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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 04.08.1999
Aktenzeichen: 2 StR 100/99
Rechtsgebiete:
Vorschriften:
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom
4. August 1999
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. August 1999, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Niemöller als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Detter, Dr. Bode,
die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Otten
und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann als beisitzende Richter,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 14. Juli 1998 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft; sie erstrebt eine Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens, rügt die Verletzung sachlichen Rechts und wird vom Generalbundesanwalt vertreten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Nach den Feststellungen hatte sich der Angeklagte Ende Oktober 1996 bei einem geschäftlichen Aufenthalt in Bukarest auf Drängen eines gewissen "S. " bereit erklärt, im Inland eine Lieferung von 15 kg Heroin entgegenzunehmen. Das Rauschgift sollte 28.000 DM pro kg kosten, der Kurierlohn 15.000 DM betragen. Am 7. Dezember 1996 nahm der Angeklagte die angekündigte Lieferung an seinem Wohnort entgegen, zahlte den Kurierlohn und vergrub das Rauschgift auf einem Grundstück. Nachdem er sich mit Rechtsanwälten beraten hatte, erstattete er am 7. Februar 1997 Selbstanzeige. Daraufhin wurde das Heroin (knapp 14 kg mit einem Wirkstoffanteil von etwas über 7,8 kg) noch am selben Tag sichergestellt.
Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten, er habe nicht Handel treiben wollen, sondern von Beginn an die Absicht gehabt, das Rauschgift den deutschen Strafverfolgungsbehörden auszuhändigen und die Organisation um "S. " aufzudecken, für unwiderlegt angesehen. Die Beschwerdeführerin beanstandet die dem zugrundeliegende Beweiswürdigung in mehrfacher Hinsicht. Die Rügen greifen indessen nicht durch:
1. Das Landgericht hat nicht - wie die Revision meint - verkannt, daß sich das Tatgericht auch bei entlastenden Angaben des Angeklagten die Überzeugung von deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit aufgrund des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme bilden muß. Die eingehenden Ausführungen, mit denen es dartut, warum es die Einlassung des Angeklagten für unwiderlegt hält, enthalten nichts, was die Besorgnis begründen könnte, es habe diese Pflicht außer Acht gelassen; Anhaltspunkte dafür nennt auch die Revision nicht.
2. Im Ergebnis ohne Erfolg bleibt die Rüge, die Beweiswürdigung sei lückenhaft, weil sich das Landgericht nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, warum der Angeklagte erst drei Wochen nach Erhalt des Rauschgifts den Versuch unternahm, mit den Ermittlungsbehörden in Verbindung zu treten. Dies konnte allerdings ein Indiz dafür sein, daß er zu dieser Zeit noch beabsichtigte, das Rauschgift gewinnbringend zu veräußern, und hätte deshalb unter diesem Gesichtspunkt der Erörterung in den Urteilsgründen bedurft. Auf diesem Mangel beruht die Ablehnung einer Verurteilung wegen Handeltreibens jedoch nicht. Selbst wenn sich das Landgericht mit der Frage auseinandergesetzt hätte, warum der Angeklagte den Besitz des Rauschgiftes etwa drei Wochen lang verschwieg, wäre nicht auszuschließen gewesen, daß er damals noch unschlüssig war, ob er das in seinem Besitz befindliche Rauschgift mit Gewinn weiterveräußern oder den Strafverfolgungsbehörden aushändigen solle. Auch in diesem Fall hätte er noch nicht den Tatbestand des Handeltreibens erfüllt. Handeltreiben setzt Eigennützigkeit voraus, erfordert also, daß der Täter erwartet, aus einer irgendwie gearteten Mitwirkung am Umsatz des Rauschgifts einen Vorteil zu ziehen (statt aller: Franke/Wienroeder, BtMG § 29 Rdn. 55 ff und die dort angeführte BGH-Rechtsprechung). Diese Erwartung hat der Täter nicht schon, wenn er eine ihm vorteilhafte Mitwirkung am Rauschgiftumsatz - hier die gewinnbringende Weiterveräußerung des aufbewahrten Heroins - neben der Alternative einer Unterrichtung der Ermittlungsbehörden erwägt, sondern erst, wenn er sich dazu entschließt.
3. Zu Unrecht erblickt die Revision schließlich einen unauflösbaren Widerspruch darin, daß sich der Angeklagte einerseits schon durch eher geringen, "unterschwelligen" Druck seitens der Lieferantenkreise zur (scheinbaren) Mitwirkung an dem Rauschgiftgeschäft bestimmen ließ, andererseits aber trotz erheblicher Bedrohung seiner Person und Familie außergewöhnliche Aufklärungshilfe leistete. Es liegt nahe, ist jedenfalls ohne weiteres vorstellbar, daß er sich gegen die spätere, ernstere Bedrohung besser gewappnet glaubte, weil er sich sicher sein durfte, im Interesse und unter dem Schutz der staatlichen Behörden zu handeln.
Ende der Entscheidung
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