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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.07.2002
Aktenzeichen: 2 StE 7/99 (1)
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 5
StGB § 57 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StE 7/99 StB 13/02

vom

11. Juli 2002

in der Strafvollstreckungssache

gegen

wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 11. Juli 2002 gemäß § 454 Abs. 3, § 304 Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Mai 2002 wird als unbegründet verworfen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:

Der Beschwerdeführer verbüßt eine Freiheitsstrafe von vier Jahren, die das Oberlandesgericht Düsseldorf gegen ihn mit Urteil vom 15. November 2000 wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten in zwei tateinheitlichen Fällen verhängt hat. Seit Mai 1995 hatte der Beschwerdeführer als "Kalif und Emir" die fundamentalistisch-islamische Bewegung "Kalifatsstaat" (K. -Verband) geleitet. Nachdem diese Bewegung im Jahre 1996 durch das Auftreten des S. als "Gegenkalif" erschüttert worden war, rief der Beschwerdeführer am 1. und 21. September 1996 in Reden auf einer Hochzeitsfeier in Berlin bzw. auf einer Ratsversammlung in Köln zur Tötung seines Gegners auf. S. wurde tatsächlich am 8. Mai 1997 in Berlin durch bislang unbekannt gebliebene Täter ermordet.

Durch Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 8./12. November 2001 ist der "Kalifatsstaat" einschließlich seiner Teilorganisationen mit der Begründung verboten worden, die Vereinigung richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie den Gedanken der Völkerverständigung und gefährde die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Das Verbot ist nicht bestandskräftig; seine sofortige Vollziehung ist angeordnet.

Mit Beschluß vom 24. Mai 2002 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf den nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe gestellten Antrag, die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung auszusetzen, abgelehnt und zugleich angeordnet, daß vor Ablauf von sechs Monaten ein neuer Aussetzungsantrag des Verurteilten unzulässig ist. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Oberlandesgericht hat mit zutreffender Begründung eine günstige Täterprognose verneint und deshalb den Strafrest nicht gemäß § 57 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt. Vor allem die im Zeitraum von Februar bis April 2002 in der Zeitung "Beklenen Asr-I Saadet" erschienenen Beiträge des Beschwerdeführers, in denen er sich als "Kalif" an seine Anhänger wendet, begründen die Besorgnis, er werde im Falle seiner vorzeitigen Entlassung bemüht sein, seine Gemeinde wieder um sich zu scharen und den verbotenen "Kalifatsstaat" unter konspirativen Umständen fortleben zu lassen. Die zu befürchtenden massiven Verstöße gegen das Vereinsgesetz - sowohl des Beschwerdeführers selbst als auch auf seine Veranlassung hin einer Vielzahl seiner Anhänger - bedrohen mittelbar auch die mit dem Vereinsverbot geschützten Rechtsgüter der verfassungsmäßigen Ordnung und der inneren Sicherheit. Diesem Gesichtspunkt kommt hier deswegen besonderes Gewicht zu, weil der Beschwerdeführer das zu seiner Verurteilung wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten führende Verhalten nach wie vor für religiös geboten und allein in der Form für ungeschickt hält.

Im übrigen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung, denen er sich anschließt.

Zum Beschwerdevorbringen bemerkt der Senat ergänzend, daß auch das Verfahren des Oberlandesgerichts bei der Anhörung des Beschwerdeführers am 23. Mai 2002 bzw. bei der Abfassung und Zustellung des angefochtenen Beschlusses vom 24. Mai 2002 nicht zu beanstanden ist. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Stellungnahme vom 12. Juni 2002 verwiesen.

Ende der Entscheidung

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