m. § 263 StGB verstoßen wurde,
b) im Ausspruch über die Geldbuße mit den Feststellungen aufgehoben.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
IV. Die weitergehende Revision des Angeklagten K. wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten K. unter Freisprechung im übrigen wegen Bestechung in elf Fällen, Urkundenfälschung in vier Fällen und Betruges in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten, den Angeklagten A. wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 130 DM verurteilt sowie gegen die Firma M. Telefongesellschaft mbH (MTG) wegen Kartellordnungswidrigkeiten Geldbußen im Gesamtbetrag von 238.600 DM festgesetzt. Gegen dieses Urteil richten sich die Rechtsmittel der beiden Angeklagten und der Nebenbetroffenen. Die Rechtsbeschwerde der Nebenbetroffenen ist auf den Tatkomplex I beschränkt. Die Revision des Angeklagten K. hat teilweise, die Revision des Angeklagten A. in vollem Umfang Erfolg. Die Rechtsbeschwerde der MTG führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die im Tatkomplex I verhängte Geldbuße; im übrigen bleibt sie ohne Erfolg.
I.
1. Hinsichtlich des Tatkomplexes I war das Verfahren wegen Verfolgungsverjährung (§ 78 Abs. 1 StGB) einzustellen (§ 260 Abs. 3 StPO), soweit der Angeklagte K. wegen Bestechung verurteilt worden ist.
Nach den Feststellungen hatte K. etwa Mitte des Jahres 1986 mit O. , einem Angestellten der Stadt München, auf dessen Angebot vereinbart, ihm gegen Zahlung von 3 % der Nettoauftragssumme bei Auftragserhalt die im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung entstandenen Bieterlisten für den Auftrag Schwachstromanlagen beim Klärwerk München II zu überlassen sowie ihm den Höchstbetrag der für dieses Baulos zur Verfügung stehenden öffentlichen Gelder mitzuteilen. Unter Verwendung dieser alsbald erhaltenen Informationen gab K. als Geschäftsführer der MTG am 19. September 1986 ein Angebot ab (Bd. VII Bl. 32 HA), das sich als das günstigste erwies. Der Bauausschuß der Stadt München beschloß daher am 30. Oktober 1986 die Auftragsvergabe an die MTG. Die erste zur Unterbrechung der Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 334 Abs. 1 StGB a.F., § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) geeignete Handlung war der Durchsuchungsbeschluß des Amtsgerichts München vom 4. September 1991. Die versprochene Zahlung an den städtischen Angestellten O. unterblieb aus nicht mehr aufklärbaren Gründen.
Das Landgericht meint, die Verjährungsfrist sei rechtzeitig unterbrochen worden, weil die Auftragsvergabe in unverjährter Zeit erfolgt sei. Dies ist rechtlich unzutreffend.
Nach § 78 a Satz 1 StGB beginnt die Verjährung, sobald die Tat beendet ist. Beendet ist sie mit der Ausführung der zum Tatbestand gehörenden Handlungen (vgl. BGHSt 16, 207, 208; 24, 218, 220; BGHR StGB § 78 a Satz 1 Abfallagerung 1), bei Erfolgsdelikten mit dem Eintritt des zum Tatbestand gehördenden Erfolges (§ 78 a Satz 2 StGB). Dies bedeutet für Bestechung, daß die Tat beendet ist, wenn der Beamte die Amtshandlung vollzogen hat und (gegebenenfalls) der ihm dafür versprochene Vorteil in seinem letzten Stück gewährt worden ist (vgl. BGHSt 10, 237, 243; 11, 345, 347).
Da hier die versprochene Zahlung unterblieb, kommt es in erster Linie auf den Zeitpunkt der Unrechtsvereinbarung an; ob auch deren Vollzug - hier durch Überlassung geheimer Informationen - noch zur tatbestandsmäßigen Handlung des § 334 StGB a.F. zählt, kann offenbleiben, denn jedenfalls erfolgte auch er in verjährter Zeit.
Dagegen kommt es weder auf den Zeitpunkt der Auftragsvergabe an noch - wie der Generalbundesanwalt noch in seinem Terminsantrag erwogen hatte - auf den Zeitpunkt, in dem der Angeklagte K. von den Informationen Gebrauch machte. Denn weder die Auftragsvergabe noch die Nutzung der Informationen gehört zu den Handlungen des Bestechungstatbestandes. Der Zuschlagsbeschluß des Bauausschusses der Stadt München ist kein Erfolg im Sinne des § 78 a Satz 2 StGB. Die Verwendung durch Bestechung erlangter Informationen wie auch die sonstige Nutzung auf diesem Wege erlangter Vorteile zählt nicht zu den tatbestandsmäßigen Handlungen der Bestechung. Dies kann vielmehr (grundsätzlich tatmehrheitlich) den Tatbestand des Betruges erfüllen (BGHSt 34, 379, 390; vgl. § 298 StGB n.F.), was verdeutlicht, daß solche Handlungen der Bestechung nicht mehr zugeordnet werden.
Die bloße Absicht der an der Unrechtsvereinbarung beteiligten Personen, dem Amtsträger den versprochenen Vorteil zu einem späteren Zeitpunkt zuzuwenden, ist auch dann nicht für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebend, wenn der Zeitpunkt bereits näher eingegrenzt wurde. Denn § 78 a StGB knüpft nicht an solche inneren Tatsachen an, die dem Beweis schwerer zugänglich sind als der äußere Geschehensablauf und die keine ebenso präzise zeitliche Grenzziehung zulassen wie dieser.
2. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten K. wegen Bestechung in den Fällen II 1 und II 2 der Urteilsgründe hat Bestand.
Nach den Feststellungen war der freiberuflich tätige Diplomingenieur E. mit der Vorbereitung der Ausschreibung für die Fernmeldeanlagen (II 3.1), die Telekommunikationsanlage und das Patientenfernsehen (II 3.2) für einen Neubau des städtischen Krankenhauses Bad Tölz sowie für die Telekommunikationsanlage des staatlichen Versorgungskrankenhauses Bad Tölz Kurklinik (II 3.2) beauftragt; dabei hatte er insbesondere die Bieterliste und die Leistungsverzeichnisse zu erstellen und die Ausschreibungen in technischer, rechnerischer und wirtschaftlicher Hinsicht zu überprüfen. Bei einem Treffen in St. Moritz vereinbarte der Angeklagte mit E. , daß dieser künftig bei Ausschreibungen, mit denen er befaßt war, die Firma MTG zur Angebotsabgabe auffordern und dem Angeklagten vorab die Namen der Mitbieter und die Höhe der zur Verfügung stehenden öffentlichen Gelder gegen eine Vergütung von ca. 1 % der Nettoauftragssumme mitteilen werde. Entsprechend wurde in den abgeurteilten Fällen verfahren.
Das Landgericht sieht den Tatbestand der Bestechung gemäß § 334 StGB a.F. als erfüllt an. Insbesondere sei der freiberufliche Diplomingenieur E. ein Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 c - 2. Alt. - StGB gewesen, weil er Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrgenommen habe und dazu konkludent bereits durch den Abschluß der jeweiligen privatrechtlichen Verträge bestellt worden sei. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Allerdings hat der Senat in seinem Urteil vom 15. Mai 1997 (BGHSt 43, 96 ff. = NStZ 1997, 540 ff.; zust. Anm. Ransiek NStZ 1997, 519 ff.; krit. Haft NStZ 1998, 29 f.) entschieden, daß der durch privatrechtlichen Vertrag in die Vorbereitung einer öffentlichen Ausschreibung zur Vergabe von Werkleistungen durch eine Gebietskörperschaft eingeschaltete Prüf- und Planungsingenieur kein Amtsträger ist, wenn kein besonderer öffentlich-rechtlicher Bestellungsakt vorliegt. Doch ist dieser Bestellungsakt formfrei möglich. Dabei ist Voraussetzung für eine solche Bestellung das Heranziehen zu einer über den einzelnen Auftrag hinausgehenden längerfristigen Tätigkeit oder eine Eingliederung in die Behördenstruktur (BGHSt aaO S. 105). Diese Voraussetzungen liegen zum Beispiel vor, wenn ein Architekt für eine Kommune langfristig aufgrund eines Rahmenvertrages alle baulichen Angelegenheiten eines bestimmten Objekts betreut. Sie sind auch zu bejahen, wenn in einer kleinen Gemeinde, die kein Bauamt besitzt, ein Architekt dessen Aufgaben übernimmt ("Ortsarchitekt"). Ein Planungsingenieur kann Amtsträger sein, wenn er für einen längeren Zeitraum beauftragt ist, Ausschreibungen durchzuführen oder Vergaben vorzubereiten oder bei allen städtischen Bauprojekten die Kostenkontrolle zu übernehmen.
Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen der Amtsträgereigenschaft des freiberuflichen Planungs- und Prüfingenieurs nach den Feststellungen zweifelsfrei erfüllt, soweit es sich um die Bauvorhaben des Krankenhauses der Stadt Bad Tölz handelte.
Der Diplomingenieur E. betrieb unter seiner Wohnanschrift ein Planungsbüro. Er wurde "häufig" bei beschränkt öffentlichen Ausschreibungen verschiedener Gebietskörperschaften eingesetzt. Bereits im Jahr 1970 war er auch für die Stadt Bad Tölz tätig gewesen. "Seit 1972 war E. u.a. im Rahmen eines Ingenieurvertrages mit der Stadt Bad Tölz zuständig für Bauvorhaben im Krankenhaus der Stadt ..., insbesondere für die Vorbereitung der Bauausführung, das Erstellen der Firmenvorschlagslisten sowie der Leistungsverzeichnisse, des Vergabevorschlags" sowie für "die Bauleitung und für die Abnahme". Die Stadt Bad Tölz hatte diese Tätigkeiten "wegen fehlender Personal- und Sachkompetenz" auf ihn übertragen. In den Jahren 1984 und 1985 wurden weitere Ingenieurverträge zwischen dem Ingenieur E. und der Stadt Bad Tölz geschlossen.
Bei einer solchen langjährigen und intensiven Verbindung des freiberuflichen Ingenieurs mit der Stadtverwaltung, die die öffentliche Aufgabe nicht selbst erfüllen kann, ist es rechtlich unzweifelhaft, daß der Ingenieur von der Stadt persönlich beauftragt sein und wie eines ihrer Organe nach außen auftreten sollte. Der verkürzte rechtliche Ansatz des Landgerichts, das den Bestellungsakt bereits im Abschluß des privatrechtlichen Vertrages erblickt hat, hat sich daher auf das Ergebnis der rechtlichen Beurteilung nicht ausgewirkt.
Anders verhält es sich, soweit der freiberufliche Ingenieur auch im Hinblick auf die Vergabe des Auftrags für eine Telekommunikationsanlage für das staatliche Versorgungskrankenhaus Bad Tölz Kurklinik als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB angesehen wurde. Insofern war er vom Landbauamt Weilheim beauftragt worden, ohne daß den Feststellungen in diesem Zusammenhang eine besondere Bestellung im genannten Sinne zu entnehmen wäre. Der Senat schließt aus, daß dazu rund zehn Jahre nach der Tat noch weitere Feststellungen getroffen werden können. Dies läßt allerdings den Schuldspruch unberührt, da nur eine von zwei tateinheitlichen Bestechungshandlungen entfällt. Jedoch wird der Schuldumfang dadurch gemindert. Der Senat kann nicht ausschließen, daß sich dies auf die Zumessung der Einzelstrafe auswirken kann.
3. Die Einwände der Revision des Angeklagten K. gegen die Schuldsprüche wegen Betrugs (Tatkomplex I, Tatkomplex IV Fälle 1 und 2) sind unbegründet, weil der Angeklagte in diesen Fällen das Bestechungsgeld in die Angebotssumme "angebotserhöhend" eingerechnet hat (vgl. Senatsurteil vom 15. Mai 1997, NStZ 1997, 540, 542, insoweit in BGHSt 43, 96 ff. nicht abgedruckt).
Soweit der Angeklagte in sieben weiteren Fällen (II 2, 3, 4, 5, 6, IV 1, 2) wegen Bestechung und in vier Fällen (Tatkomplex II 2, Tatkomplex III 1, 2, 5) wegen Urkundenfälschung verurteilt worden ist, sind Rechtsfehler gleichfalls nicht erkennbar.
Die Einzelstrafe wegen Betruges im Tatkomplex I ist nicht zu beanstanden. Der Senat schließt aus, daß sich der Wegfall der weiteren Einzelstrafe wegen Bestechung in demselben Tatkomplex infolge der Verfahrenseinstellung auf die milde Einzelstrafe auswirken kann, zumal auch verjährte Taten strafschärfend berücksichtigt werden können. Auf die von der Revision angegriffenen Feststellungen zum Umfang des Tatgewinns durch die Betrugstat hat das Landgericht bei der Strafzumessung hier nicht abgehoben.
Die Einzelstrafe wegen Bestechung im Tatkomplex II 2 ist dagegen aus den schon genannten Gründen aufzuheben.
Der Wegfall einer Einzelstrafe im Tatkomplex I und die Aufhebung der Einzelstrafe im Tatkomplex II 2 führt auch zur Aufhebung der Gesamtstrafe, zumal mit der Verfahrenseinstellung die bisherige Einsatzstrafe entfällt. Die übrigen, sehr maßvollen Einzelstrafen bleiben unberührt.
II.
Die Revision des Angeklagten A. hat in vollem Umfang Erfolg. Der Schuldspruch wegen Urkundenfälschung beruht auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung.
Nach den Feststellungen hat A. , ein Mitarbeiter der Firma MTG mit einem Sachbearbeiter der Regierung von Oberbayern das Angebot der Firma MTG für die Neubeschaffung einer Kommunikationsanlage für das Bayerische Nationalmuseum nach Abgabe dadurch verändert, daß er das Blatt "G. Kostenzusammenstellung" des Originalleistungsverzeichnisses neu ausgefüllt hat, wobei er einen projektbezogenen Nachlaß von 10 % sowie einen Nachlaß von 30 % auf die Wartung der Anlagen nachträglich gewährte und auf diesem Blatt oben neben die Wörter "im Ausbau" die Zahl 15/128 setzte. Dann tauschte er das bisher an dieser Stelle im Angebot der Firma MTG befindliche Blatt gegen das neugeschriebene Blatt aus, um so den Eindruck zu erwecken, daß dieses Blatt bereits dem Angebot beigelegen habe.
Der Angeklagte A. hat diese Tat bestritten und vorgebracht, er habe die Nachlässe bereits vor Abgabe des Angebots eingetragen. Das Landgericht hält ihn letztlich deshalb für überführt, weil er die Anlage im Blatt "G. Kostenzusammenstellung" offenbar mit "im Ausbau 15/128" (15 Hauptstellen/128 Nebenstellen - reduzierte Ausschreibung), statt "im Ausbau 15/150" (15 Hauptstellen/150 Nebenstellen - ursprüngliche Ausschreibung) beschrieben habe. Dafür gebe es keine andere vernünftige Erklärung als die, daß das Blatt nachträglich ausgetauscht worden sei. Denn bei der Angebotsvergabe habe A. von der Reduzierung noch nichts wissen können. Entsprechend sei im Anschreiben zum Leistungsverzeichnis der Firma MTG die Anlage mit "im Ausbau 15/150" bezeichnet worden. Ein Hinweis auf 128 Anschaltorgane für Nebenanschlüsse findet sich dagegen im gesamten Leistungsverzeichnis nicht.
Die Revision macht demgegenüber geltend, aus dem von der Firma MTG unter dem 9. Oktober 1990 eingereichten Originalangebot (Anschreiben samt Leistungsverzeichnis) ergebe sich eindeutig, daß das Leistungsverzeichnis insgesamt - hinsichtlich der technischen Einzelpositionen wie hinsichtlich der Preise - auf einen Ausbau nicht mit 150, sondern mit 128 Nebenstellen ausgerichtet war; die Angabe Telekommunikationsanlage 15/150 im Anschreiben sei daher schon bei Einreichung des Angebots überholt gewesen. Anschreiben und Leistungsverzeichnis sind, wie das angefochtene Urteil selbst mitteilt, im Selbstleseverfahren gemäß § 249 Abs. 2 StPO Gegenstand der Hauptverhandlung geworden. Damit ist die auf § 261 StPO gestützte Beanstandung möglich, das Urteil gebe den Wortlaut einer verwerteten Urkunde falsch wieder oder die Urkunde habe entgegen den Urteilsfeststellungen einen eindeutig anderen Inhalt. In diesen Fällen ist es für das Revisionsgericht rekonstruierbar, daß die tatrichterliche Überzeugung nicht auf der dafür benannten Urkunde beruhen kann (BGHSt 29, 18, 21; BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1987, 18; BGH StV 1993, 115).
Aus dem Leistungsverzeichnis ergibt sich sowohl bezüglich der angebotenen Leistungen als auch bezüglich der geforderten Preise, daß die Annahme des Landgerichts falsch ist, das Angebot umfasse 150 Nebenstellen. Zwar wird auf Seite 1 des Leistungsverzeichnisses ebenso wie im Anschreiben die Anlage mit "im Ausbau 15/150" bezeichnet. Auf Blatt 11 des Leistungsverzeichnisses wird dagegen die Zahl der
Anschlußorgane für Nebenstellen (Teilnehmeranschlüsse) alternativ für analoge oder digitale Endgeräte jeweils mit 120 angegeben. Da jedoch - wie auf derselben Seite unter 1.11/1.12. vermerkt - die jeweiligen Baugruppen 16 Stück umfassen, ergibt sich eine Gesamtzahl von 128 Anschlußorganen. Demgemäß ist der Preis berechnet; das Angebot enthält in Spalte 4 den Einzelpreis der Baugruppe zu je 16 Stück mit 9.828 DM und in Spalte 5 den Preis von 8 Baugruppen in Höhe von 78.630,40 DM. Dieser Preis ist eingegangen in die Kostenzusammenstellung (Bl. G), in der für die Regelausstattung 143.862 DM berechnet sind; dieser Betrag setzt sich zusammen aus 49.542,40 DM für die zentrale Vermittlungseinrichtung, 15.689,50 DM für AnOrg-WASq/k und der bereits erwähnten Summe von 78.630,40 DM für die Anschlußorgane. Dem entspricht die Zahl der angebotenen Endgeräte, die mit 120 angegeben wird.
Damit ist aber der Schluß des Landgerichts, das Blatt "G. Kostenzusammenstellung" mit "im Ausbau 15/128" sei ausgetauscht worden, weil sich im gesamten Leistungsverzeichnis kein Hinweis auf nur 128 Anschlußorgane für Nebenstellen finde, nicht tragfähig. Er findet in der dafür ausgewerteten Urkunde gerade keine Stütze.
Allerdings wäre denkbar, daß der Angeklagte die Nachlässe nachträglich in das - vielfach korrigierte - Blatt "G. Kostenzusammenstellung" eingetragen hat, ohne es auszutauschen. Eine in dieser Weise begangene Urkundenfälschung hat das Landgericht jedoch nicht festgestellt.
III.
Die Rechtsbeschwerde der Firma MTG führt zur Änderung des Ausspruchs über die Ordnungswidrigkeit und zur Aufhebung des Ausspruchs üer die Geldbuße im Tatkomplex I, auf den das Rechtsmittel beschränkt ist.
1. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, daß nach § 30 Abs. I Nr. 1 OWiG n.F.(= § 30 Abs. 1 Nr. 2 OWiG a.F.) gegen eine juristische Person Geldbußen festgesetzt werden können, wenn ein vertretungsberechtigtes Organ eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat, durch die die juristische Person bereichert worden ist oder bereichert werden sollte. Rechtsirrig meint das Landgericht jedoch, hier ergebe sich die Rechtsgrundlage für die Geldbuße daraus, daß der Mitgeschäftsführer des Unternehmens, der Angeklagte K. , eine Kartellordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB begangen habe. Diese Annahme findet in den Feststellungen keine Stütze. Zwar hat sich K. durch Bestechung Informationen verschafft und diese bei der Erstellung seiner Angebote verwendet; dieses Vorgehen war wettbewerbswidrig. Er hat jedoch keine Absprachen mit potentiellen Mitbewerbern getroffen, so daß es an wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen im Sinne von § 1 Abs. 1 GWB fehlt. Tatsächlich hat er als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person im Tatkomplex I eine Straftat des Betruges (Bestechung entfällt wegen Strafverfolgungsverjährung) begangen und damit eine Bereicherung der von ihm vertretenen juristischen Person erreicht oder angestrebt. Nur dadurch sind hier die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG erfüllt (vgl. Göhler, OWiG 11. Aufl. § 30 Rdn. 22).
Der Senat kann die Rechtsgrundlage dahin richtigstellen, daß der Angeklagte K. als Mitgeschäftsführer die Firma MTG dadurch bereichert hat, daß er sich im Tatkomplex I des Betruges schuldig gemacht hat. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil schon die Anklage von den Tatbeständen der §§ 263, 267, 334 StGB als Grundlage für die Anwendung des § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ausgegangen war.
2. Die Verhängung einer Geldbuße von 212.000 DM im Tatkomplex I begegnet durchgreifenden Bedenken. Einmal ist insoweit das Verfahren hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung eingestellt worden. Daneben stützt sich das Landgericht ausschließlich auf den erzielten Gewinn, während nach § 30 OWiG vorrangig auf den Unrechtsgehalt der Bezugstat und deren Auswirkungen für den geschützten Ordnungsbereich abzuheben ist (BGH wistra 1991, 268, 269). Schließlich bestehen Bedenken gegen die Annahme eines Gewinnes von 212.000 DM. Ein solcher Gewinn, der 16 % der Auftragssumme ausmacht, erscheint bei einer öffentlichen Ausschreibung nicht ohne weiteres plausibel, zumal hier die Auftragsvergabe nicht durch Absprachen manipuliert war. Zwar hat der Angeklagte K. diese Summe genannt, doch bleibt im Urteil unklar, ob das Landgericht bedacht hat, daß von einem brutto erzielten Gewinn als Maßstab für eine Geldbuße zunächst Mehrwertsteuer, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer abzuziehen sind (BGH aaO).
Ende der Entscheidung
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