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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 18.08.2004
Aktenzeichen: 2 StR 249/04
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 55
StGB § 55 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 StR 249/04

vom 18. August 2004

in der Strafsache

gegen

wegen Vergewaltigung

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. August 2004, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Rissing-van Saan und die Richter am Bundesgerichtshof Dr. h.c. Detter, Dr. Bode, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Otten, der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,

Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt als Verteidiger,

Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenklägerin B.,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 17. Februar 2004 im Gesamtstrafenausspruch dahin geändert, daß der Angeklagte zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt wird.

2. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen hierdurch entstanden notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung des sachlichen Rechts und beanstandet, daß das Landgericht bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe einen Härteausgleich zugunsten des Angeklagten vorgenommen habe. Das wirksam beschränkte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang Erfolg und führt zum Wegfall des Härteausgleichs, so daß der Angeklagte zu der vom Landgericht ohne den Härteausgleich für angemessen erachteten Gesamtfreiheitsstrafe zu verurteilen ist.

Ein Härteausgleich bei der Gesamtstrafenbildung war nicht veranlaßt, weil für den Angeklagten ein Härtefall nicht bestand.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweier 1994 und 1997 begangener Vergewaltigungen zu Einzelfreiheitsstrafen von drei Jahren und drei Monaten sowie drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Aus diesen Einzelstrafen hat die Strafkammer zunächst eine für angemessen erachtete Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten gebildet. Hiervon hat sie im Wege eines Härteausgleichs ein Jahr abgezogen und deshalb letztlich eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten festgesetzt. Den Härteausgleich hielt das Landgericht für geboten, weil der Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 24. August 1998 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten (gebildet aus einer Einsatzfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten sowie einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen) mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden war. Diese Strafe war nach Ablauf der Bewährungszeit 2001 erlassen worden.

Der Härteausgleich und damit die Ermäßigung der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten auf vier Jahre und sechs Monate ist rechtsfehlerhaft und muß daher entfallen. Eine nachträgliche Gesamtstrafe ist zu bilden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat (§ 55 Abs. 1 Satz 1 StGB). Da die beiden Vergewaltigungen vor dem Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden begangen worden waren, wären an sich alle gegen den Angeklagten verhängten Einzelstrafen gesamtstrafenfähig gewesen. Im vorliegenden Fall ist die Einbeziehung der vom Amtsgericht Wiesbaden verhängten Einzelstrafen in eine nachträgliche Gesamtstrafe aber nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB ausgeschlossen, weil die Bewährungsstrafe aus jenem Verfahren bereits 2001 erlassen wurde. Schließt die Erledigung der bereits früher verhängten Einzelstrafen ihre Einbeziehung in eine nachträgliche Gesamtstrafe aus, verlangt der Rechtsgedanke des § 55 StGB einen Härteausgleich, wenn dem Angeklagten ein Nachteil dadurch entsteht, daß die ursprünglich mögliche Einbeziehung in eine Gesamtstrafe aus rechtlichen Gründen unterbleiben muß, etwa weil der Angeklagte die Strafe aus der früheren Verurteilung bereits verbüßt hat (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Härteausgleich 3; BGHSt 31, 102, 103). An einem ausgleichsbedürftigen Nachteil fehlt es jedoch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Vollstreckung der früheren Strafe zur Bewährung ausgesetzt war und nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen wurde. Dann stellt sich der Angeklagte mit dem Erlaß der früheren Bewährungsstrafe sogar besser, als wenn deren Einbeziehung eine erst noch zu vollstreckende nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe möglicherweise noch erhöht hätte (vgl. BGH NStZ 1983, 261; NStZ-RR 1996, 291; Urt. vom 10. Oktober 1978 - 4 StR 444/78; Rissing-van Saan LK 11. Aufl. § 55 Rdn. 23). Für einen Härteausgleich war daher kein Raum.

Da das Landgericht die für angemessen erachtete Gesamtfreiheitsstrafe mit und ohne Härteausgleich gesondert ausgewiesen hat, kann der Senat die vom Landgericht ohne Härteausgleich genannte Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten festsetzen (§ 354 Abs. 1 StPO entsprechend).

Ende der Entscheidung

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