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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.09.2008
Aktenzeichen: 2 StR 265/08
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 349 Abs. 2
StPO § 349 Abs. 4
StPO § 358 Abs. 2 Satz 1
StPO § 400 Abs. 1
StGB § 66
StGB § 66 Abs. 1
StGB § 66 a Abs. 1
StGB § 67 c Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

2 StR 265/08

vom 5. September 2008

in der Strafsache

gegen

wegen versuchten schweren Raubes u. a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. September 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 28. Dezember 2007 im Ausspruch über die Maßregel mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit an eine andere Strafkammer des Landgerichts zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, zurückverwiesen. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

2. Die Revision des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 28. Dezember 2007 wird verworfen. Der Nebenkläger hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und die Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten.

1. Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Maßregelausspruchs; im Übrigen ist sie aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 30. Mai 2008 dargelegten Gründen offensichtlich unbegründet.

Die Anordnung des Vorbehalts der Sicherungsverwahrung nach § 66 a Abs. 1 StGB ist rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat hinsichtlich der Gefahrenprognose ausgeführt, es habe nicht feststellen können, dass der Angeklagte auch in Zukunft, das heißt nach der Verbüßung der Freiheitsstrafe, weiterhin Straftaten begehen werde. Es könne "letztlich nicht ausschließen", dass die Verbüßung der Strafe und die nun bestehenden persönlichen Bindungen den Angeklagten so beeindrucken könnten, dass er zukünftig keine Straftaten mehr begehen werde (UA S. 53). Damit hat der Tatrichter einen unzutreffenden Maßstab für die Gefahrprognose angewandt. Maßgeblich für die Beurteilung der Gefährlichkeit ist nicht der Zeitpunkt der späteren Entlassung des Angeklagten aus dem Strafvollzug, sondern der Zeitpunkt der Aburteilung (vgl. BGH NStZ 2006, 278, 279; 2007, 401; s. auch NStZ-RR 2004, 202, 203; Fischer StGB 55. Aufl. § 66 Rdn. 36 m.w.N.). Zukünftige Veränderungen können hierbei berücksichtigt werden, wenn sie Haltungsänderungen erwarten lassen (vgl. BGB NStZ 2005, 211). Eine bloße Hoffnung auf eine spätere Verringerung der Gefährlichkeit kann aber nicht schon ihrer aktuellen Feststellung entgegenstehen. Denkbare, nur erhoffte positive Haltungsänderungen durch den Strafvollzug bleiben daher regelmäßig einer Prüfung gemäß § 67 c Abs. 1 StGB vorbehalten (BGH NStZ 2005, 337; Fischer aaO m.w.N.).

Dem wird die landgerichtliche Würdigung hier nicht gerecht. Die Erwägung, es könne "letztlich nicht ausgeschlossen" werden, dass der Angeklagte nach Strafverbüßung die von § 66 Abs. 1 StGB vorausgesetzte Gefährlichkeit nicht mehr aufweisen werde, geht in der Sache wohl davon aus, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt diese Gefährlichkeit gegeben sei. Damit lägen aber die Voraussetzungen für die Anordnung eines Vorbehalts gemäß § 66 a Abs. 1 StGB nicht vor. Die Anordnung war daher aufzuheben. Sie kann nicht entfallen, denn es ist nicht gänzlich ausgeschlossen, dass der neue Tatrichter bei Anwendung des zutreffenden Maßstabs die Voraussetzungen des § 66 a Abs. 1 StGB rechtsfehlerfrei feststellen könnte. Einer Anwendung des § 66 StGB, die hier nach den bisherigen landgerichtlichen Feststellungen nahe gelegen hätte, stünde schon § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO entgegen.

2. Die Revision des Nebenklägers ist, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, unzulässig, da sich aus ihr entgegen § 400 Abs. 1 StPO kein zulässiges Rechtsmittelziel ergibt.

Ende der Entscheidung

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