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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.04.2008
Aktenzeichen: 2 AR 43/08
Rechtsgebiete: StPO, TKG


Vorschriften:

StPO § 102
StPO § 105
StPO § 162 Abs. 1
TKG § 55 Abs. 1
TKG § 127
TKG § 127 Abs. 6
TKG § 127 Abs. 7
TKG § 129
TKG § 149
Zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung einer Durchsuchung wegen des Verdachts, eine Sendeanlage ohne Frequenzzuteilung genutzt zu haben, ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Verfolgungsbehörde oder ihre den Antrag stellende Zweigstelle ihren Sitz hat.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 ARs 74/08 2 AR 43/08

vom 16. April 2008

in dem Ermittlungsverfahren

gegen

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts am 16. April 2008 beschlossen:

Tenor:

Zuständig für die Entscheidung über den Antrag der Bußgeldstelle Bremen der Bundesnetzagentur ist das Amtsgericht Bremen.

Gründe:

1. Die Bußgeldstelle Bremen der Bundesnetzagentur hält in dem gegen den Betroffenen gerichteten Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen § 55 Abs. 1 TKG (ordnungswidrig gemäß § 149 Abs. 1 Nr. 10 TKG) die Durchführung einer Durchsuchungsmaßnahme für erforderlich. Auf ihren Antrag vom 18. Januar 2008 haben sich sowohl das Amtsgericht Bremen, in dessen Bezirk die Bußgeldstelle ihren Sitz hat, als auch das Amtsgericht Leer, in dessen Bezirk die vermutete Nutzung der Sendeanlage ohne Frequenzzuteilung erfolgt sein soll, für unzuständig erklärt.

2. Der Bundesgerichtshof ist gemäß § 14 StPO zuständig, da die beiden streitenden Gerichte zu den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte gehören.

3. Zuständig für die Entscheidung ist das Amtsgericht Bremen. Die Zuständigkeit dieses Gerichts ergibt sich aus § 162 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 und 2 OWiG; danach stellt die Verfolgungsbehörde den Antrag auf Vornahme einer gerichtlichen Untersuchungshandlung bei demjenigen Amtsgericht, in dessen Bezirk sie oder ihre den Antrag stellende Zweigstelle ihren Sitz hat. Zweck dieser durch das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198) neu gefassten Vorschrift ist es, die Bestimmung der ermittlungsrichterlichen Zuständigkeit erheblich zu vereinfachen und zu beschleunigen sowie eine Kompetenzbündelung gerade für die Anordnung von Ermittlungsmaßnahmen mit technischem Hintergrund zu erreichen (BT-Drucks. 16/5846 S. 65).

a) Die Bundesnetzagentur ist gemäß § 149 Abs. 3 TKG die für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 149 Abs. 1 TKG zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG. Die Bußgeldstelle Bremen als zuständige Zweigstelle hat ihren Sitz in Bremen. Hieraus folgt nach § 162 Abs. 1 Satz 1 StPO die Zuständigkeit des Amtsgerichts Bremen für die Entscheidung über den gestellten Antrag.

b) Gegenteiliges ergibt sich nicht aus § 127 Abs. 6 TKG. Nach dieser Vorschrift können Durchsuchungen nur auf Anordnung des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll, vorgenommen werden. Die Vorschrift gilt jedoch lediglich für Durchsuchungen, die der Durchsetzung des in den Absätzen 1 bis 5 der Vorschrift geregelten Auskunfts-, Einsichts- und Prüfungsrechts der Bundesnetzagentur dienen (BeckTKG-Komm/Nübel, 3. Aufl. § 127 Rdn. 46; BerlKommTKG/Ruffert, § 127 Rdn. 3, 4, 36; vgl. auch BT-Drucks. 15/2316 S. 100 zu § 125 TKG-E). Dies folgt bereits aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift: Die in § 127 Abs. 6 und 7 TKG vorgesehenen Zwangsmaßnahmen dienen der Durchsetzung des in den vorangestellten Bestimmungen näher ausgestalteten Auskunftsbegehrens; auch die nachfolgenden Absätze des § 127 TKG regeln weitere Fragen des Auskunfts-, Einsichts- und Prüfungsverlangens. Mit Recht hat der Generalbundesanwalt des Weiteren darauf hingewiesen, dass es der allgemeinen Beschlagnahmeregelung in § 129 TKG nicht bedurft hätte, wenn es sich in den Fällen des § 127 Abs. 6 und 7 TKG nicht um spezielle Regelungen der Durchsuchung und Beschlagnahme im Rahmen eines Auskunftsverlangens der Bundesnetzagentur handeln würde (vgl. BeckTKG-Komm/Nübel, aaO § 127 Rdn. 62; unklar aber § 129 Rdn. 7; BerlKommTKG/Ruffert, § 129 Rdn. 2, 8).

In dem hier zu beurteilenden Fall beabsichtigt die Bundesnetzagentur nicht, das ihr gegenüber den Betreibern von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und Anbietern von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit zustehende Auskunfts-, Einsichts- und Prüfungsrecht nach § 127 Abs. 1 bis 5 TKG durchzusetzen. Vielmehr geht es um den Vorwurf der Nutzung einer Sendeanlage ohne Frequenzzuteilung durch eine natürliche Person. Natürliche Personen - wie der hier Betroffene - kommen indes nicht selbst als Auskunftsverpflichtete in Betracht; sie können lediglich gemäß § 127 Abs. 4 TKG Auskunftspersonen für die von ihnen repräsentierten Unternehmen sein (BeckTKG-Komm/Nübel, aaO § 127 Rdn. 10). Dementsprechend richtet sich das Recht zur Durchsuchung nach § 127 TKG jedenfalls in erster Linie auf Geschäftsräume, wie sich bereits aus den in § 127 Abs. 6 Satz 3 TKG als Durchsuchungszeitraum bezeichneten Geschäftszeiten ergibt; auch die in § 127 Abs. 4 und 5 TKG näher bezeichneten Pflichten der Unternehmen und Rechte der Bundesnetzagentur beschränken sich auf die üblichen Betriebs- oder Geschäftszeiten.

Die Auffassung des Amtsgerichts Bremen, die Zuständigkeitsbestimmung in § 127 Abs. 6 TKG sei hier entsprechend anzuwenden, trifft nicht zu. Zwar fehlt es in §§ 128 f TKG an einer Regelung der Durchsuchung außerhalb des von § 127 TKG abgedeckten Bereichs. Gleichwohl liegt aber für das Bußgeldverfahren keine Gesetzeslücke vor; denn infolge der Verweisung in § 46 Abs. 1 OWiG folgt die Zuständigkeit aus § 162 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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