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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.03.2007
Aktenzeichen: 1 StR 98/07
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 273 Abs. 3
StPO § 274
StPO § 349 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 StR 98/07

vom 27. März 2007

in der Strafsache

gegen

wegen versuchten Totschlags u. a.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. März 2007 beschlossen:

Tenor:

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 29. September 2006 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seiner Revision zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten am 29. September 2006 wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Im Anschluss an die Urteilsverkündung und nach qualifizierter Belehrung hat der Angeklagte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet. Gleichwohl hat er am 4. Oktober 2006 Revision eingelegt. Mit weiterem Schreiben vom 11. Dezember 2006, eingegangen am 12. Dezember 2006, hat der Angeklagte überdies Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, weil er von seinem Verteidiger arglistig über den Umstand getäuscht worden sei, dass er "auf jeden Fall die Halbstrafe bekommen würde".

Die Revision des Angeklagten ist unzulässig, weil er wirksam auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet hat (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Sein Antrag auf Wiedereinsetzung bleibt daher ebenfalls ohne Erfolg.

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift Folgendes ausgeführt:

"Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls vom 29. September 2006 hat der Angeklagte im Anschluss an die Urteilsverkündung und nach qualifizierter Rechtsmittelbelehrung durch ausdrückliche Erklärung auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet (Bd. II Bl. 806 d.A.). Diese Erklärung nimmt an der Beweiskraft des Protokolls nach § 274 StPO teil, weil sie gemäß § 273 Abs. 3 StPO vorgelesen und genehmigt wurde. Der Rechtsmittelverzicht ist damit wirksam zustande gekommen (BGH GSSt NJW 2005, 1440, 1446). Er ist als Prozesshandlung grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (BGHSt 45, 51, 53; BGH NStZ-RR 2002, 114; BGH NJW 2002, 1436; KK-Ruß, StPO, 5. Aufl., § 302 Rdn. 15).

Ein Fall, in dem ausnahmsweise die Unwirksamkeit des von dem Angeklagten erklärten Rechtsmittelverzichts angenommen werden könnte (siehe etwa BGHSt 45, 51, 53; KK-Ruß, a.a.O., § 302 Rdn. 13 und 15), liegt nicht vor. Insbesondere bestehen an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten und damit an seiner Fähigkeit, wirksam Prozesshandlungen vorzunehmen, keine Zweifel. Ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des staatsanwaltschaftlichen Sitzungsvertreters vom 19. Januar 2007 (Bd. II Bl. 892f. d.A.) konnte der Angeklagte der viertägigen Hauptverhandlung jederzeit folgen. Er war stets in der Lage, an ihn gerichtete Fragen zu erfassen und zu beantworten. Aber auch Tatsachen, die auf eine unzulässige Beeinflussung des Angeklagten durch andere Verfahrensbeteiligte in Bezug auf den Rechtsmittelverzicht schließen ließen, sind nicht ersichtlich.

Insbesondere hat die vormalige Pflichtverteidigerin des Angeklagten, Rechtsanwältin L. , in ihrem Entpflichtungsersuchen vom 27. Dezember 2006 (Bd. II Bl. 873 d.A.) vorgetragen, dass alle Prozesshandlungen ausführlich mit dem Angeklagten besprochen worden und von seinem Einverständnis gedeckt gewesen seien. Auch die Entscheidung, auf Rechtsmittel zu verzichten, habe der Angeklagte selbst getroffen. Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll (Bd. II Bl. 806 d.A.) und der dienstlichen Stellungnahme der Staatsanwaltschaft (890f. d.A.) ergibt sich schließlich, dass der Angeklagte nach der qualifizierten Rechtsmittelbelehrung im Rahmen einer etwa zehnminütigen Verfahrensunterbrechung die Gelegenheit hatte, sich mit seiner Verteidigerin zu beraten. Ein übereilter Rechmittelverzicht kann mithin auch aus diesem Grund ausgeschlossen werden.

Die am 4. Oktober 2006 eingelegte Revision des Beschwerdeführers richtet sich somit gegen ein rechtskräftiges Urteil und ist gemäß § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen."

Dem schließt sich der Senat an.

Für ein weiteres Zuwarten hinsichtlich der Entscheidung über die Revision bestand keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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