Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.04.2007
Aktenzeichen: 2 StR 107/07
Rechtsgebiete: StPO, JGG


Vorschriften:

StPO § 338 Nr. 4
StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
JGG § 32
JGG § 105 Abs. 1
JGG § 108
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 107/07

vom 11. April 2007

in der Strafsache

gegen

wegen Beihilfe zur Zuhälterei

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts - zu Ziff. 2 auf seinen Antrag - und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 11. April 2007 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 2006 im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Die Strafkammer hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur Zuhälterei in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat nur hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs Erfolg.

1. Nach den Urteilsfeststellungen unterstützte die selbst als Prostituierte tätige Angeklagte ihren Zuhälter bei der Überwachung von zwei Frauen, die dieser im Sommer 2005 in Rumänien "gekauft" und in den Monaten August und September 2005 in einem Frankfurter Bordell zwecks Ausübung der Prostitution untergebracht hatte. Die Unterstützungshandlungen der Angeklagten bestanden darin, zeitweise im gleichen Zimmer wie die Geschädigten zu übernachten und diese zu überwachen, ihrem Zuhälter die Anzahl der Freier sowie die überschlägig ermittelte Höhe der Einnahmen der Geschädigten bekannt zu geben und zumindest gelegentlich auch die Einnahmen zu kassieren und an ihren Zuhälter weiterzuleiten.

2. Diese Feststellungen tragen zwar den Schuldspruch, belegen aber nicht, dass die am 23. August 1984 geborene Angeklagte auch schon bei Beginn ihrer unterstützenden Tätigkeit bereits das 21. Lebensjahr vollendet hatte. Ist dies aber unklar, so ist davon auszugehen, dass dies noch nicht der Fall war (BGHSt 5, 366).

Dieser Mangel führt zwar nicht zur Aufhebung des Urteils insgesamt, da der Umstand, dass nicht die gemäß § 108 JGG zuständige Jugendkammer, sondern die allgemeine Strafkammer entschieden hat, im Revisionsverfahren nur aufgrund einer hier nicht erhobenen Verfahrensrüge gemäß § 338 Nr. 4 StPO zu beachten gewesen wäre (BGHSt 18, 79, 83; 26, 191, 199). Es stellt jedoch einen auf die Sachrüge zu beachtenden Mangel dar, wenn die gemäß § 32 JGG i.V.m. § 105 Abs. 1 JGG gebotene Überprüfung unterblieben ist, ob die Angeklagte nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht abzuurteilen ist (BGH NStZ-RR 1996, 250). § 32 JGG i.V.m. § 105 Abs. 1 JGG ist auch anwendbar, wenn mehrere strafrechtlich bedeutsame Vorgänge (hier: verschiedenartige Unterstützungshandlungen über einen längeren Zeitraum), die, wie die Strafkammer zutreffend angenommen hat, im Rechtssinne als eine Tat zu werten sind, sich über mehrere Altersstufen hinziehen (BGH StV 1989, 308).

Die Entscheidung, bei welchen Teilen einer Tat deren Schwergewicht liegt, betrifft im Wesentlichen eine Tatfrage und kann daher vom Revisionsgericht nur in eingeschränktem Umfang überprüft werden (BGH aaO). Gleiches gilt für die Frage, ob dann, wenn die entsprechende Prüfung ergäbe, dass das Schwergewicht bei den Tatteilen liegt, bei deren Begehung die Angeklagte noch nicht ganz 21 Jahre alt war, Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht anzuwenden wäre (BGHR JGG § 105 Abs. 1 Nr. 1 Entwicklungsstand 1 m. w. Nachw.). Werden - wie hier - entsprechende Erwägungen deshalb nicht angestellt, weil der Tatrichter offensichtlich übersehen hat, dass die Anwendbarkeit des JGG überhaupt im Raum steht, können daher nicht eigene Erwägungen des Revisionsgerichts an deren Stelle treten.

3. Im Umfang der Aufhebung war die Sache an die zuständige Jugendkammer zurückzuverweisen (BGH NStZ-RR 1996, 250), die zunächst ergänzende Feststellungen dazu zu treffen haben wird, welche Unterstützungshandlungen die Angeklagte vor und welche nach ihrem 21. Geburtstag begangen hat, um dann entscheiden zu können, bei welchem Verhalten das Schwergewicht gemäß § 32 JGG liegt.

Ende der Entscheidung

Zurück