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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.07.1999
Aktenzeichen: 2 StR 20/99
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 250
StPO § 256
StPO § 265
StGB § 52
StGB § 239 a
StGB § 253
StGB § 255
StGB § 250
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 20/99

vom

14. Juli 1999

in der Strafsache

gegen

1.

2.

3.

4.

wegen erpresserischen Menschenraubes u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 14. Juli 1999 einstimmig beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revisionen der Angeklagten F., C. und K. wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 14. September 1998 geändert

a) in den Schuldsprüchen dahin, daß die Angeklagten F. und C. des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit Nötigung und schwerer räuberischer Erpressung und der Angeklagte K. der Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub in Tateinheit mit Beihilfe zur Nötigung und zur schweren räuberischen Erpressung schuldig sind;

b) in den Strafaussprüchen dahin, daß bei den Angeklagten F. und C. das Wort "Gesamtfreiheitsstrafe" jeweils durch das Wort "Freiheitsstrafe" ersetzt wird und bei dem Angeklagten K. die gesondert verhängte Geldstrafe entfällt.

2. Die weitergehenden Revisionen dieser Angeklagten und die Revision des Angeklagten H. werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Der Senat schließt sich dem Generalbundesanwalt an, der in seiner Antragsschrift vom 9. Juni 1999 ausgeführt hat:

"1. Der in zulässiger Form (§ 344 Abs. 2 StPO) allein von dem Angeklagten F. erhobenen Verfahrensrüge ist der Erfolg im Ergebnis zu versagen. Zwar ist der behauptete Verstoß gegen die §§ 250, 256 StPO aus den in der Revisionsbegründung angeführten Gründen gegeben. Es kann jedoch mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, daß das Urteil auf ihm beruht. Mit der Lippenplatzwunde hatte der Zeuge zugleich eine äußerliche, deutlich sichtbare Verletzung im Gesicht erlitten, die auch schon dem Beweis durch Zeugen zugänglich war, die den Geschädigten in diesem Zustand gesehen hatten. Diese Verletzung hat aber ausweislich der Urteilsgründe nicht nur der Geschädigte selbst bekundet. Auch die Zeugen M. und Dr. D. S., die Eltern des Geschädigten, haben sie gesehen und bei ihrer Vernehmung bestätigt. Daß sich das Landgericht bei dieser Sach- und Beweislage ohne zusätzliche Verlesung der ärztlichen Atteste nicht in der Lage gesehen hätte, sich eine sichere Überzeugung zum Vorliegen dieser Verletzung zu bilden, kann ausgeschlossen werden, zumal da sich sogar aus den im weiteren Verlauf der Verhandlung vom Angeklagten F. selbst gemachten Angaben konkrete Hinweise darauf ergeben hatten, daß das Tatopfer geschlagen worden war (vgl. dazu UA S. 23, zweiter Absatz). Sämtliche - im einzelnen auch auf S. 5 der Revisionsbegründung nochmals herausgestellten - tatrichterlichen Wertungen und Schlußfolgerungen bei der Beweiswürdigung wie auch bei der rechtlichen Bewertung der Taten finden eine ausreichende tatsächliche Grundlage aber auch schon dann, wenn jene äußerlich sichtbare Wunde (prozessual ordnungsgemäß) nachgewiesen war. Darauf, daß in den ärztlichen Bescheinigungen noch weitere Verletzungen attestiert waren, deren Feststellung möglicherweise auch Sachkunde voraussetzte, über die medizinische Laien normalerweise nicht verfügen, kann es unter diesen Umständen nicht mehr ankommen. Dies gilt auch für die Strafzumessung, da aus Art und Ausmaß der Verletzungen ein zusätzlicher Strafschärfungsgrund nicht abgeleitet wurde (vgl. UA S. 30-33).

2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der allgemeinen Sachrüge ergibt einen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten lediglich insoweit, als das Landgericht Tatmehrheit zwischen Nötigung und den weiteren verwirklichten Straftatbeständen angenommen hat. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen steht - wie die Revision mit Recht geltend macht - die Nötigung mit dem erpresserischen Menschenraub und der schweren räuberischen Erpressung im Verhältnis der Tateinheit gemäß § 52 StGB. Denn die durch die Nötigung (zwecks Wiedererlangung des vermeintlich entwendeten Geldbetrags) geschaffene, während des gesamten Tatgeschehens andauernde und fortwirkende Zwangssituation war zugleich Teil der weiteren Tatbestandsverwirklichungen. Sie bewirkte das "Sich bemächtigen" im Sinne des § 239 a StGB, das wiederum im Sinne der §§ 253, 255, 250 StGB (mit) als Mittel der Drohung gegenüber den Eltern des Zeugen S. diente. Damit überschnitten sich die tatbestandlichen Ausführungshandlungen in einem der Herbeiführung der verschiedenen tatbestandlichen Erfolge dienenden Teil. In einem solchen Fall ist nicht, wie das Landgericht angenommen hat, Tatmehrheit gegeben, sondern Tateinheit (vgl. BGH, Beschl. vom 19. Juli 1995 - 3 StR 233/95 - und Beschl. vom 9. November 1994 - 3 StR 366/94 unter Hinweis auf BGH NStZ 1985, 546; BGHR StGB § 177 I Konkurrenzen 7).

Der danach erforderlichen Schuldspruchänderung steht die Vorschrift des § 265 StPO nicht entgegen, da nicht zu ersehen ist, wie sich der Angeklagte gegen den Vorwurf durchweg tateinheitlicher Tatbestandsverwirklichungen anders hätte verteidigen sollen und können als geschehen.

Die Änderung des Schuldspruchs läßt den Unrechts- und Schuldgehalt der Gesamttat unberührt. Es kann deshalb - auch unter Berücksichtigung der (auch im übrigen rechtsfehlerfreien) Strafzumessungserwägungen - ausgeschlossen werden, daß das Tatgericht im Falle der Angeklagten F. und C. auf eine geringere Freiheitsstrafe als die bisherige Gesamtstrafe erkannt hätte. Auf diese kann der erkennende Senat m.E. deshalb jeweils durcherkennen. Im Falle des Angeklagten K. stand das diesen nicht beschwerende Bemühen, auf eine noch aussetzungsfähige Strafe zu erkennen, ersichtlich im Vordergrund der Strafzumessung. Unter diesen Umständen kann m.E. ohne daß noch auf etwaige sich stellende Fragen der Beschwer oder des Verschlechterungsverbots eingegangen werden müßte, auf die schon bisher erkannte Freiheitsstrafe von zwei Jahren (unter Bewilligung von Strafaussetzung zur Bewährung) durcherkannt werden.

Im übrigen ist das angefochtene Urteil frei von durchgreifenden Rechtsfehlern. Solche werden auch durch das Revisionsvorbringen des Beschwerdeführers F. nicht aufgezeigt. Zu ihm ist kurz zu bemerken:

a) Die beanstandete Formulierung, das festgestellte Tatgeschehen stehe (auch) fest aufgrund der untereinander widersprüchlichen Aussagen der Angeklagten, mag mißverständlich sein. Einen durchgreifenden rechtlichen Fehler begründet sie nicht, weil nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine solche in Urteilen bei der Überleitung von den Feststellungen zur Beweiswürdigung zwar übliche, aber völlig überflüssige Wendung in keiner Weise aussagekräftig dafür ist, was für die Überzeugungsbildung wirklich bestimmend war. Darüber gibt ausschließlich die Beweiswürdigung in ihren Einzelheiten Auskunft. Diese ergeben, daß einzelne Details der Aussagen trotz der Unglaubhaftigkeit der Einlassungen im übrigen und der aufgetretenen Widersprüche zu anderen Aussagen der Beteiligten doch als richtig zu werten waren, zum Beispiel das bereits erwähnte, erst im Laufe der Hauptverhandlung erfolgte Zugeständnis des Beschwerdeführers, daß C. den Geschädigten geohrfeigt habe. Eine solche Wertung ist rechtlich unbedenklich. Sie steht mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Beweiswürdigung in Einklang.

b) Die Feststellungen zum weiteren Tatgeschehen stehen mit der Annahme, die Angeklagten hätten beabsichtigt, die Sorge der Eltern um das Wohl des in ihrer Gewalt befindlichen Sohnes auszunutzen, keineswegs in Widerspruch. Denn eine solche Absicht kann auch durch schlüssige Handlung umgesetzt und verwirklicht werden. Daran, daß dem hier so war und daß die Eltern des Geschädigten das bewußt darauf zielende Vorgehen und Verhalten auch so verstanden haben, können nach dem Urteil Zweifel nicht aufkommen.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, daß Fehler bei der Berechnung des Blutalkoholgehalts im Ergebnis unschäädlich bleiben, weil auch bei richtiger Berechnung sich kein Wert ergeben würde, bei dem - und sei es auch nur entfernt - schon eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit in Betracht zu ziehen wäre."



Ende der Entscheidung

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