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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 08.11.2006
Aktenzeichen: 2 StR 294/06
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 275 Abs. 1 | |
StPO § 275 Abs. 2 | |
StPO § 275 Abs. 2 Satz 2 | |
StPO § 338 Nr. 7 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom 8. November 2006
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. November 2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Rissing-van Saan, der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bode, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Otten, der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer und die Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck,
Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten R. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 9. Dezember 2005 - soweit es ihn betrifft - mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung "der Strafe" aus dem Urteil (richtig: des Urteils) des Amtsgerichts Düren vom 9. Februar 2001 zu der Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revision hat mit der zulässig erhobenen Verfahrensrüge nach §§ 275 Abs. 1 und 2, 338 Nr. 7 StPO Erfolg.
Der Vorsitzende der Jugendkammer hat in einem Verhinderungsvermerk festgestellt, dass der Richter auf Probe, der an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, das Urteil nicht unterschreiben könne, weil er in den staatsanwaltschaftlichen Dienst zurückgekehrt sei. Tatsächlich wird der Richter - wie seine vom Generalbundesanwalt eingeholte dienstliche Äußerung bestätigt - nach seinem Ausscheiden beim Landgericht wieder bei der Staatsanwaltschaft verwendet. Damit hat er seinen Status als Richter auf Probe aber nicht verloren (§§ 12, 13, 19 a Abs. 1 DRiG). Er konnte deshalb das Urteil, an dem er mitgewirkt hatte, noch unterschreiben (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 275 Rdn. 23; Engelhardt in KK 5. Aufl. § 275 Rdn. 30; BGHR StPO § 275 Abs. 2 Satz 2 Verhinderung 4 = StV 1992, 557; BGH, Beschluss vom 26. Juli 2005 - 3 StR 196/05 = LS in StV 2006, 459). Der Senat sieht keinen Anlass, die bisherige Rechtsprechung in Frage zu stellen.
Eine tatsächliche Verhinderung des Richters ist nicht festgestellt. Der Vorsitzende der Jugendkammer ging nämlich - wie die Fassung seines Verhinderungsvermerks deutlich macht - irrtümlich davon aus, der Richter sei aus rechtlichen Gründen im Sinne von § 275 Abs. 2 Satz 2 StPO verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Zudem befinden sich Landgericht und Staatsanwaltschaft am selben Ort und sind nicht weit voneinander entfernt.
Damit ist das Urteil nicht innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 StPO zu den Akten gelangt (vgl. BGHR StPO § 275 Abs. 2 Satz 2 Unterschrift 2; StPO § 275 Abs. 2 Satz 2 Verhinderung 2).
Der vorliegende Fall erfordert - entgegen der Annahme des Vertreters der Bundesanwaltschaft - keine nähere Erörterung und Entscheidung, inwieweit ein Vorsitzender bei einem ausgeschiedenen Richter, der mehrere Jahre im Richterverhältnis auf Probe stand und anschließend wieder bei der Staatsanwaltschaft verwendet wird, gehalten ist, Nachforschungen zum dienstrechtlichen Status des ausgeschiedenen Richters anzustellen. Denn hier ist der Vorsitzende in seinem Verhinderungsvermerk zutreffend davon ausgegangen, dass der ausgeschiedene Richter weiterhin den Status eines Richters auf Probe innehatte.
Ende der Entscheidung
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