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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: 2 StR 102/09
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 64
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat

nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers

am 22. April 2009

gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 24. November 2008 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls und fahrlässiger Tötung unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 21. April 2008 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und gefährlicher Körperverletzung zu einer weiteren Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1.

Das Urteil kann nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat (§ 64 StGB). Die Begründung hierfür begegnet rechtlichen Bedenken. Das sachverständig beratene Landgericht hat zwar einen Hang im Sinne von § 64 StGB bejaht, jedoch gemeint, es fehle an einem symptomatischen Zusammenhang mit den Straftaten. Bei dem Angeklagten folge der Konsum aus seiner polytropen Delinquenz und nicht umgekehrt; die Taten seien Folge seiner Persönlichkeitsstruktur und nicht seines Konsums.

Diese Einschätzung findet in den Urteilsgründen keine ausreichende Stütze. Der Angeklagte ist seit Jahren Drogenkonsument. Zuletzt hat er "mehr oder weniger regelmäßig drei bis vier Ecstasy-Pillen, vier bis fünf Gramm Amfetamin und fünf bis sechs Gramm Marihuana täglich verbraucht". Finanziert hat er diesen Konsum durch Straftaten (UA 3). Auch aus den Vorverurteilungen des Amtsgerichts Aachen vom 10. März 2004 und vom 1. Juni 2005 ergibt sich, dass er die zugrunde liegenden Straftaten, bei denen es sich vor allem um Diebstahlstaten handelte, zur Finanzierung seines Drogenkonsums begangen hat. Während des Tatgeschehens im Fall 3 hat er zu dem Geschädigten S. geäußert, "wo krieg' ich jetzt meine Drogen her". Insoweit hält die Kammer dem Angeklagten zugute, dass "die Tat unter erheblichem Suchtdruck stattgefunden" habe (UA 19). Schließlich begründet das Landgericht auch die Einzelstrafe für den Diebstahl im Fall 1 u. a. mit dem Suchtdruck, der auf dem Angeklagten gelastet habe (UA 17).

Bei dieser Sachlage drängt es sich auf, dass der Hang jedenfalls neben anderen Umständen zur Begehung der Anlasstaten beigetragen haben kann. Dies würde für die Annahme einer Symptomtat im Sinne von § 64 StGB ausreichen (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 78).

Im Übrigen sind nach den Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Angeklagte nicht gefährlich im Sinne der Vorschrift ist oder keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, ihn durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall zu bewahren (§ 64 Satz 2 StGB). Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5, 7 ; BGH NStZ-RR 2008, 107). Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.). Der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Der Senat kann ausschließen, dass der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf niedrigere Strafen erkannt hätte.

2.

Das Landgericht hat im Fall 1 den Angeklagten, dem bekannt war, dass sein Opfer aufgrund eines Schlaganfalls halbseitig gelähmt war und der erkennen konnte, "dass ein unvermittelter heftiger Stoß ... nicht abgefangen oder pariert werden könnte, sondern dazu führen würde, dass dieser rückwärts stürzt" lediglich wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Das nach den Feststellungen nahe liegende Vorliegen einer Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) hat es nicht geprüft. Der Angeklagte ist durch diesen Rechtsfehler jedoch nicht beschwert.

Ende der Entscheidung

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