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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.03.1999
Aktenzeichen: 2 ARs 92/99
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 33a
StPO § 462a Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 ARs 92/99

vom

10. März 1999

in der Strafsache

gegen

wegen Betruges

Az.: 811 VRs 19466/95 Staatsanwaltschaft Karlsruhe

Az.: 72 AR 7/97 Amtsgericht Bonn

Az.: 7 Ds 43/96 Amtsgericht Karlsruhe

Az.: 1 StVK 43/99 Landgericht Heilbronn

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts am 10. März 1999 beschlossen:

Zuständig für die Entscheidung über eine Nachholung des rechtlichen Gehörs (§ 33a StPO) ist das Amtsgericht Bonn.

Gründe:

Das Amtsgericht Bonn, dem die Bewährungsaufsicht übertragen war (§ 462a Abs. 2 Satz 2 StPO), widerrief mit Beschluß vom 7. August 1998 die dem Verurteilten bewilligte Strafaussetzung für die vom Amtsgericht Karlsruhe verhängte Freiheitsstrafe von vier Monaten. Am 18. Dezember 1998 wurde der Verurteilte festgenommen und zur Verbüßung der Freiheitsstrafe in die Justizvollzugsanstalt Heilbronn eingeliefert. Mit Schreiben vom 23. Dezember 1998 beantragte er die Nachholung des rechtlichen Gehörs zum Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft, der ihm - wegen seines damals unbekannten Aufenthalts - öffentlich zugestellt worden war. Das Amtsgericht Bonn und das Landgericht Heilbronn (Strafvollstreckungskammer), in dessen Bezirk der inzwischen in die Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall verlegte Verurteilte die Strafe verbüßt, halten das jeweils andere Gericht für zuständig; das Landgericht Heilbronn hat dem Bundesgerichtshof den Zuständigkeitsstreit zur Entscheidung vorgelegt. Dieser ist das gemeinschaftliche obere Gericht und hat demzufolge das zuständige Gericht zu bestimmen (§ 14 StPO).

Zuständig für die Entscheidung über die Nachholung des rechtlichen Gehörs, wie sie in entsprechender Anwendung des § 33a StPO bei unterbliebener Anhörung des Verurteilten vor Widerruf der Strafaussetzung in Betracht kommt (BGHSt 26, 127, 130), ist das Amtsgericht Bonn. Die Aufnahme des Verurteilten in eine Strafanstalt führt allerdings dazu, daß für die Entscheidungen, die sich auf die Strafaussetzung zur Bewährung beziehen, anstelle des erkennenden oder desjenigen Gerichts, an das diese Entscheidungen abgegeben sind, die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts zuständig wird, in dessen Bezirk die Strafanstalt liegt (§ 462a Abs. 1 Satz 1 StPO).

Das gilt jedoch nicht für eine Entscheidung über die Nachholung des rechtlichen Gehörs, wenn der ohne Anhörung des Verurteilten ergangene Widerrufsbeschluß vor dessen Aufnahme in eine Strafanstalt ergangen war. Das Verfahren nach § 33a StPO dient der nachträglichen Erfüllung einer prozessualen Pflicht, der das beschließende Gericht vor seiner Widerrufsentscheidung hätte nachkommen müssen. Die in diesem Nachholungsverfahren zu treffende Entscheidung ist eine Ergänzung (Komplettierung) der ursprünglichen Entscheidung, bildet mit ihr zusammen eine Einheit und teilt, was die Zuständigkeit für ihren Erlaß anbelangt, ihr rechtliches Schicksal. Es ist der Sinn dieses Verfahrens, demselben Gericht, das die Sachentscheidung getroffen hat, auch die Entscheidung darüber zuzuweisen, ob im vorausgegangenen Verfahren das rechtliche Gehör gewährt worden ist, und ihm gegebenenfalls die Heilung eines entsprechenden Verfahrensmangels zu ermöglichen. Dem widerspräche es, hierüber nach Beginn der Strafverbüßung ein anderes Gericht entscheiden zu lassen, das weder mit dem Widerrufsverfahren befaßt war noch über ein Rechtsmittel gegen den Widerruf zu befinden hätte.

Mit diesem Ergebnis wird auch ein Widerspruch zu der vom Senat in BGHSt 26, 187 vertretenen Rechtsauffassung vermieden. Im dort entschiedenen Fall hatte der Verurteilte, nachdem die Strafaussetzung vom erkennenden Gericht widerrufen und der Widerrufsbeschluß öffentlich zugestellt worden war, nach Beginn der Strafverbüßung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde beantragt. Im damaligen Zuständigkeitsstreit zwischen Beschwerdegericht und Strafvollstreckungskammer hat der Senat das Beschwerdegericht für zuständig erklärt. Hier handelt es sich zwar nicht um die Wiedereröffnung des Beschwerderechtszugs, sondern um die Nachholung des rechtlichen Gehörs im Verfahren nach § 33a StPO. Doch war das Ziel des vom Verurteilten verfolgten Rechtsschutzbegehrens, sich nachträglich Gehör zu verschaffen, in beiden Fällen dasselbe. Auch übernimmt das Verfahren nach § 33a StPO für den Teilbereich des rechtlichen Gehörs dieselbe Überprüfungsfunktion, die sonst einem Beschwerdeverfahren zukäme. Danach läßt sich die Zuständigkeitsfrage hier nicht anders beantworten, als es in der zitierten Senatsentscheidung bei einem im Kern gleichgelagerten Fall geschehen ist.



Ende der Entscheidung

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